Testobjekt Roter Adler
fieberhaft, wie er die neuen Erkenntnisse für seine Zwecke nutzbar machen könnte.
Natürlich, jetzt hatte er seine Lügengeschichte fertig. Er dach te schnell, logisch und sicher. Ein Nichttelepath hätte sich damit zweifellos hinhalten lassen. Sicherlich nicht kraß täuschen – aber Van Haetlin hätte Zeit gewonnen; und Zeit bedeutete für ihn das Leben.
Ich aber erfuhr zuverlässiger als zuvor, daß er über den achten Mann nichts wußte. Er hatte keine Ahnung. Meine Verhöraufga be war damit beendet.
Ich stand auf und schaltete das Tonband ab. Zwei Wachen betraten den Raum. Ihre Maschinenkarabiner waren schußbereit.
Van Haetlin sprang wieder auf. Er wich in die äußerste Ecke des Raumes zurück.
»Was … was haben Sie vor?« keuchte er. »Warum brechen Sie das Verhör ab? Ich kenne den achten Mann. Ich kann Ihnen wertvolle Auskünfte geben.«
Die Wachposten zogen sich auf meinen Wink hin zurück. Meine Unterlagen nahmen sie mit.
»Ich bin nicht bereit, Van Haetlin, mich von Ihnen hinhalten oder an der Nase herumführen zu lassen«, erklärte ich gelassen. »Von diesem Augenblick an lügen Sie. Von dem Wissenschaftler, der als erster Bulmers-Schüler entlassen wurde, haben Sie nie etwas gehört. Dieser Mann war auch viel zu klug, um Ihnen oder einem Ihrer sechs Kollegen den geringsten Hinweis auf seine Per son zu geben. Er blieb anonym und ist es immer noch. Van Haetlin – Sie können mir nicht helfen. Die Verhöre sind beendet.«
»So hören Sie doch, Sir«, flehte er, auf mich zukommend und sofort wieder zurückweichend. »Okay, ich greife Sie nicht an«, beteuerte er hastig. »Ich hätte keine Chance. Kommen wir auf das für Sie primäre Thema zurück. Sie suchen einen achten Bulmers-Schüler. Geben Sie mir Zeit. Ich will versuchen, mich an jede noch so kleine Einzelheit zu erinnern. Ich war über ein Jahr unten. Wahrscheinlich habe ich Dinge bemerkt oder in Gesprächen gehört, die mir momentan entfallen sind. Das sollte auch für einen GWA-Mann wie Sie plausibel klingen.«
»Ja, für jeden normalen GWA-Mann«, bestätigte ich. »Nicht aber für mich. Ich habe den letzten Winkel Ihres tiefsten Unterbewußtseins und Ihres Erinnerungssektors fünf Tage lang peinlich genau durchforstet. Sie haben niemals etwas von dem achten Mann gehört.«
»Woher wollen Sie das wissen?« fragte er mit rauher Stimme und sah mich starr an.
Nach wenigen Augenblicken glaubte er, der Wahrheit auf der Spur zu sein.
»Sie haben mich in aller Heimlichkeit mit hypnotechnischen Geräten getestet, oder?« erkundigte er sich. »Dieses Zimmer ist eine Esper-Falle. Ich weiß, daß auf Henderwon-Island parapsychische Experimente laufen. Ihre altmodischen Akten und das kleine Bandgerät erschienen mir bei den heutigen Aufzeichnungsmöglichkeiten ohnehin als Anachronimus. Ich habe es hingenommen.«
»Das weiß ich ebenfalls«, entgegnete ich lächelnd.
»Natürlich! Die Decke ist mit Detektoren gespickt, nicht wahr? Jedes meiner Hirnwellenmuster wurde positronisch ausgewertet. Lassen wir es damit bewenden. Ich behaupte dennoch, den achten Mann in irgendeiner Form zu kennen. Perfekt können Ihre Verhörgeräte nicht sein. Dazu besitzen Sie und Ihre Mitarbeiter nicht die erforderliche Intelligenz, geschweige denn das Wissen. Ich, Dr. Van Haetlin, könnte Ihnen derartige Instrumente in Vollendung bauen. Wäre das für die GWA nicht ein Grund genug, meine Hinrichtung der Öffentlichkeit gegenüber vorzutäu schen und mich als Wissenskonserve auf Henderwon zu ver stecken? Überlegen Sie sich das, General. Wissenschaftler mei ner Art sind selten.«
Unter anderen Umständen hätte ich das Angebot sofort
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