Testobjekt Roter Adler
ausgezeichnete psychiatrische Gutachten vorliegen. Wer sagt Ihnen, daß ich von Bulmers nicht tatsächlich derart beeinflußt worden bin, daß ich gar nicht anders handeln konnte? Ich habe Ihnen erklärt, daß ich von Bulmers gezwungen wurde, an den Versuchsreihen teilzunehmen.«
»An der folterartigen Tötung und geistigen Verstümmelung von vorher gewaltsam entführten Menschen«, korrigierte ich.
»Das ist sekundär. Entscheidend für meinen damaligen Geisteszustand ist oder war die seinerzeit gegebene Situation. Ich habe auf Befehl gehandelt. Außerdem fürchte ich, daß ich suggestiv beeinflußt wurde.«
»Das sagten Sie auch Ihren Richtern.«
»Diese Leute waren unfähig«, fuhr er hitzig auf. »Meine Anwälte haben bewiesen, daß ich zum Zeitpunkt der Versuche unzurechnungsfähig war.«
Er sprang auf und begann wieder in dem großen Zimmer auf und ab zu gehen. Die beiden GWA-Posten jenseits des schallsicheren Fensters beobachteten jede seiner Bewegungen. Sie hatten Befehl, Van Haetlin bei einem tätlichen Angriff auf mich sofort unter Feuer zu nehmen.
Ich studierte noch einmal seine Gangart. Er hatte sich früher schon einen betont »elastischen« Schritt – wie er es nannte – angewöhnt, um dadurch seine sportliche Gesamtwirkung zu erhöhen. Van Haetlins Eitelkeit nachzuahmen, würde mir etwas schwerfallen.
Dann fuhr er sich mit einer typischen Geste durch die langen, gepflegten Haare. Sie waren hellblond. Eine Stirnlocke trug er nach hinten übergelegt. Das ließ seine hohe Stirn zur Geltung kommen.
»Bitte nehmen Sie Platz«, forderte ich ihn auf. »So kommen wir nicht weiter. Sie wissen, daß ich der GWA-Schatten bin, der Bulmers erledigt hat, nicht wahr?«
Er nickte, kam auf den Zehenspitzen wippend näher und setzte sich wieder. Sein erster Griff galt einer Zigarette. Er rauchte hastig und mit tiefen Lungenzügen. Darauf hatte ich ebenfalls zu achten.
»Ich habe eindeutig beweisen können, daß Bulmers-Schüler niemals gezwungen wurden, an Schreckensexperimenten teilzunehmen. Das haben Sie und Ihre sieben Kollegen freiwillig getan. Sie haben Bulmers gedrängt und gebeten, sich mit den Opfern beschäftigen zu dürfen.«
Ich wartete gespannt. Hatte er meinen beabsichtigten Versprecher erfaßt?
Natürlich! Einem Mann mit einem NO-Quotienten von 51,03 entging so etwas nicht.
»Sechs andere Kollegen«, korrigierte er mich sofort. »Ich …«
Er unterbrach sich und starrte mich an. Dann begriff er mein eigentümliches Lächeln. Auch jetzt zeigte sich wieder seine hohe Intelligenz.
»Sie haben sich nicht versprochen, General. Was soll das bedeuten?«
»Daß Bulmers nicht sieben Mann aufgestockt hat, sondern acht. Ich weiß es von ihm selbst. In seiner Todesnot sprach er die Wahrheit. Wer war der achte Mann, Van Haetlin?«
Er holte tief Luft, schloß die Augen und lehnte sich im Sessel zurück.
»Ach, so ist das also«, flüsterte er vor sich hin. Seine Hände umspannten die Lehnen. »Ich frage mich seit Tagen, weshalb Sie mich dem Henker entrissen haben. Das ist der Grund! Alles ande re war Bluff. All Ihre Fragen nach den technischen Einrichtungen der Station waren vorgetäuscht.«
»Richtig. Ich kenne die Station besser als Sie, denn ich war in der Kammer hinter dem violett strahlenden Energiefeld. Dort erfuhr ich alles. Wissen Sie auch, daß ich dort den letzten Inka-Kaiser von Atlantis gefunden habe? Wissen Sie, daß er kurzfristig erwachte, um anschließend den Sprengimpuls einzuleiten?«
Er schüttelte den Kopf. Seine Unterlippe bebte, bis er sie mit den Zähnen festhielt.
Ich öffnete weit meine Extrasinne. Eine Flut von Gedanken drang auf mich ein. Er überlegte
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