Testobjekt Roter Adler
da er genau wußte, mit wem er es zu tun hatte.
Ich erzählte unsere Erlebnisse.
»Oberst Torpentouf, der Chef des hiesigen S-Dienstes, muß etwas bemerkt haben«, endete ich. »Ich sah ihn wenige Minuten vorher an unserer Zelle vorübergehen.«
»An unserer Zelle?« forschte er. Seine dunklen, kalten Augen richteten sich auf mich.
»Ja, Sie haben richtig verstanden. Wir beiden Europäer sind vor etwa zwei Stunden zusammengelegt worden. Desgleichen die Amerikaner und die Asiaten.«
»Ich verstehe. Wer kann den Alarm ausgelöst haben?«
»Eigentlich nur der Colonel. Er ist bescheiden intelligent, aber etwas scheint ihm aufgefallen zu sein. Ihre Leute haben sicherlich einige elektronische Warnvorrichtungen übersehen.«
»Unmöglich. Sie wurden durch Störfelder ausgeschaltet. Wieso konnte es zu dem Alarm kommen? Von meinen Männern lebt keiner mehr. Die fünf anderen Gefangenen konnte ich auch nicht befreien.«
»War das Ihr Auftrag?«
Er lachte spöttisch auf. Es war ein kurzer, trockener Ton, ähnlich einem Husten.
»Dachten Sie etwa, Dr. Van Haetlin, ich wäre ausschließlich Ihretwegen hier?«
»Sie hatten Pech«, beruhigte ich ihn. »Offenbar haben Sie nicht gewußt, daß auf Relings Veranlassung hin schon vor einer Woche marsianische Geräte installiert wurden. Die müssen Ihre Leute entdeckt haben. Ich weiß von meinem Verhöroffizier, Brigadegeneral HC-9, einem GWA-Schatten, daß man zahlreiche Marsgerätschaften nach Henderwon brachte. Sie scheinen funktioniert zu haben, oder Ihre Störsender hätten nicht versagt. Wenn der Vollalarm aber erst ausgelöst ist, können die Automatwaffen kaum noch gestoppt werden. Das hat man uns mehrere Male als Warnung vor zwecklosen Fluchtversuchen vorgeführt.«
Er nickte zögernd. Der in seinen Augen schimmernde Argwohn legte sich.
»Wer sind Sie?« erkundigte ich mich mit einem fordernden Unterton in der Stimme. »Wer schickt Sie? Auf die Idee sind Sie doch nicht allein gekommen! Dahinter kann nur eine Großmacht stehen oder ein an uns interessierter Konzern. Wohin sollen Sie uns bringen?«
»Halten Sie endlich den Mund, Van Haetlin«, mischte sich Hannibal mit seiner Baßstimme ein. »Ihnen sollte klar sein, wer hier die Fragen stellt.«
»Ich habe ein Anrecht darauf, zu erfahren …«
»Nichts haben Sie«, wies mich Corvic zurecht. »Sie bleiben hier. Verhalten Sie sich ruhig, und lassen Sie unbedingt Ihre Geräte eingeschaltet. Ich kann Sie trotzdem sehen, aber das dürften Sie inzwischen selbst bemerkt haben. Ich starte erst, wenn sich die allgemeine Panik gelegt hat. Wenn meine Maschine durchsucht werden sollte, weichen Sie aus. Wie Sie das schaffen, ist Ihr Problem. Wenn Sie erwischt werden, habe ich nichts bemerkt. Verstanden?«
Und ob wir verstanden hatten. Dieser Bursche schien seinem Chef nachzueifern, nämlich niemals ein Risiko einzugehen.
7.
Es war kurz vor neun Uhr am 10. Juni 2010.
Reling hatte alle auf dem Lufthafen stehenden Maschinen eingehend durchsuchen lassen. Die Maßnahme war als selbstverständlich akzeptiert worden.
Das Reporterteam der World Television schien Überstunden zu machen. Alle Augenblicke kamen Sonderberichte und Kommentare über die weltweite Satellitenstrecke.
Man fragte sich, ob die Todeskandidaten Dr. Janus Van Haetlin und Professor Dr. Arturo Peroni von den Plasmaflammenwerfern ebenfalls vernichtet worden waren, oder ob ihnen die Flucht gelungen sein konnte.
Wenn sie sich hatten retten können, so folgerten die Kommentatoren, mußten sie sich noch auf der Insel aufhalten.
Während der Nacht war keine Transportmaschine gestartet. Kein Schiff und kein U-Boot
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