Teufel in High Heels
Wohnung irgendwie immer unwohl.
Randall ging zur Bar, um die Rechnung zu begleichen. Ich nippte weiter verdrossen an meinem Wein und beobachtete die attraktive Barkeeperin, die meinen wartenden Freund fasziniert anstarrte. Was mich seltsamerweise überhaupt nicht störte - ich wusste ja, was für ein solider, vertrauenswürdiger Typ Randall war. Nie hatte ich ihn bisher auch nur bei einem flüchtigen Blick auf eine andere Frau ertappt. In der Beziehung hatte er rein gar nichts von seinem alten Herrn. Außerdem konnte ich es dieser Frau hier wirklich nicht verdenken.
Mit seinem maßgeschneiderten Anzug und der Krawatte von Hermès sah Randall wie immer mehr als gut aus.
Na und? , machte ich mir innerlich Mut, was den Job angeht, stehe ich offenbar gerade mit dem Rücken an der Wand, aber ich habe immer noch den perfekten Freund.
Er kam zum Tisch zurück und legte mir die Hand auf die Schulter. »Also ich hole dich dann morgen um drei ab? Ach ja, das hätte ich fast vergessen: Meine Eltern sind ganz unerwartet übers Wochenende in Southampton - ich glaube, sie wollten einiges mit dem Bauunternehmer besprechen, der ihnen ein neues Gästehaus auf dem Grundstück bauen soll. Jedenfalls, was meinst du, könnten wir vielleicht ein Stündchen abknapsen und sie besuchen, bevor wir nach Montauk fahren? Wenn wir um sechs auf einen Cocktail bei ihnen vorbeischauen, haben wir immer noch reichlich Zeit, um rechtzeitig zum Abendessen bei Bea und Harry zu sein.«
»Deine Eltern? Klingt doch super«, sagte ich und stand auf, um ihn zum Abschied zu küssen. Der perfekte Freund, der mich unbedingt seiner Mom und seinem Dad vorstellen will. JA - das Leben könnte definitiv schlimmer sein.
Neuntes Kapitel
Unter Wilden
»Natürlich will ich, dass du meine Eltern kennenlernst. Außer, dir ist doch nicht danach, dann -«
»Nein, nein, ich möchte sie ja liebend gern kennenlernen, es ist bloß so -«
Randall legte mir einen Finger auf die Lippen. Seit wir vor zwei Stunden losgefahren waren, führten wir mit kleinen Unterbrechungen wieder und wieder dieselbe Unterhaltung, ohne einander jemals ausreden zu lassen. Ja, ich hatte am Abend zuvor eingewilligt, vor unserer Dinnereinladung bei Bea und Harry in Montauk noch einen Cocktail mit Lucille und Randall Cox II zu trinken. Und wollte das natürlich auch nach wie vor. Obwohl es mir gleichzeitig irgendwie zu schaffen machte. Wenn sie nun fanden, dass ich nicht die passende Freundin für ihren Sohn war? Einen vernichtenden Schlag pro Wochenende konnte mein Ego mit Mühe und Not verkraften - doch diese Quote war dank Vivian bereits erreicht.
»Du hast wirklich keinen Grund zur Nervosität. Meine Mutter ist völlig aus dem Häuschen, dass ich mit der Tochter von Patricia Truman zusammen bin«, sagte Randall nachdrücklich. »Glaub mir, damit sind ihre kühnsten Träume wahr geworden.« Vom Fahrersitz aus zog er meinen Kopf zu
sich heran. Ich verharrte ein paar ungemütliche Augenblicke lang an seiner muskulösen Schulter, bis wir durch ein Schlagloch fuhren und ich mit der Schläfe hart gegen ihn knallte. Dann setzte ich mich wieder aufrecht hin.
»Wir sind da!«, verkündete er ein paar Minuten später und zwickte mich leicht ins Knie.
Waren wir das? Was ich für eine abgelegene kleine Eichenallee gehalten hatte, entpuppte sich als die lange Privatzufahrt zum Anwesen der Familie Cox. Randall parkte seinen Porsche, ich stieg aus und nahm die ganze Szenerie in mich auf: das schindelgedeckte Herrenhaus, erbaut von Stanford White, einem berühmten Architekten des späten 19. Jahrhunderts, die welligen Rasenflächen, die tipptopp instand gehaltenen Tennisplätze und die Sonne, die hinter dem Haus eben im Wasser versank. Ich war unversehens mitten im Großen Gatsby gelandet. Und Randall, der sich nach der langen Fahrt ausgiebig streckte und dabei unter dem Polohemd einen Streifen von seinem Waschbrettbauch sehen ließ, war exakt die richtige Besetzung dafür.
»Eine Superzeit für die Strecke«, sagte er und tätschelte liebevoll die Motorhaube des Porsches.
Als wir das ausladende Marmorfoyer betraten, hörte ich eine sonore Bassstimme und glockenhelles Gekicher. Randall nahm mich bei der Hand und führte mich in den Raum, aus dem das Gelächter und das Klirren von Glas tönten.
»Schätzchen!« Kaum waren wir über die Schwelle des Wohnzimmers getreten, flog Lucille Cox auf uns zu, umschlang uns beide mit festem Griff und verpasste mir ein etwas zu feuchtes Küsschen auf beide Wangen.
Weitere Kostenlose Bücher