Teufel in High Heels
ging ja nicht zuletzt auch um Corals Eltern«, nahm Lucille den Faden wieder auf, offenbar immer noch ganz auf Randalls Ex fixiert. »Wie soll ich es schonend formulieren … nein, es geht nicht anders. Sie ist in einem Wohnwagen zur Welt gekommen, Claire. In einem dieser Trailerparks. Es mag absurd und lächerlich übertrieben klingen, ist es aber nicht, das versichere ich Ihnen.« Lucille schüttelte den Kopf, als hätte sie immer noch Mühe, diese Tatsache zu verdauen. »Woran natürlich nichts auszusetzen ist, das können wir dem Mädchen nicht anlasten - sie hat sich gut gemacht, Jurastudium in Yale und so weiter -, aber Randalls Vater und ich fanden eben, dass sich alles so sehr viel schwieriger gestaltet, wenn man nicht aus ähnlichen Verhältnissen kommt. Was würde beispielsweise passieren, wenn unser Sohn Mitglied im Bath and Tennis oder im Shinnecock werden will? Ich weiß, es ist furchtbar, aber einige der besten Klubs nehmen es sehr genau, selbst wenn man Cox heißt. Und warum sollte man sich das Leben unnötig schwer machen?«
Ich blieb ihr die Antwort schuldig, weil der Raum - ein Gesamtkunstwerk in pfirsichfarbenem Chintz - sich plötzlich um mich zu drehen begann.
»Randall«, fuhr ich eine Spur zu laut dazwischen, »wir
sollten die Uhr im Auge behalten. Bea und Harry erwarten uns um acht.« Er lächelte lediglich, nickte und nahm die Unterhaltung wieder auf.
Genau wie Lucille. »Ich sollte mich diesbezüglich vielleicht ein bisschen mehr zurückhalten, meine Liebe«, wisperte sie mir mit Verschwörermiene und in einer Lautstärke zu, die eindeutig auf die beiden Herren abzielte, »aber Sie sind genau der Typ Frau, den ich mir immer für Randall erhofft habe. Wie gesagt, Ihre Mutter war mir lieb und teuer. Sie war immer so elegant, so kultiviert und schön. Sie hätte jeden Mann auf der Welt haben können. Na, es war doch allgemein bekannt, dass Harrison Westville III - der Erbe des Zahnpasta-Imperiums - sie sich lieber jetzt als gleich geschnappt hätte.« Lucille ließ ein leises Gackern hören.
»Worüber schwatzt ihr zwei Damen da eigentlich?«, schaltete Randall sich endlich ein. »Mutter?«
»Ach, nur ein Plausch unter Mädels.« Lucille kicherte. »Hör zu, mein Schatz, können wir euch nicht doch dazu bewegen, zum Abendessen zu bleiben? Die Köchin hat ihre berühmten Cornwall-Hähnchen mit Aprikosenglasur im Ofen, und wir fänden es einfach himmlisch, wenn ihr noch ein Weilchen dableibt!«
»Was meinst du, Claire?«, fragte er. »Wären Bea und Harry sehr böse, wenn wir stattdessen morgen zum Brunch kommen und heute hier übernachten?«
Wie bitte?! Der Raum hörte endlich auf, sich sacht um mich zu drehen, und kam mit quietschenden Bremsen zum Stillstand. Bea und Harry hatten den ganzen Nachmittag damit zugebracht, die Zutaten für das abendliche Schlemmermahl zu besorgen und alles für unseren Besuch vorzubereiten. Es war nicht daran zu denken, ihnen in letzter Minute
abzusagen! So viel war selbst mir in meinem leicht beduselten Zustand klar.
»Von mir aus sehr gern«, sagte ich nach kurzer Bedenkzeit zu Lucille, »aber ich fürchte, meine Freunde würden das nicht gut aufnehmen. Sie haben sich sehr darauf gefreut, Randall endlich näher kennenzulernen, und das Abendessen ist schon lange geplant.«
»Ja natürlich. Jammerschade, aber wir verstehen das«, sagte Lucille. »Alsdann, vertagen wir das Ganze. Ich hoffe, wir bekommen Sie bald wieder zu Gesicht, Claire. Sie und Ihre Mutter! Sagen Sie mir unbedingt Bescheid, wenn sie das nächste Mal in der Stadt ist. Ich würde mich riesig freuen, sie wiederzusehen.« Wir erhoben uns und tauschten Abschiedsküsschen aus. Ich mühte mich nach Kräften, aufrecht zu bleiben.
Randall war mir beim Einstieg in den tiefen Muldensitz des Porsches behilflich, derweil ich seinen Eltern zuwinkte und mich mühte, meine Gesichtszüge nicht entgleisen zu lassen. Doch sobald er die Autotür zuschlug, fuhr ich auf ihn los. »Wie konntest du nur?!«
»Wie konnte ich was?«
»Es so hinstellen, als wäre es scheißegal, was mit Bea und Harry ist? Und mir den Schwarzen Peter zuzuschieben, sprich, deiner Mom klarzumachen, dass wir nicht bei deinen Eltern zum Abendessen bleiben können?«
Randall blickte stur geradeaus auf die Straße. Ein Weilchen herrschte angespannte Stille, während über der kurvigen Zufahrt allmählich der Mond aufging.
»Tut mir leid, Kleines. Ich hab einfach nicht nachgedacht«, sagte er schließlich und küsste mir die
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