Teufel in High Heels
nicht mehr gesehen.
»Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie sehr ich Ihre Mutter vermisse«, fuhr Lucille in höchst melodramatischem Tonfall fort. Ihr bisschen Stirn erzitterte - bei einer weniger ergebenen Anhängerin von Botox hätte ich gesagt, dass sie sich in Trauerfalten legte. »Ist es nicht furchtbar, Claire. Sie wissen schon - wie sie da draußen ihr Leben fristet. Es zerreißt mir das Herz. Wenn wir sie doch dazu bringen könnten, sich irgendwo im Umkreis von New York anzusiedeln.«
Wie Mom ihr Leben fristete? Als ich das letzte Mal nachgesehen hatte, lebte sie in einem wunderschönen kleinen Farmhaus auf einem traumhaften Grundstück, umgeben von Freunden, die sie liebten und meinen Dad gekannt und geliebt
hatten. Sie malte besser denn je und freute sich wie ein Schneekönig, dass mittlerweile kleine Galerien aus dem ganzen Land ihre Arbeiten kauften.
»Ich glaube, sie ist mit ihrem Leben eigentlich ganz zufrieden«, stellte ich Lucilles Andeutungen richtig.
»Oh, ich weiß schon, sie sagt , dass sie glücklich und zufrieden ist, aber ganz im Ernst, das kann doch nicht sein, so wie sie lebt? In der Pampa? Fernab jeder Kultur, nicht groß in der Lage zu reisen und dazu noch darauf angewiesen, das eine oder andere ihrer Bilder zu verkaufen? Wenn Ihr Vater nur imstande gewesen wäre … na ja, über Tote soll man ja nichts Schlechtes sagen.«
Mir schoss das Blut ins Gesicht. Ich warf Randall einen scharfen Blick zu, doch er lauschte weiter andächtig den Ausführungen seines Vaters und sprang nicht für mich in die Bresche. Legte seine Mutter es keine zwanzig Minuten, nachdem wir uns kennengelernt hatten, darauf an, mich auf die Palme zu bringen? Falls ja, war sie mit einer beleidigenden Anspielung auf meinen Vater und einem gönnerhaften Kommentar zu meiner Mutter auf dem besten Weg dazu.
Haltung bewahren, Claire. Ich atmete einmal tief durch.
»Mrs. Cox, sie ist wirklich glücklich und zufrieden«, sagte ich energisch. »Iowa City ist zwar nicht gerade der Nabel der Welt, aber es verfügt über ein erstaunlich reichhaltiges kulturelles Angebot. Und Mom findet es total spannend, dass ihre Bilder zunehmend gefragt sind. Ich glaube, das befriedigt sie auf mehr als nur einer Ebene - nicht zuletzt auf der finanziellen.«
»M-hm.« Lucilles Nicken wirkte deutlich unüberzeugt. »Tja denn, meine Liebe, hoffentlich haben Sie recht.«
Mom mochte diese Frau? War mit ihr eng befreundet gewesen?
»Vivian Grant kenne ich übrigens auch«, fuhr Lucille fort und bedeutete Carlotta, für Nachschub an Cocktails zu sorgen. Im Gegensatz zu Lucille entging es mir nicht, dass Randalls Vater bei dem Wort »Vivian« ganz kurz aufsah. »Ein furchtbares Weib. Immer so voll unter Strom . Oh, was ihre Karriere angeht, da sollte ich vermutlich den Hut vor ihr ziehen. Aber was hat sie sonst noch vom Leben? Man muss Beruf und Privatleben doch einigermaßen in Einklang miteinander bringen, oder was meinen Sie?«
Lucille hatte vollkommen recht: Vivian war ein furchtbares Weib. Und nachdem sie mich gestern Abend dermaßen gegeißelt hatte, war ich nur zu gewillt, mir Schmähungen über sie anzuhören, ganz gleich welcher Art. Ich nahm noch ein Schlückchen von meinem dritten Wodka Tonic und nickte nachdrücklich.
O-oh. Der Raum wippte ein bisschen nach.
Lucilles warmes Lächeln schien zu bedeuten, dass ich irgendeine unsichtbare Hürde bezwungen hatte. »Es ist wirklich eine Wohltat, einer jungen Frau zu begegnen, die es so sieht, Claire. Vor allem einer, von der mein Sohn offenbar so hingerissen ist. Vielleicht sollte ich Ihnen das lieber nicht erzählen, aber seine letzte Freundin, Coral« - ihr Gesichtsausdruck verriet ganz eindeutig, was sie von Coral hielt -, »war so ganz und gar auf ihre Karriere konzentriert. Konnte über nichts anderes reden, ehrlich. Nicht, dass daran irgendetwas verkehrt wäre, es ist nur, dass ich - selbstsüchtig, wie Mütter nun mal sind - Randall lieber mit einer Frau sähe, die ein wenig … gemäßigter ist, was ihre Ambitionen betrifft.«
Wie bitte? Ich, gemäßigter in puncto Ambitionen? »Ich arbeite eigentlich ganz schön hart, Mrs. Cox -«
»Natürlich tun Sie das, Liebes, ich wollte damit nicht sagen, dass Sie Ihren Job nicht ernst nähmen. Vergessen Sie’s, dass ich es überhaupt erwähnt habe.«
Immerhin, gutes Timing ihrerseits. Nachdem ich auf nüchternen Magen drei Hardcore-Cocktails gekippt hatte, würde es mir nicht weiter schwerfallen, ihren Kommentar zu vergessen.
»Es
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