Teufel in High Heels
hitzköpfige Verlegerin, in deren Auftrag er laut einer E-Mail der Top-Literaturagentin Tami Simons »binnen zwei Monaten ein komplettes Buch zu verfassen [hatte], was ihm auch gelang. Dann hörten wir drei Monate lang kein Sterbenswort von [der Lektorin] Lulu Price. Nach zahllosen Anrufen ohne jede Rückmeldung erhalte ich schließlich einen 20-seitigen Brief mit Korrekturen von Vivian. Abschließend erklärt sie das Manuskript für ›nicht druckbar‹ und hält unzweideutig fest, dass sie von dem Vertrag zurücktritt und nicht gewillt ist, den vereinbarten Vorschuss zu zahlen.« Whitney und Simons waren außer sich, auch wenn es beileibe nicht das erste Mal darstellte, dass Grant nach Ablieferung eines vollständigen Manuskripts vom Vertrag zurücktrat. Dieser Fall jedoch gestaltete sich pikanter, da Simons binnen weniger als zwei Stunden nach der Absage diverse Verleger fand, die an der Übernahme des Projekts interessiert waren. Vivian Grant, die das Manuskript für »einen stinkenden Hundehaufen« hält (so titulierte sie es angeblich in ihrer Mail an Simons), versucht nunmehr
wiederum, den neuen Verlegern, Sampson und Evans, die Copyright-Rechte vor Gericht streitig zu machen.
Neben der Kolumne hatte die Daily News ein altes Pressefoto von Vivian abgedruckt - mit Schmollmund, schwerem Make-up und großen Filmstarlocken.
Ich stöhnte auf und stärkte mich mit einem Schluck Kaffee.
»Claire?« David meldete sich über die Sprechanlage. »Candace ist auf Leitung eins. Wollen Sie sie zurückrufen?«
»Nein, danke, stellen Sie sie durch«, sagte ich und drückte auf den Knopf. »Hallo, Candace. Was gibt’s? Haben Sie sich bezüglich unseres Angebots schon entschieden?« Tags zuvor hatte ich Candace, dem Ex-Supermodel mit den obszönen Memoiren über die Schwächen ihrer Ex-Liebhaber, unser endgültiges Angebot für ihr drittes Buch unterbreitet und hoffte von Herzen, dass wir mit dem Vertrag endlich weiterkämen. Leider schien Candaces Lieblingssatz »Mir steht mehr zu« zu lauten - nicht verkehrt für den Umgang mit einer notorischen Abzockerin wie Vivian, aber mehr als frustrierend für die Lektorin, die zwischen allen Stühlen saß.
Candace und Vivian verband eine ungewöhnlich heftige Hassliebe, was wohl daher rührte, dass sie mitunter im selben Revier auf Männerfang gegangen und beide überaus anziehend, schön und unzurechnungsfähig waren. Augenblicklich befanden sie sich offenbar in einer Hassphase.
»Sagen Sie diesem Miststück mit ihrem ewigen Wir-sprechen-uns-nächsten-Dienstag, für das Sie arbeiten, dass ich auf keinen Fall so einen beschissenen, mickrigen Vorschuss
für mein drittes Buch akzeptiere«, brüllte Candace trotz schlechten Handyempfangs überaus vernehmlich. Ich hielt den Hörer vom Ohr weg. Sie sprachen auch die gleiche Sprache, das hatte ich vergessen. »Glaubt sie etwa, ich wüsste nicht, wieviel sie an den ersten beiden verdient hat? Hundertfünfundsiebzigtausend Dollar sind ja wohl ein Scheißwitz. Denkt sie, sie wäre die einzige Verlegerin in New York? Bloß weil ich ihr die Stange halte - obwohl ich weiß Gott schon genug Scheiß von dieser machtgeilen Zicke eingesteckt habe -, heißt das noch lange nicht, dass ich blöd bin. Das lasse ich mir nicht bieten. Sagen Sie ihr, ich brauche mindestens das Doppelte, plus ein Budget für Friseur, Make-up, Garderobe … Ach ja, und wir fliegen allesamt Erster Klasse. Das sind meine Bedingungen, Baby, und nun sehen Sie zu.« Damit legte sie auf.
Tja, das muss ich wohl ein bisschen umformulieren , dachte ich. Und zwang mich zurück zu meinem Katalog. Mit dem Problemfall Candace würde ich mich später beschäftigen.
Doch bevor ich ein weiteres Wort zu Papier bringen konnte, flog die Tür zu meinem Büro mit einem Knall auf, und Alice - eine hübsche, sanftmütige Aushilfe, die seit nunmehr einer Woche den Posten von Vivians Assistentin ausfüllte - kam herein und machte sie blitzschnell hinter sich wieder zu. Ihr Gesicht war knallrot und in Panik verzerrt. Über ihrer Oberlippe zeigten sich Schweißtröpfchen.
»Sie müssen mir helfen, Claire«, stieß sie hervor. »Sonst bringt sie mich um. Vivian fliegt heute nach L.A. und bricht in zwanzig Minuten von ihrer Wohnung Richtung Flughafen auf. Sie hat gerade angerufen und mir aufgetragen, ihr noch zwei Ordner aus ihrem Büro zu bringen. Ich habe sie gefragt, wo sie sein könnten, und sie hat mir fast den Kopf dafür abgerissen.
Aber ich kann sie einfach nirgends finden...« Sie sah
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