Teufel in High Heels
saukalt es in Iowa im Winter werden konnte. Für den Bruchteil einer Sekunde verspürte ich fast so etwas wie Erleichterung, dass Randall nicht mit von der Partie war. Wie wäre er wohl mit Moms alter Klapperkiste - in allem, aber wirklich allem das Gegenteil seines Porsches - und dem fehlenden Beheizungssystem zurechtgekommen? Irgendwie konnte ich mir Randall nicht eingewickelt in einen von Moms selbstgenähten Quilts vorstellen.
»Mom, meinst du nicht, es wäre langsam Zeit, Nellie in Zahlung zu geben?« Nellie - ebenjenes Auto - besaßen wir schon seit meinen Kindertagen. Es hatte seine Pflicht und Schuldigkeit wahrhaftig mehr als getan.
»Die alte Nellie verschrotten lassen? Niemals! Du weißt sehr wohl, dass ich das nie tun würde.«
Warum machte ich mir überhaupt darüber Gedanken? Mom hatte eine geradezu lächerliche Anhänglichkeit an unbelebte
Gegenstände. Alte Pullover waren nie zu alt, um sie nicht doch noch mal zu stopfen, angeschlagene Teller hatten »Charakter«. Ich war mir bis heute nicht schlüssig, ob es daran lag, dass sie von den Pilgervätern abstammte oder in den mageren Jahren schlicht gelernt hatte, sich mit dem Nötigsten zufriedenzugeben. (Dass sie wirklich annahm, unser Subaru hätte menschliche Gefühle, mochte ich schlicht und einfach nicht glauben.)
»Wer braucht schon Heizungen?«, fragte Harry und hüllte sich dabei fester in seine Decke.
»Also, wie es aussieht, kommen dieses Jahr noch mehr Leute, als wir dachten!«, sprudelte Mom los. »Es werden wohl an die zweihundertfünfzig werden, und erfahrungsgemäß bringt der eine oder andere in letzter Minute noch ein paar Freunde mit... das Zelt ist schon aufgestellt. Und Harriet und Suz stehen seit Mittwoch in der Küche und fabrizieren ein Wunderwerk nach dem anderen.«
Harriet und Suzanne waren seit dreißig Jahren ein Paar und seit ungefähr einem Vierteljahrhundert die besten Freunde meiner Eltern. Harriet arbeitete als Küchenchefin im Gasthof am Ort, Suzanne hatte eine Farm und stellte Bioseife her. Sie waren seit jeher für das gesamte Catering bei der Party zuständig - und gestalteten es von Jahr zu Jahr raffinierter.
Bis wir vor dem Haus hielten, hatte Mom uns bezüglich sämtlicher Vorbereitungen auf den neuesten Stand gebracht. Sie schien so weit alles unter Kontrolle zu haben, hielt jedoch für uns noch ein paar Aufträge in petto, die es zu erledigen galt, bevor abends die Gäste eintrudelten. »Darf ich Sie eventuell auch ein bisschen einspannen?«, fragte sie Luke, der ihr überzeugend versicherte, es sei ihm eine Freude, ihr behilflich zu sein.
Eine Stunde später wischte sich Luke den Schweiß von der Stirn und wappnete sich für die Aufgabe, einen schweren Couchtisch aus unserem Wohnzimmer zu schleppen. Er und Harry hatten schon ein Sofa, zwei große Sessel und eine Ottomane hinausgetragen, wobei ich nicht helfen durfte, weil ich auf Bitten von Mom das Soundsystem testen sollte. Das Soundsystem! Es war schlicht unglaublich, welche Ausmaße Dads Party seit ihren Anfängen angenommen - und wieviel Mühe sich Mom dieses Jahr damit gegeben hatte. Bea versah eifrig etliche Programme, in denen die örtlichen Sponsoren aufgelistet waren, mit Bändchen, und Harriet und Suzanne erteilten dem Bedienungspersonal detaillierte Anweisungen. Als wir schließlich alle Punkte auf Moms Liste erledigt hatten, blieben uns noch vierzig Minuten.
»Wäre es okay, wenn ich schnell unter die Dusche springe?«, fragte Luke. Sein Hemd war von Schweiß durchtränkt. »Reif dafür wäre ich.« Grinsend schälte er sich das feuchte Ding vom Leib.
»Ja natürlich! Es ist wirklich unglaublich unhöflich von uns, dich so schuften zu lassen, kaum dass du da bist. Gastgeber gibt’s -«
»Du brauchst dich nicht zu entschuldigen, Claire. Ich packe gern mit an. Alle Mann an Deck!« Luke beugte sich nah zu mir hin und küsste mich leicht auf die Wange. Ich erstarrte. Er verströmte einen würzigen Geruch nach harter körperlicher Arbeit. Bea schaute zu uns her. Ihre Miene verriet, was sie dachte.
Kuss auf die Wange. Freundschaftliche Geste.
»Äh, hier entlang«, sagte ich und ging durch den Flur voraus. Im Bad nahm ich frische Handtücher aus dem Schrank.
Luke blieb ein paar Schritte zurück und ließ den Finger über das eine oder andere Buch in den Regalen gleiten, die fast jede Wand in unserem Haus bedeckten - der einzige Luxus, den sich meine Eltern geleistet hatten, war ihre wirklich außergewöhnliche Privatbibliothek. Mom sagte
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