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Teufel - Thriller

Teufel - Thriller

Titel: Teufel - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer David Weiss
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verwehrten.
    Ferrand bemerkte die Neugier des Zwerges und hielt mit einer Handbewegung einen solchen Transport auf. »Ihr habt recht, Monsieur, mit so etwas habe ich, oder besser gesagt unsere Gesellschaft, Erfahrung«, sagte er leise und schlug das Laken zurück. »Wir haben dergleichen schon einmal gesehen, bei der Marquise de Montespan… Auch wenn diese Affäre schon hundert Jahre her ist, so wissen wir dennoch, was zu tun ist.«
    Jauerling zuckte zusammen. Vor ihm lag der ausgetrocknete Körper eines nackten Mädchens. Sie war an Händen und Füßen gefesselt, ihre Augen verbunden und ihr Gesicht grotesk verzerrt. Dem Grad der Verwesung nach war sie bereits mehrere Jahre tot und doch mumifiziert worden. Ihr Bauch war aufgeschnitten und die Eingeweide entfernt worden. Rumpf und Gliedmaßen trugen die Zeichen grausamer Folter.
    »Es waren Hunderte«, seufzte der Abbé. »Wir schaffen sie nach und nach im Winter aus der Krypta hinaus und verbrennen sie. Das ist bei der Witterung nicht leicht, aber nur so vermeiden wir Krankheiten bei den Arbeitern.« Er breitete das Leinentuch wieder über die Tote und gab den beiden Trägern einen Wink. »Alles muss restlos verschwunden sein, bevor Vittorio Emanuele, Herzog von Aosta, das Kloster als Landgut übernimmt.«
    Jauerling blickte ihn überrascht an.
    »Ja, der Heilige Vater hat es ihm verkauft«, bestätigte Ferrand. »Das ist bereits sechs Jahre her, aber wir sind in Verzug geraten, weil wir das Ausmaß des Verbrechens unterschätzt haben… Ehrlich gesagt gehen uns langsam die Ideen aus, um die Ungeduld des Herzogs zu besänftigen. Geschwätz und Gerüchte tun ihr Übriges.«
    »Das wundert mich gar nicht.« Jauerling nickte. »Hunderte, sagt ihr?«
    »Ja. Frauen, Kinder, alles wild durcheinander…« Ferrand schüttelte den Kopf. »Die armen Seelen wurden übereinandergestapelt wie Schlachtvieh, und das über mehrere Jahrzehnte hindurch. Widerlich.«
    »Warum diese Grausamkeiten?«, wollte der Zwerg wissen.
    »Ich weiß es nicht«, flüsterte der Jesuit. »Vielleicht sind die Brüder in dieser Einöde schlichtweg wahnsinnig geworden. Die Menschen der Umgebung berichten, die Mönche hätten ihren natürlichen Trieb nicht mehr unterdrücken können. Viel schlimmer, er hätte sich in etwas Finsteres verwandelt, das sich gegen die Gesetze Gottes und der Natur gerichtet hat… Der normale Beischlaf konnte ihr überhitztes, krankhaftes Verlangen nicht mehr befriedigen… Das hat die Gemeinschaft aber noch zusätzlich zusammengeschweißt.« Er verstummte und senkte den Blick.
    »Aber wenn Ihr hier seid, alter Freund, dann hat Rom einen anderen Verdacht.« Jauerling legte den Kopf schief und ließ Ferrand nicht aus den Augen. »Wenn man Euch geschickt hat, Euch erlaubt, die verbotene Ordenskleidung zu tragen, Euch schalten und walten lässt nach Gutdünken, dann geht es um etwas anderes als ein paar Perversionen…« Er lächelte dünn. »Ich bin nicht schwachsinnig, nur körperlich ein Krüppel. Ich weiß, dass es hierbei um Klostersatanismus geht.«
    »Monsieur Jauerling, ich habe Eure Körpergröße immer in Kontrast zu den Gaben Eures Geistes gesehen, und die sind enorm.« Er nahm den Zwerg am Arm und zog ihn mit sich. »Kommt! Ich zeige es Euch. Deswegen seid Ihr doch in Wahrheit gekommen, oder?«
    Der Zwerg riss sich los, blieb stehen und stieß mit seinem Stock mehrmals auf den Boden. »Abbé, jetzt hört mir genau zu«, zischte er. »Es gibt uns beide nicht mehr. Wir sind Schatten, Geister aus einer untergegangenen Welt. Also wenn Ihr trachtet, mich zu betrügen, dann seid Ihr tot! Habt Ihr mich verstanden?«
    »Monsieur Jauerling, ich bin schon längst tot«, sagte der Jesuit mit fester Stimme, »mir kann nichts mehr geschehen.« Er beugte sich zu Jauerling und flüsterte in sein Ohr. »Und Ihr, Ihr seid auch bereits tot, Ihr habt es soeben selbst gesagt.« Ferrand machte eine Pause und sah dem Zwerg tief in die Augen. »Und wenn ich Euch gleich zeige, was ich Euch zu zeigen bereit bin, dann wird auch das letzte Licht in Eurem Innern verlöschen.«
    Ferrand richtete sich wieder auf. »In mir ist nichts mehr außer Finsternis und Schmerz. Also wenn Ihr meine sterbliche Hülle abtötet, tut Ihr mir damit nur einen Gefallen. Versteht Ihr?« Damit drehte er sich um und ging voraus.
    Jauerling nickte. Er verstand. Aber was sollte es hier noch für ihn zu sehen geben, was er nicht schon anderswo vor Augen geführt bekommen hatte? Zum Beispiel in den Kerkern der Festungen,

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