Teufel - Thriller
sich nicht nur Freunde gemacht… Und auch da gibt es einen toten Priester.«
»Wegen der beiden toten Soldaten im Kriegerdenkmal?« Der Wissenschaftler machte ein betroffenes Gesicht.
»Genaues weiß ich auch noch nicht, aber Paul erzählt von vier Profis, die nicht so aussahen, als seien sie auf dem Weg zu einem Plauderstündchen bei Kaffee und Kuchen«, meinte Eddy und kicherte. »Also werde ich mich um die Sorgen der Herren Wagner und Berner kümmern.« Er wandte sich an Buchegger. »Helmut hat mich auch vorhin angerufen, Schwester. Ihr Auto steht wohlbehütet in der Klostergarage in der Friesgasse.«
Er klopfte dem Wissenschaftler auf die Schulter. »Frank begleitet euch noch bis zum Zug. Von deinem Killer war nichts zu sehen, es ist uns niemand gefolgt, und der Kerl hat keine Ahnung, dass du nach Quedlinburg unterwegs bist.«
»Perfekt«, meinte Sina, obwohl er dem Frieden nicht ganz traute.
»Sie, Schwester, gehen jetzt auf die Toilette und ziehen sich um.« Eddy schaute auf die Uhr.
»Aber ich habe doch nichts zum Umziehen…«, meinte Buchegger ratlos.
»Bei der Damentoilette gibt es eine unversperrte Tür auf den Gang«, fuhr Eddy unbeirrt fort. »Dort wartet Helmut bereits auf Sie mit einem dicken Rucksack. Da ist alles drin, was ihr für die Reise benötigt, inklusive einer neuen Garderobe. Größe allerdings nur geschätzt.«
»Eddy, ich weiß wirklich nicht, wie ich dir danken soll«, meinte Georg gerührt.
Dieser winkte nur lässig ab. »Keine Ursache, das weißt du. Wichtig ist, dass du in einem Stück wieder zurückkommst. Und es ist mir völlig egal, ob mit oder ohne die paar Knochen.«
Der vierte Kreis –
SO DREHTEN SIE SIC H
IN DEM FINST’REN KREISE …
28.5.2010
9. Juni 1815, Palais Metternich, Wien/Österreich
D er Mann im Lehnstuhl war kaum siebzig Jahre alt und sah aus wie hundert. Eigentlich hätte er bereits lange tot sein müssen. Nein, eigentlich hätte er nie leben dürfen, korrigierte sich Staatskanzler Clemens Fürst Metternich und schaute auf die kindliche Figur in dem abgewetzten Hausmantel hinunter. Und doch… Da war er, und der Tod wollte ihn anscheinend nicht haben. Im Licht der flackernden Kerzen, tief versunken in den Polstern, lag ein Kind im Greisenalter, die Augen geschlossen, sein Gesicht faltig und eingefallen wie das einer Mumie. Schmale, dünne Hände, von einer pergamentartigen Haut überzogen, durch die sich Venen wie blaue Fäden abzeichneten, hielten einen abgegriffenen Stock mit silbernem Knauf fest. Solange Metternich sich erinnern konnte, hatte er diese Hände nie ohne diesen Stock gesehen.
Balthasar Jauerling, der ehemalige Leiter des Schwarzen Bureaus, konnte sich kaum mehr bewegen. Er war seit Langem blind, nur sein Gehör funktionierte gut wie eh und je. Der zu große Kopf in den Kissen des Lehnstuhls sah aus wie ein Totenschädel, in dem sich nur die blutleeren Lippen unmerklich bewegten.
Metternich trat behutsam an den Ohrensessel und legte die Hand ganz leicht auf die Lehne. Auf der Straße vor dem Palais zog eine kleine Gruppe von Diplomaten nach einem ausgiebigen Bordellbesuch vorbei, ausgelassen lachend und singend wie auf einem Volksfest. Der Wiener Kongress war soeben zu Ende gegangen, und die Hauptstadt an der Donau feierte.
»Ach Clemens, ich bin ein blinder Wicht, der nicht mehr gehen kann und den selbst der Teufel nicht will. Du hast heute gewonnen, und ich kann nicht mehr verlieren«, flüsterte eine dünne Stimme, die nach raschelndem Seidenpapier klang.
»Wir können verlieren, solange wir spielen«, gab Metternich zu bedenken und zog sich einen Sessel näher an den Lehnstuhl. Jauerling hustete ein wenig. Oder lachte er? Der Kanzler lehnte sich vor und berichtete dem alten Mann von den Ergebnissen der Verhandlungen in der Hofburg. Der Zwerg lauschte aufmerksam, ohne ein Wort zu sagen.
Als der Kanzler geendet hatte, war es ruhig in dem kleinen Raum unter dem Dach des Palais am Rennweg. Metternich wollte bereits aufstehen und sich in seine Räume zurückziehen, da ertönte die Stimme Jauerlings ganz leise, aber überraschend klar.
»Ich ziehe nun schon seit siebzehn Jahren mit dir durch Europa«, flüsterte der alte Mann, »erst Dresden, dann Berlin, schließlich Paris und nun seit langen Jahren Wien. Ich bin müde, Clemens, ich bin so müde und ich kann nicht sterben.«
Jauerling holte röchelnd Luft, und Metternich lehnte sich noch weiter vor, damit der alte Freund sich nicht so sehr anstrengen musste. Der Zwerg konnte zwar
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