Teufel - Thriller
nervös geworden? Bei Bertucci, der Symbolik, den professionell ausgeführten Morden, bei Pro Deo? Eine verführerische Begriffskette …
»Beides«, meinte der Außenminister kurz angebunden und versuchte, das Gespräch wieder auf ein sicheres Gebiet zu verlegen. »Ich bin überzeugt, dass die bevorstehende Reise des Heiligen Vaters nach England im September dieses Jahres Ihre Leser interessieren wird. Das Besuchsprogramm ist dicht gedrängt, aber vor allem wollen wir nicht vergessen, dass es das erste Mal seit fünfhundert Jahren ist, dass ein katholischer Papst das Inselreich besucht.« Lamberti spürte aufatmend wieder festen Boden unter seinen Füßen.
»Sie meinen den Besuch, den Kardinal Bertucci gerade vorbereitet?«, fragte Goldmann mit einem unschuldigen Augenaufschlag. »Was uns wieder zum Thema bringt. Ist es möglich, mit dem Kardinal zu sprechen? Ich würde gerne mehr von ihm über seine Freundschaft zu Kardinal Rossotti erfahren. Sie wissen ja, der menschliche Touch…«
Lamberti verlor den Boden wieder. »Das wird leider nicht gehen…«, wich er aus und suchte verzweifelt nach einer Ausrede.
»Aber der Kardinal wird doch ein Mobiltelefon nach England mitgenommen haben«, bohrte Valerie gnadenlos. »Niemand verlässt heute das Haus ohne ein Handy.«
»Ja … aber… seine Nummer…«, Lamberti wusste nicht weiter.
»… ist geheim? Das macht nichts«, meinte Goldmann gönnerhaft und zog eine vorbereitete Visitenkarte aus ihrer Tasche. »Hier ist meine Mobilnummer. Ich bin mir sicher, Sie werden mit Bertucci in Ihrer Funktion als Außenminister des Vatikans in regelmäßigem Kontakt stehen. Dann würde ich es sehr zu schätzen wissen, wenn Sie ihm meine Nummer ans Herz legen, Eminenz. Und jetzt darf ich mich bei Ihnen für Ihre Zeit bedanken, es war sehr aufschlussreich, mit Ihnen zu sprechen.« Valerie stand auf und nahm das Diktafon an sich. »Ihr Sekretär hat mir schon eingangs gesagt, man dürfe Ihren Terminplan nicht überstrapazieren. Nun, ich hoffe, ich konnte das Meinige dazu beitragen, Ihnen ein wenig Luft zwischen den einzelnen Besprechungen zu verschaffen.«
Lamberti war aufgestanden. »Ja, aber wollten Sie nicht noch…«
»Nein, nein, danke, ich habe alles erfahren, was ich wissen wollte«, wehrte Valerie ab. »Es wäre sehr freundlich, wenn Sie mein Gespräch mit Kardinal Bertucci nicht vergessen würden, Eminenz. Wann sprechen Sie ihn das nächste Mal?«
Jetzt war Lamberti endgültig aus dem Gleichgewicht gebracht. »Wahrscheinlich heute noch, aber er meldet sich nicht regelmäßig…«, versuchte er es.
»Ich möchte meinen Artikel bis heute Abend nach Tel Aviv schicken«, erklärte Valerie, während sie demonstrativ das Diktafon abstellte. Dann blickte sie Lamberti tief in die Augen. »Mein journalistisches Gespür sagt mir, dass hier etwas unter den Teppich gekehrt werden soll, in Anlehnung an alte römische Traditionen. Aber ich werde an der Geschichte dranbleiben, Eminenz, und den Teppich so lange immer wieder anheben, bis die Kakerlaken aus ihren Löchern kommen. Bemühen Sie sich nicht, ich finde hinaus.«
Als Valerie die Treppe in den Hof hinunterlief, zog sie das Handy heraus und wählte. »Weinstein? Ich bin in fünf Minuten vor dem Tor. Wir fahren direkt in die Botschaft, ich muss sofort mit Shapiro sprechen. Hier stinkt etwas ganz gewaltig.«
In einem klimatisierten Büro des Apostolischen Palastes saßen vier Männer vor einer Wand von Monitoren, die in regelmäßigem Wechsel die Bilder der unzähligen Sicherheitskameras einspielten. Sie schalteten gelangweilt zwischen den Aufnahmen hin und her und bewegten mit Joysticks die ferngesteuerten Kameras.
»Stopp. Das möchte ich genauer sehen«, rief ein Mann aus den Tiefen des Raumes, der im Halbdunkel lag. Mit großen Schritten trat er an die Monitorwand und tippte auf einen der Schirme.
»Vergrößern!«
Einige Computerklicks später erschien das Bild nachgeschärft auf dem Schwarz-Weiß-Monitor.
»Valerie Goldmann«, flüsterte der Mann ungläubig, »ganz eindeutig. Was zum …?« Dann griff er zum Telefon. »Ich brauche Major Bertani auf einer sicheren Leitung. Jetzt!«
31. Oktober 1815, Via Emilia, vor Parma/Herzogtum Parma
D ie Kolonne kroch über die brüchige Pflasterung der ehemaligen Römerstraße zwischen Piacenza und Parma der Ewigen Stadt zu. Fuhrwerke ächzten und krachten bei jedem Schlagloch, die mächtigen Ochsen brummten vor Anstrengung in ihren Jochen, während Fuhrleute versuchten, sie nach
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