Teufel - Thriller
gehen. In einem weiteren Gerät wurde inzwischen ihre Handtasche durchleuchtet.
»Danke, das geht in Ordnung«, sagte er mit einem deutlichen Schweizer Akzent, winkte sie durch und wandte sich dem nächsten Besucher zu.
Ein junger Geistlicher in schwarzer Soutane kam auf Valerie zu und lächelte sie an. »Frau Goldmann? Ich arbeite im Büro des Außenministers. Darf ich Ihnen den Weg zeigen? In diesem Labyrinth kann man sich leicht verlaufen, und wieder auf den richtigen Weg zurückzufinden, das kann dauern…«
»Wie im richtigen Leben?«, fragte Valerie und klemmte ihre Handtasche unter den Arm.
Der Priester ging darauf nicht ein. »Wir sollten den Terminplan Seiner Eminenz nicht überstrapazieren«, meinte er nur und wies mit ausgestreckter Hand auf eine Stiege zu seiner Linken.
»Dann lassen Sie uns gehen«, schlug Goldmann vor. Sie hatte Shapiros Ratschlag befolgt und war nach einer kurzen Einkaufstour durch die Boutiquen der Via Condotti in ein schlichtes graues Business-Kostüm geschlüpft, das einen vierstelligen Betrag verschlungen hatte. Die passenden Schuhe mit Handtasche, ein dünner weißer Pullover und dezente Ray Bans vervollständigten das Bild der erfolgreichen internationalen Journalistin. Ich muss Paul erzählen, dass ich ihm Konkurrenz mache, dachte Valerie und bekam sofort ein schlechtes Gewissen, weil sie ihn noch immer nicht zurückgerufen hatte.
Der Anblick von Major Goldmann in Prada hatte sogar Samuel Weinstein beeindruckt, als er sie am Morgen vom Hotel abgeholt und zum Vatikan gefahren hatte. Mit einem »Sie sehen so… zivil aus, Major, aber es steht Ihnen ausgezeichnet«, hatte der Militärattaché versucht, Valerie milde zu stimmen. Ein Blick in ihr Gesicht verriet ihm, dass der Versuch gescheitert war.
Die Treppen, die der Pater sie hinaufführte, schienen kein Ende zu nehmen. »Ich wusste nicht, dass der Draht zum lieben Gott so kurz ist«, meinte Goldmann nach einer Weile.
»Wir sind gleich da«, beruhigte sie der junge Priester, eilte einen Korridor entlang und stieß eine der doppelflügeligen Türen auf. Dahinter lag ein Empfangsraum mit einer Sitzgruppe und hohen Fenstern, die auf die päpstlichen Gärten hinausgingen. »Wenn Sie mich für einen Moment entschuldigen wollen, ich bin sofort wieder bei Ihnen. Ich möchte nur dem Kardinal Ihre Ankunft mitteilen.«
Valerie hatte kaum auf dem ausladenden Sofa Platz genommen, da ging auch schon die Türe auf, und Kardinal Lamberti kam mit großen Schritten und ausgestreckten Händen auf sie zu.
»Signora Goldmann! Wie schön, Sie zu treffen. Ich habe schon viel von Ihnen gehört«, begrüßte sie der Außenminister. »Wollen wir in mein Büro gehen?«
»Ich muss mich bedanken, dass Sie nach den Ereignissen der letzten Tage dennoch Zeit für mich gefunden haben«, erwiderte Valerie, die Shapiro zumindest für ihren professionellen Background als Journalistin Anerkennung zollen musste. »Ich kann mir vorstellen, dass ich nicht die Einzige bin, die sich für die Vorgänge rund um das Geheime Vatikanische Archiv interessiert.«
Lamberti schloss die Tür hinter Valerie. »Ja, es ist schrecklich, was da geschehen ist«, meinte er mit ernster Miene. »Aber es liegt mir doch sehr am Herzen, dass Ihre Leser in Israel und im gesamten Nahen Osten kein falsches Bild von den Geschehnissen bekommen. Deshalb bin ich über Ihren Besuch überaus erfreut.«
Mit einer kurzen Handbewegung wies der Außenminister auf einen Besuchersessel, der vor seinem Schreibtisch stand. »Bitte nehmen Sie doch Platz, Getränke bringt uns mein Sekretär auch sofort.« Lamberti lächelte gewinnend und setzte sich. Doch Valerie ließ sich durch das joviale Aussehen nicht täuschen. Sie war in den späten Nachtstunden das Dossier durchgegangen, das Shapiro für sie zusammengestellt hatte. Neben all den Informationen, die der Geheimdienstchef für notwendig erachtet hatte, waren auch die Lebensläufe der drei Opfer und der Werdegang von Lamberti in den Akten gewesen. Dieser so freundlich wirkende Kardinal war einer der besten und kompromisslosesten Unterhändler des Vatikans. Ebenbürtig war ihm nur noch der persönliche Kurier des Papstes, Kardinal Paolo Bertucci, der aber laut den Unterlagen Shapiros in England den nächsten Besuch des Papstes vorbereitete.
Die wichtigste Frage, die nach der Lektüre von Shapiros »gesammelten Werken«, wie Valerie sie getauft hatte, nach wie vor unbeantwortet geblieben war, beschäftigte sie seit heute Morgen unentwegt –
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