Teufel - Thriller
Partner Scaglietti? Haben Sie auch Dr. Zanolla ihr letztes Bad eingelassen und den armen Luigi im Wasserschaff ertränkt? Wer von Ihnen machte die Drecksarbeit?«
Bertani schüttelte den Kopf und sah Bertucci mitleidig an. »Spielt das eine Rolle?«, fragte er. »Entscheidend ist doch, dass es getan wird. Ich habe schon immer besonders viel von Teamarbeit gehalten, die war in diesem Fall besonders wichtig. Wir wollen doch nichts dem Zufall überlassen, oder?«
»Warum, glauben Sie, sind wir nun ebenfalls zu zweit hier?«, kam es von Scaglietti, der seine Waffe aus dem Schulterhalfter zog, entsicherte und durchlud. »Was für ein passender Platz zum Sterben, finden Sie nicht, Eminenz? Inmitten des alten Wissens von Generationen, Tausenden schlummernden Geheimnissen, ungelesenen Briefen oder ungeliebten Wahrheiten. Im Bett sterben kann jeder, im Vatikanischen Geheimarchiv sterben nur Auserwählte.«
»Haben Sie wirklich geglaubt, Sie könnten Pro Deo diskreditieren? Dieser Geheimdienst ist wichtiger als Sie, mächtiger als Päpste und gefürchteter als der Teufel«, stellte Bertani selbstgefällig fest. »Es wird ihn und uns geben, solange diese Institution Kirche existiert. Sie kann ohne uns nicht leben, ohne den Schutz im Schatten. Wir sind die Stütze der Päpste und wir entscheiden über ihr Ende. Denken Sie an Papst Johannes Paul I.«
»Sie sind verrückt«, flüsterte Bertucci. »Sie haben den Verstand verloren.«
Bertani war unbeeindruckt und blickte den Kardinal mitleidig an. »Das genau ist Ihr Fehler, Bertucci: Sie denken in den falschen Dimensionen. Die Ränge der Despoten, Militärs, Geheimdienste und Tyrannen wären leer, wenn wir nach Ihren Definitionen vorgehen und urteilen würden. Wer ist denn noch wirklich normal in dieser Welt?«
Der Advocatus Diaboli schaute Bertani entsetzt an. »Sie glauben tatsächlich, was Sie da sagen«, wisperte er.
Scaglietti trat vor und streckte die Hand aus. »Genug! Geben Sie mir Ihre Tasche, Bertucci. Sie werden sie nicht mehr brauchen, und bei uns ist sie gut aufgehoben.«
Der Kardinal presste die große Ledertasche vor seine Brust. »Niemals. Dann werden Sie mich schon erschießen müssen.«
»Das hatte Ihr Freund Rossotti auch gesagt, als ich ihn vor die Wahl stellte, uns die Originalakten und – listen auszuhändigen oder zu sterben«, wandte Bertani ironisch ein. »Das ist keine Option, Eminenz. Sie sterben sowieso. Ob Sie uns die Tasche vorher geben oder wir sie uns nach Ihrem Tod nehmen, ist doch völlig egal.«
»Sie sind der Abschaum der Menschheit…« Bertucci rannen die Tränen herunter, als er an seinen Freund Rossotti und dessen Mut dachte.
»Knien Sie nieder!«, befahl Scaglietti und hob die Pistole. »Ihr Weg zur Wahrheit ist hier zu Ende. Sie sind sowieso bereits zu weit gekommen.«
Der Advocatus Diaboli ging auf die Knie, spürte den harten, kalten Beton. Er dachte an seine Schwester und an Como, an die vielen erfüllten Jahre, die hinter ihm lagen, an seine Freunde, an Rossotti und Lamberti, und er fing an zu beten.
Er wollte mit offenen Augen sterben.
Vor ihm erstreckte sich der lange Gang, von der gelben Linie zerteilt, wie ein Wegweiser ins Jenseits.
Dann erlosch das Licht.
Kathedrale di San Giovanni Battista, Via XX. Settembre, Turin/Italien
S chwester Barbara betete. Immer und immer wieder schlug sie sich mit der rechten Faust auf die Brust und wiederholte im Geiste die uralten Worte: »Durch meine Schuld, durch meine Schuld, durch meine große Schuld…«
Sie wusste, sie hatte schwer gegen ihren Glauben gesündigt, in Gedanken, Worten und Werken, und das brachte sie beinahe um den Verstand.
»Deinen Tod, o Herr, verkünden wir und deine Auferstehung preisen wir, bis dass Du kommst in Herrlichkeit!«, flüsterte sie und schlug sich abermals auf den Brustkorb. Ihre Fingerknöchel hatten bereits Blutergüsse unter ihrem Schlüsselbein verursacht, aber sie machte weiter, unbeirrbar und verbissen.
Die anderen Andächtigen in der Seitenkapelle des Duomo San Giovanni beäugten die junge Frau auf der hölzernen Kniebank vor der marmornen Kommunionschranke argwöhnisch von der Seite mit einer Mischung aus Mitgefühl und Misstrauen. Die blasse, ätherische Figur musste wohl Schweres durchleiden, dachten einige und beobachteten die rastlos Gebete murmelnden Lippen. Für andere war sie nichts als eine Sünderin, vielleicht eine Ehebrecherin, oder eine dieser schamlosen Touristinnen, die bereits die Klauen des Satans spürte. Nach den
Weitere Kostenlose Bücher