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Teufel - Thriller

Teufel - Thriller

Titel: Teufel - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer David Weiss
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Kirche erbaut?«
    »Unsere Pfarrkirche wurde im 13. Jahrhundert vom Geschlecht der Kuenringer als Votivbau errichtet, nachdem sie aus dem Heiligen Land zurückgekehrt waren.« Mayröcker klang, als ob er aus einem Fremdenverkehrsprospekt ablas. »Einige vermuten, sie wollten damit Sühne tun, weil sie an der Gefangennahme von Richard Löwenherz, dem berühmten König von England, beteiligt waren. Richard wurde bekanntlich auf ihrer Burg Dürnstein in der Wachau gefangen gehalten, und Herzog Leopold V. erpresste ein so hohes Lösegeld für seine Freilassung, dass ihn der Heilige Vater in Rom für seine Gier mit dem Kirchenbann belegte.«
    »Die Kuenringer kehrten also aus dem Heiligen Land zurück und bauten diese Kirche, interessant«, hakte Georg nach und zog seinen Block aus der Tasche. Das kann noch immer Zufall sein, dachte er sich und blätterte. Jauerling war auf der Spur einer Reliquie unterwegs durch Europa gewesen und hatte dem sagenumwobenen Rittergeschlecht aus dem Waldviertel eine wichtige Rolle in seinen Aufzeichnungen zugedacht. Aber war das hier wirklich der Beginn eines Pfades zur Erleuchtung, wie es Jauerling bezeichnet hatte? Und wenn ja, wo würde er hinführen?
    »Ja, vom Kreuzzug…«, unterbrach Mayröcker seine Gedanken und beäugte Sina und den Block argwöhnisch. »Wie auch immer, die Frage nach der Ursache für den Bau konnte nicht zweifelsfrei geklärt werden. Über die Zeit vor dem 19. Jahrhundert wissen wir leider nicht mehr allzu viel.«
    »Warum nicht?«, hakte Georg nach. »Haben Sie kein Archiv, keine Pfarrbücher, keine Tauf- oder Sterbematrikeln?«
    »Nein, leider nicht. In den Jahren 1805 und 1809 wurde alles ein Raub der Flammen.« Der Geistliche zuckte entschuldigend mit den Schultern. »Das ist ein wunder Punkt in unserer Gemeindegeschichte. Napoleonische Truppen haben den Pfarrhof gleich zweimal abgebrannt und alle Aufzeichnungen vernichtet. Sie gingen in Rauch auf.« Der Pfarrer schaute betrübt.
    Seltsam, dachte sich Sina, während er sich eine Notiz machte. Warum sollten napoleonische Truppen das Archiv einer kleinen niederösterreichischen Pfarrgemeinde gleich zweimal abfackeln? Damit auch ja nichts überbleibt?
    »Aber warum bauten die Kuenringer gerade hier eine so aufwendige Kirche?«, warf Barbara ein. »Gab es hier im Mittelalter etwas Besonderes? Schöngrabern wird ja wohl keine bedeutende Stadt gewesen sein?«
    Georg schüttelte energisch den Kopf. »Eher tiefste Einschicht, so weit das müde Auge reichte…«
    »Nicht ganz, Professor, nicht ganz!« Mayröcker lächelte verschmitzt. »Damals wie heute war Schöngrabern der Schnittpunkt zweier wichtiger Verkehrswege. Die alte Handelsstraße nach Prag verlief zwar etwas weiter östlich, aber die Kirche war so positioniert, dass möglichst alle Reisenden die Apsis sehen konnten. Die Steinerne Bibel sollte auf diese Weise helfen, das wahre Wort Gottes zu verbreiten. Und weil die meisten Menschen nicht lesen konnten, machte man dies in Form von Bildern und Symbolen.«
    »Mit anderen Worten, eine Reklametafel neben einer stark befahrenen Autobahn«, schmunzelte Georg und strich sich über den Bart. »Mit einem Comic für Analphabeten… Brillant!« Und je einfacher die Information verschlüsselt ist, umso mehr verringert sich das Risiko für Missverständnisse, fügte er in Gedanken hinzu. Die Steinmetze und ihre Auftraggeber verwendeten Inhalte und Symbole, die einer möglichst weiten Schicht bekannt waren. Doch das meiste Wissen über diese Codes war in den Jahrhunderten zwischen Erbauung und dem modernen Betrachter verloren gegangen. All diese verschlungenen Wesen und Masken waren zwar nicht stumm geworden, jedoch ihre Botschaft wurde nicht mehr verstanden.
    »Ja!«, bestätigte der Priester. »So gesehen hat unsere Mutter Kirche mit ihren Buchmalereien und Fresken auch den Comic-Strip erfunden…«
    »Ich weiß nicht, ob diese Vergleiche in Zusammenhang mit der Frohen Botschaft ganz zulässig sind«, gab Barbara zu bedenken. »Aber warum gehen wir nicht nach hinten und sehen uns die Kunstwerke an?«
    Georg sah der zierlichen Nonne nachdenklich hinterher, wie sie schnell und mit gesenktem Kopf in Richtung Kirche spazierte. Tschak hopste neben ihr her und schnappte nach ein paar Schmetterlingen, die über die Wiesen flatterten. Vielleicht ist sie doch dünnhäutiger, als ich dachte, sagte sich Sina und beschloss, sich mit seinen Aussagen etwas zu mäßigen.
    Wenige Minuten später standen sie gemeinsam am Fuß der Apsis

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