Teufel - Thriller
Kaleidoskop auf den Boden aus großen Steinplatten. Auf zwei runden, schmiedeeisernen Platten flackerten Dutzende von Kerzen in transparent roten Schälchen. Das ewige Licht vor dem Altar brannte beruhigend gleichmäßig.
Berner schaute nach oben, wo Heiligenfiguren auf ihren Podesten mit blicklosen Augen über die Sünder wachten. Paul hatte sich in eine der hölzernen Bankreihen gequetscht und die Arme vor der Brust verschränkt. Berner setzte sich neben ihn, und Wagner deutete mit dem Kopf lächelnd auf die Kerzen.
»Erinnern Sie sich noch an die Ruprechtskirche, an Peer van Gavint und den Mord an dem Fremdenführer?«, raunte der Reporter. »Zwei Jahre sind seither vergangen.«
Berner nickte. »Ich hab meine Entscheidung von damals nie bereut. Heute, in der Pension, kann ich tun und lassen, was ich will, ohne Rücksicht auf Vorgesetzte und Verpflichtungen«, erwiderte er nachdenklich. »Und ich kann in Urlaub gehen, wann immer es mir Spaß macht.«
»Dann frage ich mich, warum Sie so viel arbeiten«, erwiderte Paul ironisch.
Der Kommissar grinste. »Ich suche mir nur die interessantesten Fälle aus und überlasse die übliche Tretmühle den aktiven Kollegen. Oder besser gesagt – die Fälle suchen mich aus.«
»Haben Sie eigentlich noch immer Ihren Polizeiausweis oder mussten Sie ihn jetzt endgültig abgeben?«, erkundigte sich der Reporter beiläufig.
»Ich wüsste nicht, was das die Presse angeht«, brummte Berner kampfeslustig. »Nur weil wir ein paar gemeinsame Abenteuer hinter uns gebracht haben, müssen Sie noch lange nicht alle intimen Details meines Lebens kennen. Es reicht, wenn Sie mich regelmäßig in meinem Stammcafé belästigen. Das ist Intimität genug.«
»Irgendwann schreibe ich eine Artikelserie über den pensionierten Kommissar Bernhard Berner«, drohte Paul leise lachend.
»Gott bewahre!«, wehrte Berner ab. »Dann muss ich auswandern.«
Maurer war inzwischen auf dem Weg zum Altar. Seine schlurfenden Schritte wurden nur durch das Tick-Tick seines Stockes unterbrochen.
»Was halten Sie von dem alten Mann?«, erkundigte sich Paul.
»Ich glaube, er hat damals selbst eine Menge von dem Geld behalten, nachdem Markhoff in Sibirien verschwunden war«, meinte der Kommissar nachdenklich. »Ob es ihm etwas genützt hat, weiß ich nicht. Eines aber ist sicher. Er scheint nichts von dem Dokument gewusst zu haben, von dieser Schenkungsurkunde über den verschwundenen Keller, unterzeichnet vom Ortsbauernführer. Vielleicht hat er den Koffer nie bis zum Boden durchsucht.« Berner zuckte mit den Schultern. »Wenn ich nur wüsste, woher die Männer in dem blauen Volvo kommen…«
»Und vor allem, warum sie hier sind«, ergänzte der Reporter. »Aber vielleicht kann uns dazu der Pfarrer ein wenig mehr erzählen.«
Der Kommissar nickte. »Gehen wir, bevor Maurer zuerst mit ihm spricht und ihn zum Schweigen verdonnert. Ich trau dem Wichtel nicht über den Weg.«
Wagner und Berner fädelten sich aus der Bank und machten sich durch den Mittelgang und am Altar vorbei auf den Weg in die Sakristei. Die Tür stand offen, und der schmale dunkle Durchgang aus dem Altarraum roch nach Weihrauch. Große Schränke mit hohen Glastüren entlang der Wand bargen Fahnen und liturgische Festgewänder, Altartücher und Stapel von Tauf- und Sterbebüchern.
Von Pfarrer Wurzinger war weit und breit nichts zu sehen. Ferdinand Maurer stand in der Mitte des kleinen Raumes, auf seinen Stock gestützt, und schaute Wagner und Berner entgegen.
»Seltsam, der muss sich in Luft aufgelöst haben oder er hat einen längeren Nachmittagsschlaf gemacht«, sagte er. »Normalerweise ist er um diese Uhrzeit immer hier.«
»Dann sollten wir doch im Pfarrhaus nachschauen«, brummte Berner.
»Bin schon auf dem Weg«, antwortete Paul, »und gleich wieder da. Wenn er schläft, dann wecke ich ihn auf und bringe ihn her.«
Burghardt saß noch immer auf den Kirchenstufen, genoss den Abend und schaute auf Unterretzbach hinunter. »Hier war gar nichts los«, meinte er, als der Reporter auf dem Weg zum Pfarrhaus bei ihm vorbeikam.
Alle Fenster des großen Gebäudes schräg neben der Kirche waren geschlossen, die Türe fest versperrt. Auf das nachdrückliche Läuten Wagners regte sich nichts im Pfarrhaus. Wurzinger ist also eindeutig nicht eingeschlafen, dachte sich Paul und machte kehrt.
»Vielleicht ist er ja auch zu einem Notfall gerufen worden, stattet einem Kollegen einen Besuch ab oder hat sich früher auf den Weg zum Heurigen
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