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Teufeliaden: Erzählungen (German Edition)

Teufeliaden: Erzählungen (German Edition)

Titel: Teufeliaden: Erzählungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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Melone auf der Straße wandte flugs das Ohr gen Bronski. In dessen Gesicht erblühte ein bestrickendes Lächeln.
    »Ein paar Minütchen, lieber Professor«, sagte Bronski mit angestrengter Stimme vom Gehsteig herauf, »ich hab nur eine winzige Frage, rein zoologischer Natur. Darf ich sie stellen?«
    »Sie dürfen«, antwortete Persikow lakonisch und ironisch und dachte: Der Halunke hat ja doch was Amerikanisches.
    »Wegen den Hühnern«, rief Bronski durch den Trichter seiner Hände.
    Persikow war verblüfft. Er setzte sich aufs Fensterbrett, rutschte wieder herunter, drückte auf einen Knopf und rief, den Finger zum Fenster hinstoßend: »Pankrat, laß den da rein.«
    Als Bronski im Arbeitszimmer erschien, ging der Professor mit seiner Freundlichkeit so weit, daß er ihm zukläffte: »Setzen Sie sich!«
    Bronski nahm strahlend auf dem Drehsessel Platz.
    »Erklären Sie mir doch bitte«, sagte Persikow, »Sie schreiben also da in Ihren Zeitungen?«
    »Jawohl«, antwortete Alfred respektvoll.
    »Mir unbegreiflich, wie Sie schreiben, wenn Sie nicht mal richtig reden können. Was soll das: ›ein paar Minütchen‹, ›wegen den Hühnern‹? Sie wollten doch bestimmt ›wegen der Hühner‹ sagen?«
    Bronski lachte sparsam und achtungsvoll.
    »So was korrigiert Valentin Petrowitsch.«
    »Wer ist Valentin Petrowitsch?«
    »Der Leiter des Ressorts Literatur.«
    »Na schön. Ich bin übrigens kein Philologe. Lassen wir Ihnen Valentin Petrowitsch. Was möchten Sie wissen über die Hühner?«
    »Überhaupt alles, was Sie mir sagen können, Professor.«
    Bronski zückte den Bleistift. In Persikows Augen tanzten Fünkchen.
    »Sie wenden sich zu Unrecht an mich, ich bin kein Ornithologe. Sie hätten zu Jemeljan Iwanowitsch Portugalow von der I. Universität gehen sollen. Ich persönlich weiß nicht viel.«
    Bronski schmunzelte begeistert und gab damit zu verstehen, daß der Scherz des verehrten Professors bei ihm angekommen sei. Ein Scherz, bißchen wenig! kritzelte er ins Notizbuch.
    »Na ja, wenn es Sie interessiert, bitte sehr. Die Hühner oder Kammhühner … eine Vogelart aus der Familie der Fasanvögel …«, dozierte Persikow mit lauter Stimme und blickte dabei nicht Bronski an, sondern in die Ferne, wo er Tausende von Zuhörern vor sich sah, »aus der Familie der Fasanvögel … Phasianidae. Das Huhn ist ein Vogel mit fleischigem Hautkamm und zwei Hautlappen am Unterkiefer  … hm … manchmal ist es auch nur ein Kinnlappen in der Mitte … Nun, was noch? Die Flügel kurz und abgerundet. Der Schwanz von mittlerer Länge, ein wenig gestuft und sogar, ich möchte sagen, dachförmig, die mittleren Federn sichelartig gebogen … Pankrat, bring doch aus dem Modellraum die Nummer 705, den Hahn im Schnitt. Aber das brauchen Sie vielleicht gar nicht? Pankrat, laß. Ich wiederhole Ihnen, ich bin kein Spezialist, gehen Sie zu Portugalow. Nun, ich persönlich kenne sechs Arten von wildlebenden Hühnern … hm … Portugalow kennt mehr … in Indien und auf dem Malaiischen Archipel. Zum Beispiel das Bankivahuhn oder Kasintu, es lebt in den Vorbergen des Himalaja, in ganz Indien, Assam, Birma … Das Gabelschwanzhuhn oder Gallus Varius lebt auf Lombok, Sumbawa und Flores. Auf der Insel Java gibt es den prachtvollen Gallus Äneus, und im Südosten Indiens kann ich Ihnen das sehr schöne Sonneratshuhn empfehlen. Nachher zeige ich Ihnen eine Zeichnung. Auf Ceylon finden wir noch das Stanleyhuhn, das sonst nirgends vorkommt.«
    Bronski saß mit weit aufgerissenen Augen und kritzelte.
    »Was wollen Sie noch wissen?«
    »Einiges über Hühnerkrankheiten«, flüsterte Alfred ganz leise.
    »Hm, ich bin kein Spezialist, fragen Sie lieber Portugalow. Ja, was gibt’s denn da … Bandwürmer, Saugwürmer, Krätzmilben, Haarbalgmilben, Vogelmilben, Hühnerläuse oder Federlinge, Flöhe, Hühnercholera, kruppösdiphtherische Schleimhautentzündung … Pneumonomykose, Tuberkulose, Hühnerräude … eine ganze Menge …« Persikows Augen funkelten. »Vergiftung, beispielsweise mit Schierling, Geschwülste, englische Krankheit, Gelbsucht, Rheumatismus, Achorion Schoenleinii, eine sehr interessante Krankheit. Wenn das Huhn von ihr befallen wird, bilden sich auf dem Kamm kleine Flecke, die an Schimmel erinnern …«
    Bronski wischte sich mit einem bunten Taschentuch den Schweiß von der Stirn. »Und worin, Professor, sehen Sie den Grund für die gegenwärtige Katastrophe?«
    »Welche Katastrophe?«
    »Wie, haben Sie denn nicht

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