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Teufels Küche

Teufels Küche

Titel: Teufels Küche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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auf seine Hände hinab, ehe er Louise Veatch ansah. »Auf jeden Fall«, sagte er.
     
    Morgan Citron kam mit einer großen robusten Einkaufstasche durch das Rotholztor. Sie enthielt eine gebrauchte Olivetti Lettera 32, einen neuen Sony-Tonbandrecorder mit verschiedenem Zubehör und einen Karton mit einem hellbraunen Mohairanzug, den er bei einem Ausverkauf im Warenhaus Henshey in Santa Monica für 159 Dollar erworben hatte.
    Citron bemerkte den Umschlag auf dem Boden, als er Apartment A betrat. Als er den quadratischen, leicht getönten Umschlag aufhob, erkannte er, daß er von den Leuten bei Crane aus einem sehr teuren Papier gemacht worden war. Auf die Vorderseite hatte jemand mit schwarzer Tinte und einer sehr breiten Feder seinen Namen geschrieben. Die inliegende, sorgfältig geschriebene Mitteilung lautete: »Kommen Sie heute abend um 7 Uhr zum Essen, oder ich stürze mich in den Ozean.« Unterschrieben war diese Botschaft mit »Velveta«.
    Citron hängte gerade seinen neuen Anzug in seinen einzigen Schrank, als es an der Apartmenttür klopfte. Er ging zur Tür und öffnete. Der Mann, der davorstand, war schlank, anmutig, eher hübsch als attraktiv und kaum älter als vierundzwanzig.
    »Mein Name ist Dale Winder«, sagte er, »und ich arbeite für Ihre Mummy.«
    »Du lieber Himmel«, sagte Citron.
    »Sie möchte Sie gern sehen.«
    »Nein, danke.«
    »Liebst du deine Mutter nicht, mein Junge?«
    »Nein«, sagte Citron. »Ich liebe niemanden.«
    Dale Winder klatschte tatsächlich einmal in die Hände, offenbar vor Freude. »Oh, Sie können es zitieren! Irgendwie habe ich gewußt, daß Sie es können. Darf ich hineinkommen?«
    »Gewiß«, sagte Citron. »Kommen Sie nur.«
    Winder glitt in das Apartment und sah sich, die Hände in die Hüften gestemmt, darin um. Er trug einen weißen Kaschmirpullover, aber kein Hemd, sehr eng anliegende Jeans und Slipper von Gucci, aber keine Socken. Citron hatte den Eindruck, daß Dale Winder der Ansicht war, jeder, der Slipper mit Socken trüge, sei hoffnungslos »out«.
    »Wunder – einfach Wunder könnten mit diesem Raum vollbracht werden, und das mit so wenig Mühe und Aufwand«, sagte Winder bedauernd und schnalzte sogar ein paarmal mit der Zunge, als er das abgetretene Linoleum vor der Küchennische bemerkte.
    »Wie haben Sie mich gefunden?« fragte Citron.
    »Das war nicht schwer.«
    »Was will sie von mir?«
    »Nur mal guten Tag sagen. Es ist seit dem letzten Mal schließlich schon eine ganze Weile her, oder nicht?«
    »Noch nicht lange genug.«
    »Aber Sie werden sie doch aufsuchen?«
    »Sie ist doch nicht etwa krank, oder?«
    »Oh, lieber Himmel, nein! Sie ist kerngesund. Sie kennen Gladys doch. Nun?«
    Citron war keineswegs sicher, daß er Gladys wirklich kannte, und noch weniger war er sicher, ob er sie sehen wollte. Seine Mutter war ihm immer eine ferne Gestalt gewesen, fast der geheimnisvolle Fremde, vor dem Eltern angeblich ihre Kinder immer warnen sollen. Vor zwei Monaten hätte er abgelehnt, sie zu sehen. Vor einem Monat noch hätte er gezögert. Jetzt zuckte er nur mit den Achseln und sagte: »Okay. Gehen wir.«
    »Sie wird sich so sehr freuen. Wollen wir meinen Wagen nehmen? Ich bringe Sie dorthin und zurück. Wir haben so schönes Wetter heute, und ich habe das Verdeck aufgeklappt. Ich liebe Malibu sehr. Sie nicht auch?«
    Citron machte sich nicht die Mühe zu antworten, während er Winder in den Vorhof hinaus folgte. Am Tor drehte Winder sich um und lächelte. Er hatte eine gesunde Sonnenbräune und hübsche weiße Zähne und ein Grübchen in einer Wange, und sein linkes Auge war etwas blauer als sein rechtes. »Es interessiert mich brennend: War er wirklich ein Kannibale?«
    »Natürlich«, antwortete Citron. »Jeden Tag gab’s Missionarsragout.«
    »Oh, mein Gott, das ertrage ich nicht!« sagte Dale Winder und erschauerte verzückt.

9
    Das Westküstenbüro von The American Investigator nahm die halbe zwölfte Etage des dreieckigen Gebäudes ein, das sich in Century City auf dem hinteren Grundstück des alten Fox-Studios erhob, aber es ähnelte in keiner Weise den Zeitungs- oder Zeitschriftenredaktionen, die Morgan Citron je gesehen hatte.
    Was Citron überraschte, vielleicht sogar etwas traurig stimmte, waren gewiß nicht die Walnußtäfelung oder der dicke maulwurfsgraue Teppich oder die schönen blonden Zwillingsschwestern, die unten beim Empfang an einem antiken Doppelschreibtisch die Stellung hielten. Er war auch nicht übermäßig beeindruckt von den

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