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Teufels Küche

Teufels Küche

Titel: Teufels Küche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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Kannibale‹ n’est-ce pas?«
    Als sie nicht antwortete, stand Citron auf, ging um den Schreibtisch, neigte sich zu ihr und küßte sie flüchtig auf die Wange. »Gladys, du hättest den Geheimdienst wirklich nie verlassen sollen.«
    Sie sah zu ihm auf. Ihr Blick war jetzt kalt. »Sie haben deine ziemlich teure Ausbildung bezahlt.«
    »Und dafür werde ich immer dankbar sein.«
    Er drehte sich um und ging zur Tür, blieb aber stehen, als sie hinter ihm herrief.
    »Morgan.«
    Er drehte sich nicht um. Er wartete lediglich mit der Hand auf der Klinke.
    »Wir haben zuviel in die Geschichte investiert, um auf sie zu verzichten.«
    »Du könntest sie abwürgen.« Als sie nicht antwortete, sagte er: »Also, mach’s gut, Gladys«, und runzelte dann die Stirn, als ob er versuchte, sich an etwas zu erinnern, das er zu sagen vergessen hatte. »Ach ja«, sagte er schließlich, »und vielen Dank für die Uhr.«
    Citron verließ die Redaktion des American Investigator und fuhr mit dem Aufzug ins Erdgeschoß hinunter. Er machte sich nicht die Mühe, nach Dale Winder zu rufen. Statt dessen wanderte er ein paar Blocks weit, ging in Harrys Bar hinunter und bestellte sich eine Flasche Becks Bier.

10
    Draper Haere saß in seinem winzigen Büro unten im Erdgeschoß und arbeitete an einer seiner Krankheiten, als Morgan Citron ihn schließlich erreichte. Um seine Mitarbeiter zu beschäftigen und die Gehälter zahlen zu können, übernahm Haere während der politisch stillen Zeiten die Beratung und den Versand von Rundschreiben für ein halbes Dutzend Organisationen, die versuchten, Leute mit Erkrankungen des Herzens, der Lungen, der Augen, des Verstandes und des Nervensystems zu heilen oder ihnen wenigstens zu helfen. Das Schreiben, das er redigierte, als Citron anrief, war für eine Organisation, die behauptete, sie könne die Leiden behinderter Kinder mildern, an die Haere immer als die kleinen Krüppel dachte. Das war seine Lieblingskrankheit. Haere übernahm diesen Dienst gegen die Erstattung seiner eigenen Kosten, und im Lauf der Jahre hatte er beachtliche Spenden eingetrieben. Er war sich allerdings keineswegs sicher, daß das Geld sinnvoll ausgegeben wurde.
    Als seine Sekretärin ihm meldete, daß Mr. Citron am Telefon sei, nahm Haere den Hörer ab und meldete sich mit Hallo.
    »Ich habe versucht, Sie zu erreichen«, sagte Citron.
    »Ich war in einer Sitzung«, sagte Haere und erinnerte sich mit großem Vergnügen und ohne jedes Schuldgefühl an seinen Aufenthalt im Sir Galahad Motel. »Was gibt es denn?«
    »Etwas, worüber wir besser persönlich sprechen sollten.«
    »Gut. Wo sind Sie?«
    »In Harrys Bar.«
    »Geben Sie mir fünfzehn – sagen wir zwanzig Minuten Zeit.«
    »Okay«, sagte Citron.
    Haere brauchte fünfunddreißig Minuten, um die Tiefgarage im Komplex des Century City zu erreichen, in dem sich Harrys Bar befand. Er hätte es schneller geschafft, wenn er nicht Schwierigkeiten gehabt hätte, seinen Wagen zu finden. Weil er soviel zu Fuß ging, benutzte Haere manchmal seinen Wagen tagelang nicht und vergaß oft, wo er ihn geparkt hatte. Der Wagen war ein riesiges, sechzehn Jahre altes, dunkelgrünes Cadillac-Cabriolet, das Haere statt eines Honorars von einem seiner ersten Klienten angenommen hatte, einem Kongreßkandidaten, der 1968 vergeblich versucht hatte, gegen die Flutwelle der Republikaner zu schwimmen. Es war erst der zweite Wagen, den Haere je besessen hatte, und weil er bei einem Minimum an Wartung, außer der Batterie, die er immer wieder erneuern mußte, störungsfrei lief, sah Haere keinen Anlaß, ihn zu ersetzen. Haere war wirklich nicht sehr an Autos interessiert, obwohl er mal um einen Ford T zweifelhafter Herkunft gefeilscht hatte, den William Jennings Bryan angeblich 1923 gekauft hatte.
    Der Mittagsbetrieb war zum größten Teil vorüber, als Haere in Harrys Bar kam und sich zu Morgan Citron an einen Tisch in der Nähe des Eingangs setzte. Citron hatte eine Tasse Kaffee und einen leeren Sandwichteller vor sich.
    »Tut mir leid, daß ich so spät komme«, sagte Haere.
    »Ich hab inzwischen was gegessen. Wollen Sie auch etwas?«
    Haere schüttelte den Kopf. »Ich lasse das Mittagessen normalerweise ausfallen.« Er sah sich prüfend um. »Wollen wir uns hier unterhalten?«
    »Warum nicht?« Citron winkte der Kellnerin, die eine frische Kanne Kaffee und eine Tasse mit Untertasse für Haere brachte.
    Als sie wieder fort war, fragte Haere: »Nun?«
    »Diese beiden Burschen, die da gestern nacht bei Ihnen

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