Teufelsbande: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)
Grabowski. Chris forderte uns recht unverblümt auf, Wehner auch das Tötungsdelikt an Kohlberger anzulasten, und hat uns im selben Atemzug ein paar Personen genannt, die wir nicht behelligen sollen. Er begründet das damit, dass nur auf diesem Weg ein offener Krieg zwischen den Offenbachern und den Frankfurtern vermeidbar sei.«
»Das alte Lied«, stöhnte die Staatsanwältin und verdrehte die Augen. »Frankfurt gegen Offenbach, und wenn es nicht die Polizeipräsidien oder unsere Fußballfans sind, dann auch noch die Motorradgangs. Ich halt’s nicht aus.«
»Was kann ich dafür?«, verteidigte sich Brandt. »Ich gieße schließlich kein Öl ins Feuer.«
»Ja, sorry, war nicht so gemeint. Was hältst du denn von diesem Chris? Ist er glaubwürdig?«
»Als Exkollege schon irgendwie«, antwortete Brandt und rieb sich erneut das Kinn. »Es ist jedenfalls plausibel, dass er Angst vor dem Auffliegen hat, denn Polizisten und Biker vertragen sich nicht. Das steht angeblich sogar in den Statuten jeder Motorradgang, die etwas auf sich hält. Keine Bullen im Club. Na, zumindest bei denen, die gegen die gesellschaftlichen Normen rebellieren wollen.«
»Du hast eifrig recherchiert, wie ich sehe.«
»Was bleibt mir anderes übrig? Aber ich möchte mich nicht mit fremden Federn schmücken. Dieter Greulich verfügt über profunde Kenntnisse, das muss der Neid ihm lassen.«
»Stimmt, ich kenne ihn zwar nicht gut, aber seit Jahren kommen immer mal wieder kleinere Erfolge aus dem Sitten- und Rauschgiftdezernat gegen diese Outlaw-Typen. Leider trifft es dabei stets nur die kleinen Handlanger«, seufzte Elvira und zuckte resigniert die Schultern.
»Summa summarum haben wir dem Club in den letzten fünfzehn Jahren keinen nennenswerten Schaden zugefügt«, bestätigte Brandt zerknirscht, »deshalb bin ich ja auch geneigt, zunächst einmal Leanders Rat zu folgen. Vorläufig, versteht sich, denn ich will natürlich am Ende alle Täter hinter Gittern haben. Was meinst du dazu?«
»Wie gesagt, ich werde mich mit dem LKA in Verbindung setzen und mal hören, was bei denen läuft. Es gab weiß Gott genügend Vorfälle im Rhein-Main-Gebiet, in die Ermittler aus Wiesbaden involviert waren. Leider haben sie sich nicht gerade mit Ruhm bekleckert, von daher könnte es schwierig werden, auf allzu euphorische Kooperationsbereitschaft zu stoßen. Aber das lass mal meine Sorge sein.«
Elvira zwinkerte spitzbübisch, nippte an ihrem Weinglas und stellte es auf den Tisch. Peter schenkte zuerst ihr, dann sich selbst noch etwas ein. Er überlegte einige Sekunden lang mit zusammengekniffenen Augen und sagte dann: »Es besteht natürlich die Möglichkeit, dass Wehner die beiden Morde tatsächlich begangen hat. Selbst wenn nicht, könnte es sich als taktisch sinnvoll erweisen, einen zweiten Mörder in Sicherheit zu wähnen. Okay«, schloss er und nickte heftig, »dann lass uns sehen, was die Besprechung morgen früh ergibt.«
»Treffen wir uns in Frankfurt?«, vergewisserte die Staatsanwältin sich.
»Ja, wo sonst. Die bewegen sich doch niemals freiwillig nach Offenbach«, sagte Peter, meinte es jedoch weitaus weniger ernst, als er klang.
»Oh, du Armer«, lachte Elvira, »meinst du wirklich, dass die Kommissare allesamt einen Groll gegen Offenbach hegen? Von wie vielen des K 11 sprechen wir denn?«
»Mal sehen, außer Durant sind es Berger, Hellmer, Kullmer, Seidel und Kaufmann … ein halbes Dutzend«, zählte Peter schnell auf, grinste und fügte hinzu: »Ich hatte es aber nicht so gemeint. Es wäre tatsächlich logistisch etwas unpassend, wenn ich mir sechs Beamte ins Präsidium kommen lasse, während ich mutterseelenallein bin.« Mitten im Satz hatten Brandts Worte ihre Beschwingtheit verloren und einen melancholischen Klang bekommen.
»Du denkst an Nicole, hm?«, wisperte Elvira, und Peter spürte ihre Hand in seinem Nacken.
»Ja«, flüsterte er und nickte langsam.
»Es tut immer noch sehr weh, oder?«
»Hm. Bernhard drängt mich, mir einen neuen Partner zu suchen. Wir haben ein paar gute Kollegen, aber er meint jemand ganz Neues. Unsere Abteilung ist ohnehin schon knapp besetzt.«
»Ist doch gut, dass er dich mitreden lässt«, erwiderte Elvira. »Sieh es mal von der Seite, denn das läuft andernorts selten so.«
»Ja, du hast wohl recht.« Peter seufzte. »Aber das hat Zeit bis nach dem Fall, und vor allem bis nach dieser Flasche«, fügte er hinzu und schwenkte den Rotwein am Flaschenhals auffordernd hin und her.
»Hör auf zu
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