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Teufelsbande: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)

Teufelsbande: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Teufelsbande: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz , Daniel Holbe
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hör mal, immerhin ist Frankfurt Goethes Heimatstadt«, setzte Julia nach, »aber ich wusste das schon in der Oberstufe, um ehrlich zu sein. Keine Ahnung, warum ich’s mir behalten habe.«
    »Jedenfalls gibt es kaum eine bessere Umschreibung«, fuhr Alina fort. »Weder der Patient und schon gar nicht dessen Umfeld können sich erklären, woher die plötzlichen Stimmungswechsel kommen und weshalb man, obwohl man doch gerade noch die verrücktesten Pläne im Kopf hatte, nun am liebsten sterben möchte. Extrem ausgedrückt, aber so nimmt das die Umwelt eines solchen Menschen oftmals wahr. Gesteigerter Antrieb, gehobene Stimmung, überhöhte Kommunikation werden ganz plötzlich von völliger Abkapselung abgelöst. Das Dramatische dabei ist, dass Manisch-Depressive in ihren Hochs dazu neigen, Dinge ins Rollen zu bringen, denen sie in einem Tief nicht mehr gewachsen sind. Medikamente können da helfen, zeigen aber auch, was das Problem bei bipolaren Störungen ist: Geht es einem gut, setzt man die Tabletten ab, weil man sich ja übermächtig und gesund fühlt. Der Wirkstoffspiegel sinkt, und wenn das Tief vor der Tür steht, sind die Reserven verbraucht, und es nimmt einen noch mehr mit. Hat deine Kollegin nicht auch mit solchen Erfahrungen zu kämpfen?«
    »Sabine?« Julia erinnerte sich, dass Sabine Kaufmann vor einiger Zeit mit Alina in Kontakt getreten war. »Ja, richtig.«
    »Sie hat mir erzählt, dass sie dich informiert hat, aber das nur am Rande. Fakt ist, dass die auffälligen Verhaltensmuster bei einer bipolaren Störung denen einer Borderline-Störung ähnlich sein können. Ohne die Patientin persönlich kennengelernt zu haben und eine eingehende Diagnostik würde ich mich niemals festlegen. Der Grund, warum das trotzdem immer wieder so leichthin getan wird, ist, dass die unvorhersehbaren, launen- oder sprunghaften Verhaltensweisen für Borderline ebenfalls charakteristisch sind. Erzähl mir doch einmal bitte von der Frau.«
    Julia fasste zusammen, wie sie Marion Kühne wahrgenommen hatte und was sie über ihre Vergangenheit erfahren hatte, ohne ihren Namen oder den Kontext des Falles zu erwähnen. Als sie mit ihrer Beschreibung geendet hatte, dauerte es einen Augenblick, bis die Psychologin antwortete.
    »Hm«, räusperte Alina sich schließlich, »das ist eine ungute Verkettung. Nichts Ungewöhnliches, leider, aber diese Symbiose scheint krankhafte Dimensionen zu haben. Dazu kommt, dass sie ein Familienmitglied verloren hat. Du hast gesagt, die Frau habe den Tod ihres Bruders einigermaßen gefasst hingenommen, ihn aber bei eurem ersten Besuch noch geleugnet.«
    »Richtig. Sie hat sich an den Strohhalm geklammert, dass es ja nicht sein Körper sein müsse, den wir gefunden haben. Er war … ziemlich entstellt.«
    »Ich frage nicht, keine Sorge«, sagte Alina, und Julia meinte, ihr Grinsen durch die Leitung zu hören. Beinahe hätte sie sich verraten, hätte sie von einer Brandleiche gesprochen oder das Motorrad erwähnt. Letztlich wäre dies auch nicht dramatisch, denn die Kommissarin vertraute ihrer Freundin bedingungslos, aber es gab nicht ohne Grund klare Grenzen und Richtlinien.
    »Danke.«
    »Sie hat sich also, solange es ging, durch Leugnen geschützt und sich falsche Hoffnungen gemacht, womöglich, um sich der Last der Wahrheit nicht zu stellen. Das ist allerdings ein Verhalten, welches man auch als normale Selbstschutzfunktion bezeichnen kann. Wie war das mit der Krankmeldung? Sie sagte, sie leide unter Depressionen? Ist sie deshalb zu Hause? Nimmt sie Medikamente?
    »Ja, korrekt.«
    »Nun ja, es könnte durchaus eine depressive Phase sein, in der sie sich befindet. Etwas Manisches sehe ich da aber noch nicht. Weiter. Sie hat diesem Jugendfreund, wie du ihn nanntest, ein Alibi gegeben, obwohl sie vorher ausgesagt hat, alleine gewesen zu sein?«
    »Hm.«
    »Das heißt, sie könnte für ihn lügen. Und sie hat sich scheiden lassen, weil sie von ebendiesem Typen nicht losgekommen ist?«
    »Das zumindest behauptet der Exmann.«
    »Nun, also nach allem, was du mir erzählt hast, und wenn die Dinge tatsächlich so liegen, wie der Ex behauptet, kann ich zumindest verstehen, weshalb sein Verdacht auf Borderline fiel. Ob das jedoch tatsächlich zutrifft, kann ich nicht beurteilen. Borderline diagnostiziert man sich auch nicht selbst, beziehungsweise man nimmt sich nicht selbst als krankhaft gestörte Persönlichkeit wahr. Depression hingegen ist eine Volkskrankheit mit zunehmender sozialer Akzeptanz. Damit

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