Teufelsbande: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)
nichts zu wissen.
»Nicht für Wehner«, warf Brandt ein.
»Wehner, Wehner«, äffte Boeckler ihn nach. »Wehner hatte sie ja auch schon vorher. Und Lutz ist ohnehin eine Kategorie für sich. Wann wollten Sie mir eigentlich sagen, dass Sie ihn längst verknackt haben?«
»Sie wissen davon?«, fragte Brandt verwundert.
»Kam heute in den Nachrichten«, grinste Ruben Boeckler breit. »So ganz hinterm Mond lebe ich also nicht.«
»Da Sie es bereits wissen, muss ich es Ihnen ja nicht sagen«, gab Brandt schlagfertig zurück. »Wehner wird mit einem der beiden Morde in Verbindung gebracht.«
»Gut so. Er hat es verdient.« Boeckler wirkte äußerst zufrieden.
»Umfasst Ihre Kooperation mit dem LKA auch seine Person?«, wollte Durant wissen.
»Sie wissen doch«, lachte Boeckler hämisch, »über laufende Ermittlungen darf ich nicht sprechen.«
»Sehr amüsant. Ein einfaches Ja oder Nein würde mir vollkommen genügen.
»Und wir würden es vollkommen vertraulich behandeln«, bekräftigte Brandt.
»Gegen Wehner habe ich nichts vorzubringen«, erwiderte der Rocker schließlich leise, »aber wenn ich was hätte, ich würde es ausplaudern. Das würde mir leichter fallen als manch anderes, glauben Sie mir.«
Die Kommissare verabschiedeten sich, und im Hinausgehen informierte Julia Durant den kleineren der beiden Beamten, dass es möglicherweise einen weiteren Kontakt geben würde.
»Wir sind hier«, entgegnete dieser gleichgültig.
Sobald sie auf der Straße außer Sicht- und Hörweite waren, blieb Julia stehen und wandte sich an Brandt: »Was halten Sie von der Sache? Ihre düstere Miene spricht ja förmlich Bände.«
»Mir will eine Sache nicht aus dem Kopf gehen«, murmelte Brandt und knetete die Haut seines Kinns so stark, dass weiße und rote Abdrücke entstanden. »Als ich die Namen der Rocker nannte«, fuhr er fort, »was ist Ihnen da aufgefallen?«
Durant überlegte kurz. »Al, Rico und Chris meinen Sie? Er scheint seiner Sache sicher zu sein, dass Kohlbergers Tod kein, hm, Mord aus Machtgier war.«
»Er fragte ziemlich irritiert: ›Wer?‹, als ich die Namen wiederholt habe. Ist Ihnen das aufgefallen?«
»Ja. Vermutlich, weil es ein für ihn absurder Gedanke ist.«
»Das ist eine von zwei Möglichkeiten. Ich habe versucht, den Namen unseres Informanten möglichst dezent einzubringen. Er hatte zuvor nur Rico und Al erwähnt, also die beiden anderen Personen, die auf Chris’ Liste von Rockern standen, die wir unbehelligt lassen sollen. Den dritten Namen, also Chris, habe ich wie beiläufig eingestreut.«
»Und?«
»Irgendwie hatte ich das Gefühl, als sage ihm der Name überhaupt nichts.«
»Ziemlich weit hergeholt«, zweifelte Julia. »Die beiden müssen sich kennen. Immerhin geht dieser Leander dort schon seit Jahren ein und aus. Ich glaube eher, man redet sich im Club ausschließlich mit skurrilen Rufnamen an.«
»War auch nur so ein Gefühl«, erwiderte Brandt. »Lassen Sie uns irgendwo etwas zu essen auftreiben, ich bin am Verhungern.«
Donnerstag, 16:30 Uhr
M ichael Schreck kam ihr entgegen, in der Hand zwei prall gefüllte Mülltüten, als Julia Durant in Bad Vilbel parkte. Sie hatte Sabine nicht erreichen können, das Handy war entweder abgeschaltet oder der Akku leer, also war sie kurzentschlossen die kurze Strecke vom Frankfurter Norden, an der Friedberger Warte vorbei, in die Nachbarstadt hinübergefahren.
Sabines Mutter wohnte in einem tristen, zweistöckigen Reihenhaus, grau in grau, in der Alten Frankfurter Straße. Simple, klobige Bauweise, mit fleckigen, verbeulten Müllcontainern am Rand des Zugangswegs, deren Deckel Schreck gerade naserümpfend aufschob, um die Beutel darin zu versenken.
»Willkommen im Chaos«, begrüßte der Computerforensiker Julia Durant mit einem schiefen, freudlosen Lächeln. Seit zwei Jahren stand er Sabine zur Seite, als Freund und als Partner, obgleich sie ihn anfangs aus gewissen Bereichen ihres Privatlebens herauszuhalten versucht hatte. Sabine Kaufmann schämte sich nicht für ihre Mutter als Person, aber sie schämte sich dessen, was ihre Krankheit mit ihr anstellte, und sie hasste es, dass die Krisen sie zielstrebig immer dann heimzusuchen schienen, wenn es gerade etwas harmonisch zuging in ihrem Leben. Und irgendwann war Michael Schreck Teil des Ganzen geworden, hatte sich mit ihr gemeinsam Zugang zur Wohnung von Frau Kaufmann verschafft, die dort, von einem schweren psychotischen Schub gefangen, hinter heruntergelassenen Rollläden und
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