Teufelsbande: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)
…?« Kühnes Stimme klang besorgt, aber nicht übermäßig nervös.
»Nein, ihren Bruder«, gab Brandt nun preis.
»Ah.«
»Würden Sie uns bitte sagen, wo Sie in der Nacht von Samstag auf Sonntag waren?«
»Wie? Ich? Verdächtigen Sie mich etwa?« Kühne fuhr sich nervös über die Stirn.
»Standardfrage«, erwiderte Brandt, »die stellen wir jedem. Also?«
»Das ist einfach zu beantworten«, entgegnete Kühne und tippte auf einen flachen Wochenplaner, der vor ihm auf dem Tisch lag und mit zahllosen Bleistiftnotizen vollgekritzelt war. »Wir sind am Quartalsende, da verbringe ich das Wochenende meist hier am PC. Oder zu Hause. Ich war am Samstag lange hier, die genaue Uhrzeit können wir wohl dem Computer der Schließanlage entnehmen. Es war jedenfalls schon dunkel, als ich nach Hause fuhr. Den Rest des Abends war ich allein. Bezeugen kann das aber wohl niemand. Und jetzt sagen Sie mir endlich, was mit meinem Exschwager passiert ist.«
»Hatten Sie ein gutes Verhältnis zueinander?«, fragte Brandt unbeirrt weiter.
»Ich und Martin? Ähm, natürlich«, entgegnete Kühne, »immerhin war ich mit seiner Schwester verheiratet.«
»Das haben wir auch schon herausgefunden«, erwiderte Brandt. »Sie kannten Marions Bruder aber nicht erst seit Ihrer Hochzeit, nicht wahr?«
»Wie meinen Sie das?«
»Na, kommen Sie. Sie waren damals, vor der Jahrtausendwende, doch noch im Krankenhaus tätig.«
»Ja und?«
»Muss ich Ihnen das wirklich vorbeten? Marion Kühne war eine Patientin, ein nächtlicher Notfall, übel zugerichtet. Soll ich die Akte holen gehen? Ich hab sie unten im Wagen.«
»Nein, schon gut«, wehrte Dr. Kühne ab, dem das Unbehagen nun deutlich anzusehen war. Die Gegensprechanlage summte, er presste hastig auf einen der Knöpfe und bellte ein »Jetzt nicht!« ins Mikrofon.
»Sie haben Marion damals als Patientin kennengelernt, ist das so weit korrekt?«
»Ja. Ist das etwas Schlimmes? Jede dritte Ehe rührt aus einer Romanze am Arbeitsplatz her.«
»Wenn Sie meinen. Aber falls diese Statistik überhaupt stimmt, dann dürfte sich das vor allem auf Kollegen beziehen, also in Ihrem Fall vielleicht Frau Ludwig. Die haben Sie damals doch auch schon gekannt, stimmt’s? Aber Arzt und Patient, na, ich weiß nicht.«
»Ist das relevant für Ihre Mordermittlung?« Kühne schien sich wieder gefangen zu haben, und er klang nun eisig und abweisend.
»Das wissen wir noch nicht«, antwortete Brandt unverbindlich. »Aber die Rolle Ihrer Exfrau ist in jedem Fall relevant für uns. Wissen Sie etwas über das Verhältnis zu ihrem Bruder?«
»Nicht wirklich«, murmelte Kühne. »Er ist einer dieser unnahbaren Typen, die aber stets über alles informiert sein wollen. Ein Kontrollfreak, wenn Sie mich fragen, aber er hat Marion wohl auch durch eine schwere Kindheit begleitet. Sie sind ohne Eltern aufgewachsen, Pflegefamilien, soweit ich weiß, und haben eine Art Symbiose gebildet. Sie waren zwar so unterschiedlich wie Tag und Nacht, aber konnten auch nicht ohneeinander.«
»Hm. Und dieser Vorfall damals?«
»Darüber darf ich nicht sprechen«, blockte Kühne ab. »Schweigepflicht verjährt nicht.«
»Vergewaltigung schon«, mischte sich Julia in Gespräch. »Sie dürfen uns Ihren Bericht von damals durchaus kommentieren, denn er ist in der Akte aufgeführt.«
»Es hat keine Anklage gegeben«, wich Kühne aus.
»Aber Sie haben ganz eindeutig einen sexuellen Übergriff gegen den Willen der Frau bescheinigt«, beharrte die Kommissarin. »Es handelt sich um Ihre spätere Ehefrau, bedeutet das Ihnen gar nichts?«
»Frau Durant, ich habe dazu nichts weiter zu sagen«, bekräftigte der Arzt und verschränkte die Arme. »Außerdem ist Marion ja nun nicht mehr meine Frau.«
»Ich habe sie gestern kennengelernt«, erwiderte Julia kühl. »Wenn Sie mich fragen, macht sie diese Geschichte von damals kaputt, und dass sie nun auch noch ihren Bruder verloren hat, wirkt sich auch nicht gerade förderlich auf ihr Befinden aus. Denken Sie mal darüber nach, was ihr jetzt helfen würde, auch wenn Sie nichts mehr für sie empfinden.«
»Dass ich nichts mehr für sie empfinde, habe ich nicht gesagt«, widersprach Kühne.
»Dann denken Sie bitte darüber nach«, forderte die Kommissarin, erhob sich und legte ihre Visitenkarte auf den Tisch. »Ich melde mich morgen bei Ihnen, es sei denn, Sie melden sich vorher. Als Nächstes werden wir Ihre Exfrau noch einmal besuchen, nur damit Sie Bescheid wissen. Es liegt bei Ihnen.«
»Sie
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