Teufelsbande: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)
legen ein ganz schönes Tempo vor«, kommentierte Peter Brandt den Verlauf und das abrupte Ende der Vernehmung des Arztes, als die beiden wieder im Auto saßen. »Nicht dass es mich stört, wir waren ohnehin an einem toten Punkt, aber ich lasse mir das Heft nur ungern aus der Hand nehmen.«
»Das habe ich mir auch gedacht, als ich übernahm«, gab Julia kleinlaut zu. »Aber gewisse Dinge bringen mich auf Hundertachtzig, und da gehört sexuelle Gewalt dazu. Ein Arzt, der zuerst eine Vergewaltigung diagnostiziert, dann schweigend erträgt, dass es keine Ermittlung gibt, und anschließend das Opfer heiratet, hm, das macht auf mich alles einen sehr suspekten Eindruck.«
»Nicht zu vergessen, dass er sich anschließend wieder hat scheiden lassen, aber trotzdem noch positive Gefühle für sie zu haben vorgibt«, murmelte Brandt und rieb sich die Schläfe. »Halten Sie ihn denn, so ganz allgemein, für glaubwürdig?«
»Fachlich bestimmt. Falls Sie die damalige Diagnose meinen. Sonst hätte er sie längst widerrufen oder zumindest zu relativieren versucht. Menschlich blicke ich da noch nicht so ganz durch, darüber muss ich in Ruhe nachdenken. Und Sie?«
»Ich stimme Ihrer Analyse zu. Warten wir ab, ob er sich meldet.«
»Oder ob er die Kühne informiert«, warf die Kommissarin ein, und Brandt nickte zustimmend, während er den Wagen startete.
»Das werden wir ja gleich sehen.« Er fuhr los und suchte mit den Fingern den Schalter des Radios.
»Haben Sie eigentlich CDs dabei?«, wollte Julia wissen. Die Kommissarin hörte nicht selten Radio, doch manchmal gingen ihr die Werbung und die Beiträge auf die Nerven, denn sie konnte nur bei Musik abschalten. Bei ordentlicher Musik.
»Im Handschuhfach dürfte eine CD von Michelle liegen, aber ich bezweifle, dass das Ihre Richtung sein wird«, grinste Brandt.
»Wieso, sehe ich etwa aus, als würde ich nur auf Schlager und Klassik stehen?«, erwiderte Julia ebenfalls grinsend und öffnete die Klappe des Fachs. »Darf ich?«
»Nur zu.«
Sie griff zwischen Papieren und dem Serviceheft des Wagens hindurch, vorbei an einem Päckchen Taschentücher und zwei Kugelschreibern, und fischte zwei selbstgebrannte CDs in dünnen Plastikhüllen hervor, von denen eine unbeschriftet war und auf der anderen mit dickem grünem Edding »Summer 2009« in geschwungener weiblicher Handschrift stand. Die CD war leicht vergilbt, was nicht ungewöhnlich war, wenn sie schon seit über zwei Jahren hier im Auto lag.
»Nehmen Sie bloß nicht die andere«, mahnte Brandt mit einem kurzen kritischen Seitenblick, »es sei denn, Sie stehen auf Hip-Hop-Reggae-Techno.«
»Was denn nun?«
»Fragen Sie mich nicht nach Details, aber ich glaube, auf der 2009er ist etwas von Kid Rock, Deichkind, Lady Gaga oder Pink.«
»Hm, ich sehe, Sie kennen sich aus«, lächelte Julia anerkennend, »und solange es etwas Rockiges ist, bin ich nicht abgeneigt.«
»Immer noch eine Rockerbraut?«
»In Sachen Musik? Durch und durch. Ohne Guns N’ Roses würde ich nie eine weitere Strecke fahren. Und Sie?«
»Hardrock ist okay, aber Norah Jones hat auch einen Platz in meinem CD-Regal. Das ist total stimmungsabhängig.«
»Und davon, ob Frau Klein in Reichweite ist, vermute ich«, zwinkerte Julia schelmisch.
»Kein Kommentar«, schmunzelte Brandt. »Aber wenn ich so über Ihren Musikstil nachdenke und über den momentanen Fall, dann drängt sich mir ein lustiges Bild auf.«
»Oje, ich ahne Schreckliches.«
»Sie in ausgefranster Jeansjacke auf einer Harley unterwegs zum Open Air in Wacken«, lachte Brandt. »Der Inbegriff einer Rockerbraut, finden Sie nicht?«
»Vorher friert die Hölle zu«, konterte Julia augenrollend, musste aber selbst lachen.
Peter Brandt wurde wieder ernst. »Wo wir gerade beim Thema Rockerbraut sind. Was erwartet mich denn nun bei Kohlbergers Schwester? Schüchtern und beinahe schon verklemmt, das zumindest habe ich noch im Ohr. Aber vielleicht mimt sie nur das Mauerblümchen und ist in Wirklichkeit eine verkappte Suzi Quatro, was meinen Sie?«
»Dieser Gedanke ist mir auch schon gekommen«, gestand Julia ein, »aber ich kann es mir beim besten Willen nicht vorstellen. Machen Sie sich selbst ein Bild.«
Montag, 16:20 Uhr
M arion Kühne schien noch blasser als beim letzten Mal. Sie runzelte fragend die Stirn, als die Kommissarin ihr mit Peter Brandt bereits den dritten Partner vorstellte.
»Das muss auf Sie vielleicht etwas befremdlich wirken«, beugte Julia Durant einem entsprechenden
Weitere Kostenlose Bücher