Teufelsbande: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)
zurück, sonst bin ich nur noch die Psychotante und habe binnen weniger Wochen eine Abmahnung oder gleich eine Kündigung im Fach liegen.«
Sie stand auf, suchte eine Schachtel Zigaretten und zündete sich mit zittrigen Fingern eine an. »Verzeihen Sie, jetzt haben Sie den ganzen Frust abgekriegt, aber das ist nur die Spitze des Eisbergs. Je länger ich darüber nachdenke, umso kränker wird es«, seufzte sie. »Und dafür habe ich studiert.«
»Klingt, als wäre die Zeit reif für einen Wechsel, oder?«, fragte Brandt teilnahmsvoll.
»Weiß nicht.« Sie zuckte mit den Achseln und nahm wieder Platz. »Es klingt vielleicht absurd, aber ich liebe meine Arbeit. Ich wollte nie etwas anderes, als mit Kindern zu arbeiten. Kinder sind unsere Zukunft, und es braucht Menschen, die sie vor der Willkür schützen. Bildungspläne für Kindergärten, prekäre Arbeitsbedingungen und all dieser unselige Schwachsinn, nein, ich kann das nicht einfach ignorieren. Unsere Einrichtung könnte eine Menge erreichen, wenn sich Leitung und Personal wieder am Wohl des Kindes ausrichten würden, anstatt sich gegenseitig das Leben schwerzumachen. Nein«, winkte sie ab, »noch bin ich nicht bereit, das Handtuch zu werfen.«
»Okay, das ehrt Sie. Und um ehrlich zu sein: Die Bedingungen bei der Kriminalpolizei sind auch nicht immer rosig«, lächelte Brandt. »Aber mal etwas anderes. Wir kommen gerade aus Sachsenhausen.«
Er pausierte, und tatsächlich kam nach zwei Sekunden ein gedehntes »Jaa?«.
»Bei Dr. Alexander Kühne«, fügte er hinzu und musterte die Frau mit leicht zusammengekniffenen Augen.
»Ich weiß. Er hat mich angerufen«, gestand Marion Kühne zur Verwunderung der Kommissare ein. »Wenn Sie die Telefonunterlagen überprüfen, finden Sie’s doch ohnehin raus, oder? Dann sag ich es lieber gleich.«
»Wir dürfen nicht einfach an Ihre Verbindungsdaten«, erläuterte Brandt, was Frau Kühne zu irritieren schien. »Aber umso besser, dass Sie ehrlich sein wollen, das macht einen guten Eindruck«, ergänzte Brandt mit einem anerkennenden Nicken. »Was hat er denn gesagt?«
»Na ja, Sie haben diese alte Geschichte ausgegraben, richtig?«
Julia Durant saß wie auf glühenden Kohlen. Am liebsten hätte sie Frau Kühne direkt damit konfrontiert und sie aufgefordert, alles zu berichten. Aber sie zwang sich zur Zurückhaltung, denn Brandt machte seine Sache hervorragend.
»Wenn Sie auf die Vergewaltigung anspielen«, sagte er ohne große Umschweife, »dann ja.«
»Hat er Ihnen gesagt, dass ich vergewaltigt wurde?«
»Was sagen Sie mir denn dazu?«
»Ich weiß nicht.« Marion Kühne stockte. »Ich möchte nicht darüber reden.«
»Nicht mit mir? Soll ich für einen Moment rausgehen?«
»Nein, darum geht es nicht. Ich möchte überhaupt nicht darüber reden, um ehrlich zu sein.«
»Hm.«
»Es spielt für Ihre Ermittlung doch überhaupt keine Rolle, mit wem ich verheiratet war oder was früher geschehen ist. Alexander und ich hatten eine schöne Zeit miteinander, ich war zum ersten Mal in meinem Leben finanziell nicht am Anschlag, und ohne ihn hätte ich das Studium überhaupt nicht erst begonnen. Aber das ist lange her und vorbei, es nützt keinem etwas, die alten Geschichten aufzuwärmen.«
»Nichts für ungut, aber das würden wir lieber selbst entscheiden«, erwiderte Brandt und zuckte mit den Schultern. »Das ist unser Job, verstehen Sie, wir können da nicht aus unserer Haut.«
»Aber wenn ich es Ihnen doch sage.« Frau Kühne klang nun beinahe flehend.
»Ein Vorschlag.« Brandt hob den Zeigefinger, als wäre ihm eben die ultimative Idee gekommen. »Sie berichten uns nur so grob wie möglich, welche Rolle Ihr Bruder damals gespielt hat, und …«
»Martin? Wieso?«
»War Ihr Bruder nicht die einzige Person, die Sie im Krankenhaus besucht hat? Hat er Sie nicht sogar bei der Einlieferung begleitet?«
»Hat Alexander also doch …«, stammelte Marion, verstummte abrupt, und ihre Pupillen weiteten sich vor Schreck. Aber es war zu spät, sie hatte sich längst verraten.
»Dr. Kühne hat überhaupt nichts verraten, nein«, sagte Brandt. »Auf die Info über Ihren Bruder sind wir in der Ermittlungsakte gestoßen. Doch offenbar spielt Ihr Exmann ebenfalls eine Rolle.«
»Nein, verdammt«, wehrte Marion unwirsch ab. »Wie Sie richtig gesagt haben: Er ist mein Exmann. Aus und Ende. Das eine hat nichts mit dem anderen zu tun.«
»Würde er das genauso sehen, wenn wir ihn fragen?«
»Haben Sie das nicht längst?«
»Wie
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