Teufelsbande: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)
nehme an, es handelt sich dabei um besagten Gegenstand.«
»Sie sind sehr scharfsinnig«, sagte Michael, und seine Augen spiegelten Anerkennung wider.
»Das ist mein Job.«
»Ich habe die Waffe irgendwann fallen lassen. Ein Kanal, ein Schacht, das versuche ich mir krampfhaft in Erinnerung zu rufen, aber die Bilder sind nur flüchtig.«
»So wie Facetten? Oder Standbilder?«
»Ja, irgendwie beides.«
»Das ist eine Stressreaktion, nicht ungewöhnlich«, erklärte Julia rasch. »Man könnte es mit Tiefenentspannung oder Hypnose versuchen, aber ich denke, das ist bei dir nicht nötig. Du hast ja eine relativ präzise Ortsangabe gemacht. Würdest du die Kollegen bei der Spurensicherung denn nötigenfalls begleiten wollen? Das würde sich bestimmt gut machen und die Suche beschleunigen. Nicht auszudenken, wenn Kinder die Waffe finden.«
»Und was ist mit der Ballistik?«
»Das untersuchen wir im Anschluss. Wieso fragst du? Du hast doch gesagt, du hast den Mann nicht erschossen.«
»Ehrlich gesagt, glaube ich momentan gar nichts mehr. Was ist, wenn es doch eine meiner Kugeln war?«
»Michael, das sehen wir dann«, seufzte Julia. »Ich kann dir da keine Versprechungen machen. Aber ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, dass dir deine bisherige Kooperation nicht zum Nachteil gereicht. Vorausgesetzt, deine Angaben sind so wahrheitsgetreu, wie du behauptest.«
»Warum sollte ich etwas erfinden, was mich belastet?«, fragte Michael gekränkt zurück.
»Menschen lügen aus den unerfindlichsten Gründen«, konterte Julia. »Aber ich sage ja nicht, dass ich dir nicht glaube. Mir ist nur noch immer nicht ganz klar, weshalb du dich gerade jetzt an deine Eltern gewandt hast. Euer Verhältnis scheint mir doch recht, hm, belastet zu sein. Dein Vater führt ein strenges Regiment, wie?«
»Kaum auszuhalten«, murmelte Michael und nickte. »Aber Lutz macht mir mehr Angst. Bekomme ich Polizeischutz?«
»Kennt er denn diese Adresse?«
»Nein. Zumindest glaube ich nicht, dass er sie kennt. Ich habe mich immer nur mit Mike anreden lassen, und als Nachname irgendwann mal Krämer genannt. Den gibt’s wie Sand am Meer, und ich konnte das auch den Jungs in der WG glaubhaft verkaufen. Von Cramer zu Krämer ist’s nicht weit. Ich habe gesagt, das sei, damit meine Eltern mich nicht ausfindig machen können und so. Na ja, es hat letztlich niemanden interessiert. Aber diesem Lutz traue ich alles zu, der kennt genügend Leute. Also was ist mit dem Polizeischutz?«
»Darüber rede ich mit meinem Chef, und der soll mit deinem Vater was aushandeln«, wich Julia aus. »Aber wir können nicht gleichzeitig diskret vorgehen und eine Überwachung rund um die Uhr in die Wege leiten. Unser zentrales Interesse sollte darauf gerichtet sein, die Waffe zu finden und zu klären, welcher Schuss denn nun tödlich war. Umso schneller erhalten wir einen Haftbefehl für Lutz Wehner, und dann kann er dir gar nichts mehr. Du wirst jedoch aussagen müssen, und wenn du irgendeine Idee hast, wo er seine Waffen versteckt, könnte uns das enorm weiterhelfen. Er scheint ja im Moment nichts davon zu ahnen, dass du dich jemandem anvertraut hast und wir nun in seine Richtung ermitteln. Oder denkst du, er rechnet damit?«
»Nein, er weiß ja nicht, wer ich bin«, murmelte Mike, »jedenfalls hoffe ich das.«
»Dann besteht für dich oder deine Familie auch keine akute Gefahr. Wir können trotzdem die Polizeipräsenz hier im Viertel erhöhen. Okay so weit?«
»Hm, denke schon.«
»Hast du denn eine Idee, weshalb Wehner diesen Mord begangen haben könnte?«
»Nö.«
»Hat er nicht vorher oder auf der Fahrt etwas dazu verlauten lassen? Ein Nebensatz vielleicht, eine Anmerkung, irgendwas?«
»Bedaure. In meinen Augen war es nichts weiter als eine dieser beknackten Mutproben. Und davon, dass auf jemanden geschossen wird, haben wir unterwegs ja noch nicht gesprochen.«
Montag, 22:05 Uhr
P eter Brandt saß frisch geduscht mit einigen Papieren und Michelles neuem Laptop auf dem Sofa, die Beine angewinkelt, eine Flasche Wasser neben sich auf dem Tisch. Der Fernseher lief stumm geschaltet im Hintergrund, und es lag nur an Peters Bequemlichkeit, dass nicht stattdessen eine CD oder das Radio etwas Musik spielte. Er war völlig vertieft in das, was er auf dem Bildschirm las, und griff nur ab und an zu Zettel und Kugelschreiber, um sich etwas zu notieren.
Zweieinhalb Stunden vorher hatte er ein kurzes Telefonat mit Elvira Klein geführt, dienstlich und privat
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