Teufelsbande: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)
Halterung und lief quer durchs Dickicht, überquerte eine Lichtung und näherte sich schließlich einem kleinen Waldparkplatz am Rande der Landstraße. Ein erneuter Blick auf das Ziffernblatt verriet ihm, dass es beinahe elf Uhr war, der Himmel lag sternenklar über den Baumkronen. Die perfekte Nacht für seine düsteren Pläne. Wenige Minuten später erklang das ihm wohlbekannte Knattern eines Twin-Cam-Motors, und er atmete mit geschlossenen Augen dreimal tief durch. Die kühle Nachtluft schmeckte frisch, und Al bildete sich ein, es röche bereits nach Schnee. Dabei hatte er sich noch so viel vorgenommen, bevor die trübe und dunkle Jahreszeit begann, in der die teuren, schweren Maschinen vorzugsweise in der Garage stehen blieben. Ein Mal wenigstens wollte er mit seiner geliebten Frau, von der im Club niemand jemals erfahren durfte, hinunter in Richtung Alpen fahren. Das Stilfser Joch mit dem Beiwagen, sehr oft hatte er schon daran gedacht. Im Clubhaus stand sogar ein solcher Anbauwagen, der sicher ohne große Mühe an seine Harley passen würde, aber allein die Vorstellung an ein solches Unternehmen schien völlig absurd zu sein. Niemals, dachte er zähneknirschend, nicht mehr in diesem Leben …
Al zwang sich zur Konzentration, und just in diesem Moment lenkte der sich nähernde Fahrer seine Maschine auf den Parkplatz. Der geschotterte Weg veranlasste ihn, sein Tempo mit der Motorbremse zu drosseln und die Füße bereitzuhalten, um ein Ausbrechen des Vorderrads abzufangen. Doch schließlich kam er elegant zum Stehen, und das laute Knattern des Motors erstarb.
»Ohne Navi hätte ich nie hergefunden«, erklang Ricos gedämpfte Stimme unter dem Helm hervor. Er öffnete mit der Linken das Visier, während seine rechte Hand den auf dem Tank befestigten Navigationscomputer abschaltete, dessen grün glimmendes Display daraufhin erlosch. »Hier bin ich im Leben noch nicht gewesen.«
»Sei dir da mal nicht so sicher«, sagte Al leise, dann, mit mehr Elan: »Lass uns ein Stück laufen, schieb deinen Bock da vorn auf den Weg.«
»Steht deiner auch da?«
»Nein, ich bin aus der anderen Richtung gekommen. Los jetzt«, drängte Al, »wenn man uns hier sieht, bräuchten wir uns nicht so weitab vom Schuss zu treffen.«
»Wundert mich eh, dass wir das nicht im Clubhaus besprechen können«, murrte Rico, noch immer den Helm auf dem Kopf, während er sein Motorrad in die von Al genannte Richtung schob. Wenige Meter vor ihnen tat sich ein schmaler Pfad auf, der zu einem Steg führte. Ein Waldsee, zur Hälfte überwuchert, glänzte still im fahlen Mondlicht.
»Hocken hier keine Angler?«
»Nicht nachts.«
»Und Jäger?«
»Nicht hier.«
»Also, dann schieß mal los. Warum sind wir hier?«, erkundigte sich Rico, nachdem er den Helm abgenommen und an die Lenkstange gehängt hatte.
»Hast du was zum Trinken dabei?«, fragte Al.
»Bedaure. Ich hätte höchstens ein paar Gramm Gras im Angebot.«
»Macht nichts, ich hab ’nen Flachmann. Der reicht für uns beide.« Al setzte die Tasche ab und entnahm einem kleinen Fach an der Seite eine kleine, aus gebürstetem Metall gefertigte Flasche, die kaum zwei Zentimeter hoch, aber dafür so lang und breit wie ein Taschenbuch war.
»Du hast mich aber nicht hierherzitiert, nur um einen zu heben, oder?«
»Nein. Aber säßen wir im Club, würden wir jetzt auf die Toten trinken, bevor wir zum Alltagsgeschäft oder zum Feiern übergingen. Was dagegen?«
»Quatsch. Auf Matty also.«
»Ja, trinken wir auf Mattys Tod«, murmelte Al, schraubte den Deckel ab, setzte die halb volle Flasche an den geschürzten Mund und hielt sie anschließend wie zum Salutieren in die Höhe.
»Gib mal. Auf den guten alten Matty«, sagte nun auch Rico, nachdem er die Flasche gegriffen hatte, und nahm einen Mundvoll. Es schmeckte nach Gin. Rico wusste, dass Al sich nicht viel aus Whiskey machte, zumindest nicht, wenn es einen vernünftigen Wacholderschnaps in Reichweite gab.
»Bah, ein Teufelszeug«, prustete er, und seine Wangen röteten sich leicht.
»Tanqueray«, kommentierte Al knapp.
»Für Matty nur das Beste, wie?«
»Für Mattys und für Hannos Ableben, ja.«
»Auf Hanno trinke ich nicht«, erwiderte Rico trotzig und mit schwerer Zunge. Er wollte noch etwas Abfälliges hinzufügen, kam aber nicht mehr dazu.
»Brauchst du auch nicht«, schüttelte Al mit einem müden Lächeln und schüttelte den Flachmann hin und her, in dessen Innerem es gluckernd schwappte. Er war nach Ricos Schluck deutlich
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