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Teufelsberg: Roman (German Edition)

Teufelsberg: Roman (German Edition)

Titel: Teufelsberg: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Dannenberg
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Jacke.
    »Keine Ursache«, sagte er. »Darf ich dich noch mal was fragen?«
    »Bitte.«
    »Wo ist denn dein Verlobter eigentlich?«
    »Verschollen«, sagte Lotti.
    »Schon klar, aber wo?«
    »Im Memelland.«
    »Er war Soldat?«
    »Nein, er war Gutsverwalter, er ist bis zum Schluss auf dem Hof geblieben. In Mo… Mo…«
    »Und du hast ihn gar nicht gesucht?«, fragte Falko.
    »Natürlich, über das Rote Kreuz. Aber es gab keine Unterlagen. Es gab überhaupt nichts über Mo… kisch…«
    »Warum hast du dich nicht an Persecutio gewandt?«
    »An wen?«
    »Persecutio International, den Schweizer Suchdienst. Der hat doch diese Entführten in Kolumbien gefunden, letztes Jahr. Ein Freund von mir arbeitet für die.«
    »Oh.«
    »Persecutio ist weltweit vernetzt«, sagte Falko, »die finden jeden. Das gab doch diesen Skandal, weil die mit irgendwelchen Folterstaaten kooperieren. Die wühlen sich nicht durch Archive, die machen alles informell, über Kontakte, Bestechungen, Mittelsmänner. Das sind harte Hunde.«
    »Das ist sicher teuer«, sagte Lotti.
    »Stimmt. Aber zahlen muss man nur im Erfolgsfall. Die sind auf ihren guten Ruf bedacht.«
    »Das heißt, ich könnte die auch beauftragen?«
    Falko sah sie erschrocken an.
    »Jetzt noch? Das wäre ja völlig verrückt!«
    »Aber ich könnte es tun?«, fragte Lotti.
    »Nein!«, rief Falko, er klang plötzlich genervt.
    Vor ihnen drehte die wilde Kapusta die Musik auf ihrem Handy so laut auf, dass die Rhythmen aus den Kopfhörern zischten. Falko tippte ihr auf die Schulter.
    »Stell doch mal die Musik leiser, Mädchen.«
    Die wilde Kapusta drehte sich zu Falko um und begann, mit ihm zu sprechen. Sie lachte, ihre Brauen rutschten nach oben, und Falko entgegnete irgendwas und schaute Lotti nicht mehr an.
    Nach dem Abendessen ließ Lotti sich von Schwester Nina in den Wintergarten bringen. Sie kamen am Dienstzimmer vorbei, inzwischen war die Scheibe repariert worden, die Xaver zerschlagen hatte, und alles sah so aus, als wäre nichts geschehen. Lottis Rücken schmerzte, aber sie stützte sich auf ihre Gehhilfe und setzte einen Schritt vor den anderen.
    »Die Musiktherapie hat Ihnen wohl gutgetan«, sagte die Schwester, »auf einmal wollen Sie laufen. Da wird sich Herr Domke aber freuen!«
    Lotti antwortete nicht, sie keuchte, und vor Anstrengung kamen ihr die Tränen.
    Als sie endlich im Wintergarten stand, zwischen den Zweigen der Palmen, die im Halogenlicht silbrig schimmerten, rasselte ihr Atem, und ihre Arme und Beine zitterten.
    Falko saß am Tisch und kritzelte in einer Zeitschrift herum. Außer ihm war niemand dort.
    »Nach dir habe ich gesucht.« Lottis Atem ging schwer.
    »Nach mir?«, fragte Falko.
    »Ich möchte dich was fragen.«
    »Aber komm mir nicht wieder mit Persecutio. Das ist Blödsinn.«
    Er sah wütend und verlegen aus und rutschte auf seinem Stuhl hin und her. Lotti stellte sich vor, was Falko jetzt sah: eine schnaufende, verrückte alte Frau, die nach scharfem Schweiß roch, und sie schämte sich so sehr, dass ihr schlecht wurde.
    »Warum hassen mich alle für meine Treue?«, fragte sie leise.
    Falko kritzelte mit seinem Stift in der Zeitschrift, er machte wilde Zacken, wie ein Schneider, der mit der Nähmaschine über einen Riss geht.
    »Ich kann das nicht«, sagte er. »Alle wollen was von mir. Aber ich habe auch Probleme. Geh doch zu Vosskamp und frag den, ob er deinen Verlobten findet.«
    Lotti stand immer noch da, auf ihren Rollator gestützt, ihre Gelenke brannten. Sie schaute Falko an, sie fühlte sich wie ein Hund.
    »Ich möchte doch nur die Telefonnummer von Persecutio«, sagte sie.
    In der Ferne sah sie Berlin, weiß, rot, gelb und türkis, wie auf den Wachsbildern, die sie als Kind in der Schule gemalt hatte, schwarz über bunt, dann wieder eingeritzt, sodass leuchtende Punkte und Striche hervortraten.
    Falko drehte sich langsam zu Lotti um und legte die Fingerspitzen aneinander. »Diese Leute sind Profis«, sagte er, betont bedächtig. »Die suchen Drogenbosse, Untergetauchte, verschwundene Kinder. Wenn da eine alte Dame aus der Psychiatrie anruft, legen die auf.«
    »Ruf du für mich an. Du sagtest doch, du hättest da einen Freund bei Persecutio.«
    Falko hob die Hände, sah nach oben und schüttelte ein paarmal den Kopf. »Ist es das, was meine Ex mir dauernd vorwarf?«, murmelte er. »Dass ich immer Hoffnungen wecke und nichts einhalte?«
    »Bitte hilf mir doch«, sagte Lotti.
    »Mir passiert das dauernd. Erst mögen mich die Leute, dann

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