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Teufelsengel

Teufelsengel

Titel: Teufelsengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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flirrte, während Tonja durch die Programme zappte, Satzfetzen zersprangen in kleinen Explosionen.
    Bei irgendeinem Spielfilm blieb sie schließlich hängen.
    Calypso hasste John Wayne.
    Er konnte sich nicht vorstellen, in welcher Situation Romy sich gerade befinden mochte. Er hütete sich, seiner Phantasie auf die Sprünge zu helfen. Er sah immer nur ihr Gesicht vor sich.
    Ingo hatte ihn nach dem Treffen mit dem Kommissar angerufen. Er hatte keinen Optimismus versprüht.
    »Vor morgen wird die Polizei wohl nichts unternehmen«, hatte er gesagt. »Oder er hat mich grandios an der Nase herumgeführt mit seinem Pokerface.«
    Das Indianergeheul fiel Calypso auf die Nerven.
    »Müssen wir das gucken?«, fragte er.
    Sofort zappte Tonja weiter. Helen musterte ihn verstohlen von der Seite.
    Calypso hasste nicht nur John Wayne und Western. Er hasste es auch, von einem Moment auf den andern zu jemandem geworden zu sein, der seine Mitbewohnerinnen dazu brachte, ihn mit Samthandschuhen anzufassen. Er spürte, wie ihm die Tränen kamen.
    Am meisten hasste er es, zur Untätigkeit verdammt zu sein.
     
    Pia hörte das Geräusch ganz von fern.
    Ein Kratzen. Ein Winseln.
    Sie glühte vor Fieber und hörte sich selbst reden. In ihrem Kopf kreisten die Gedanken zusammen mit dem Schmerz.
    Sie hob den Kopf und ließ ihn gleich wieder sinken.
    Das Kratzen wurde drängender, das Winseln lauter.
    Irgendwo hörte sie jemanden rasselnd atmen. Und sie wusste, das war sie selbst. Es klang nicht gut. Es klang überhaupt nicht gut.
    Sterben.
    Zum ersten Mal kam ihr dieses Wort in den Sinn.
    Ihre Lippen waren geschwollen und aufgeplatzt. Sie fuhr mit der Zunge darüber.
    Wüstensand.
    Sie versuchte, sich aufzurichten. Endlich saß sie schwankend auf der Bettkante und öffnete vorsichtig die Augen. Ein kurzer Schwindel, dann blieben die Wände an Ort und Stelle.
    Pia ließ sich auf die Knie nieder und kroch auf die Tür zu. Erst als sie mitten im Raum war, merkte sie, dass die Geräusche aufgehört hatten. Vielleicht waren sie auch nie da gewesen.
    Erschöpft fiel sie zur Seite, rollte sich auf dem kalten Boden zusammen und sank hinab in eine Ebene der Wirklichkeit, in der ihr nichts und niemand etwas anhaben konnte.
     
    Vero hatte seine Wunden versorgt und sich eine Weile im Spiegel betrachtet. Sein Körper war übersät mit Narben, gezeichnet vom Schmerz. Askese war der einzige Weg für ihn, Frieden zu finden. Und nur im Zustand der inneren Ruhe wagte er es, Satan herauszufordern.
    Alte Narben neben jungen. Dazwischen die frischen Wundränder. Manchmal nässten die Wunden wochenlang, eiterten oder bluteten. Manchmal entzündeten sie sich so stark, dass der Körper sich mit Fieber wehrte.
    Vero ertrug es ohne zu klagen.
    Er streifte sich Unterwäsche über und unterdrückte ein Stöhnen. Als er in sein Gewand schlüpfte, brach ihm der Schweiß aus und er taumelte.
    Aber er hatte keine Zeit, sich um sich selbst zu kümmern. Er wollte noch nach den Mädchen sehen.
    Das Treppensteigen fiel ihm schwer. Schwer atmend kam er im dritten Stock an. Er horchte an Romys Tür und schloss dann leise auf.
    Es brannte kein Licht im Zimmer. Er blieb bei der Tür stehen, um seine Augen an die Dunkelheit zu gewöhnen. Schließlich konnte er das Mädchen erkennen. Sie lag im Bett und schlief. Er ging näher heran und horchte auf ihre Atemzüge.
    »Du hättest nicht hierher kommen sollen«, sagte er leise.
    Sie bewegte sich ein wenig, schlief jedoch weiter.
    »Du hättest dich mir nicht in den Weg stellen dürfen.«
    Das Mädchen öffnete die Augen. Sie blinzelte verwirrt, dann erkannte sie ihn, setzte sich abrupt auf, wich bis ans Kopfende des Betts zurück und presste sich die Bettdecke vor die Brust.
    Vero verabscheute ängstliche Menschen.
    Wortlos verließ er das Zimmer und schloss ab. Er empfand kein Bedauern für dieses Mädchen. Sie hatte ihr Recht auf Leben verwirkt. Jetzt musste sie die Konsequenzen ihres Handelns tragen.
    Die Kälte draußen raubte ihm beinah den Atem. Eiszapfen wuchsen an den Schuppendächern. Der Mond goss silbriges Licht auf den Weg.
    Die Stille war groß und dicht.
    Vero empfand seine Schmerzen wie einen Schutzschild, als er die Tür zu Pias Zimmer aufschloss. Wolken hatten sich vor den Mond geschoben und verschluckten das Licht, deshalb dauerte es eine Weile, bis Vero den leblosen Körper auf dem Boden entdeckte. Rasch schloss er die Tür, machte Licht und beugte sich über das Mädchen.
    »Pia. Hörst du mich?«
    Sie reagierte

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