Teufelsengel
verwegen aus, wie der Hund eines Piraten.
Calypso begleitete die beiden zur Tür.
»Willst du nicht doch lieber …«
Pia drehte sich zu ihm um. Sie streckte ihm lächelnd die Hand hin. Dann überlegte sie es sich anders, stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn auf die Wange.
»Danke, Cal. Vielen Dank für alles.«
Calypso sah ihr nach, wie sie die Treppe hinunterging. Er hörte Snoop voller Vorfreude hecheln. Dann fiel unten die Haustür ins Schloss.
Ein kalter Lufthauch kam heraufgeweht und ließ Calypso frösteln.
Kapitel 7
Schmuddelbuch, Donnerstag, 13. November, Diktafon
Ich befinde mich in Alices Zimmer. Allein. Ihre Mutter ist unten in der Küche.
»Schauen Sie sich ruhig um«, hat sie gesagt. »Ich glaube, Alice hätte nichts dagegen.«
Journalisten sind Voyeure.
Sonst könnten sie ihren Job nicht machen.
Behauptet Cal.
Cal ist extrem.
Ich weiß nicht, wo ich anfangen, wonach ich suchen soll. Stehe in der Mitte des Zimmers und drehe mich um mich selbst. Und sehe all die Spuren, die Alice hinterlassen hat.
Was glaubst du, Cal, zu welcher Art Journalistin werde ich einmal gehören?
Jeden einzelnen verdammten Tattooladen hatte Bert Melzig abgeklappert. Er hatte eine Menge über die Kunst des Tätowierens erfahren. Und über ihren Missbrauch. Über all die Scharlatane und schwarzen Schafe, die es in dieser wie in jeder Branche gab. Er war den unterschiedlichsten Typen begegnet und jeder nur vorstellbaren Form von Tattoo.
Doch er hatte nichts über das Motiv herausgefunden, für das Thomas Dorau sich entschieden hatte, und es hatte sich niemand zu dieser Arbeit bekannt.
Das Foto, das er in jedem Laden und jedem Studio herumgezeigt hatte, war den Strapazen nicht gewachsen gewesen. Es hatte Knicke und Eselsohren und war fleckig und abgegriffen.
Bert hatte es an das eine Ende seiner Pinnwand geheftet und ließ nun den Blick prüfend über das Material gleiten, das er bisher zusammengetragen hatte.
Aufnahmen der Leiche und ihres Fundorts. Fotos vom noch lebenden Thomas Dorau. Eine stark vergrößerte Aufnahme seines Tattoos. Ein Stadtplan von Köln, auf dem Bert den Wohnort des Toten mit einem roten und den Fundort der Leiche mit einem gelben Edding markiert hatte.
Am anderen Ende der Pinnwand hatte er Namen und Daten der übrigen Mordopfer befestigt und zwar in der Reihenfolge ihres Todes. Mona Fries. Alice Kaufmann. Ingmar Berentz. Auf einem zweiten, wesentlich kleineren Stadtplan hatte er auch ihre Wohnorte und die Fundorte der Leichen rot und gelb markiert.
Es gab keinen zwingenden Grund, einen Zusammenhang der Morde anzunehmen, im Gegenteil. Dadurch, dass bei jedem Mordopfer eine andere DNA sichergestellt worden war, hatte sich der Gedanke an einen Serienmörder von selbst erübrigt.
Die einzelnen Mordkommissionen tauschten Informationen untereinander aus. Es gab gemeinsame Besprechungen. Aber letztlich arbeitete doch jede für sich. Aus diesem Grund hatte schon so mancher Kollege einen misstrauischen Seitenblick auf Berts Pinnwand geworfen.
Bert hatte keine Erklärungen dazu abgegeben. Er kam niemandem ins Gehege, mischte sich nicht ein, überschritt keine Grenzen, provozierte nicht. Und deshalb dachte er nicht daran, sich für seine Arbeitsweise zu rechtfertigen.
Abgesehen davon, dass alle Morde in Köln verübt wurden, gab es keinen gemeinsamen Nenner. Keinen Berührungspunkt, der einen hätte stutzen lassen.
Trotzdem sagte Berts Instinkt, dass da etwas war. Dass die Morde nicht unabhängig voneinander geschehen waren.
Jeder Serientäter hatte seine eigene Handschrift. Das wusste Bert aus jahrelanger Erfahrung. Er wusste aber auch, dass es Täter gab, die ihre Handschrift akribisch verwischten. Die falsche Spuren legten, die Gewohnheiten und Eigenarten anderer Täter imitierten und Katz und Maus mit den Ermittlern spielten.
Warum sollte das nicht auch hier der Fall sein?
Bert hatte diese Vermutung bei einer Morgenbesprechung geäußert und nichts als große Lustlosigkeit und allgemeines Gähnen damit ausgelöst.
Gut, hatte er gedacht. Dann eben nicht.
Er war daran gewöhnt, seine Wege abseits der üblichen Routen zu gehen. Auch allein zu arbeiten. Gegen die Regel. Anders.
Er würde sich hier nicht umkrempeln lassen.
Sein Blick begegnete dem des noch lebenden Thomas Dorau. Auf dem Foto stand der junge Mann bis zu den Knien im Wasser, tropfnass, eine Taucherbrille lässig in der Hand. Mit strahlendem Lachen blickte er in die Kamera.
Und direkt in
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