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Teufelsengel

Teufelsengel

Titel: Teufelsengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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keine Antwort erwartete. Deshalb schwieg Bert. Es war das einzige Geschenk, das er dieser Frau machen konnte. Schweigen und Zuhören.
    »Ich habe es nicht verstanden. Und Corinna ebenso wenig. In drei Monaten hat das arme Mädchen fast zehn Kilo abgenommen. Aber Thomas war nicht zu einem Gespräch bereit, nicht mit ihr und nicht mit mir, obwohl ich so gern zwischen den beiden vermittelt hätte.«
    Sie wischte sich noch einmal über die Augen und verstaute das Taschentuch in ihrem linken Ärmel. Gab sich einen Ruck. Hob entschlossen den Kopf.
    Um der Welt die Stirn zu bieten. Und ihrem Unglück.
    Doch das würde ihr nicht gelingen. Haltung verminderte den Trauerschmerz nicht. Sie gab ihm nur ein anderes Profil.
    »Ich werde meinen Sohn auf seinem letzten Weg begleiten«, sagte Frau Dorau. »Und wenn die Ärzte sich querstellen, werde ich mich selbst entlassen. Ich weiß sowieso nicht, was ich hier soll. Zugrunde gehen kann ich auch zu Hause.«
    »Frau Dorau …«
    Sie blickte aus dem Fenster. Wie in Stein gegossen.
    Bert spürte, dass sie kein Wort mehr sagen würde. Er stand auf und griff nach seinem Mantel, den er über das Fußende des Betts gelegt hatte.
    Zum Abschied berührte er sacht ihre Schulter und verließ die Frau, die sich innerlich darauf vorbereitete, ihren einzigen Sohn zu Grabe zu tragen.
     
    Es war schrecklich kalt. Romy konnte sich nicht erinnern, jemals einen so frostigen November erlebt zu haben. Die Pfützen auf den Wegen waren kleine schmutzige Spiegel. Die Teiche in den Gärten lagen unter einer Decke aus Eis. Nicht mehr lange, und die Kinder würden gefahrlos über Weiher und Seen schlittern können.
    Romy hatte ihre Arbeit in der Redaktion erledigt. Endlich. Langweilige Materialsammlung für Greg, diesmal zum Thema  Wirtschaftskrise und Kultur. Greg bestand darauf, dass sie ihren Alltagstrott beibehielt.
    »Ein guter Journalist muss fähig sein, in mehreren Töpfen gleichzeitig zu rühren«, hatte er ihr zum x-ten Mal eingeschärft und zur Bekräftigung seiner Worte den Zeigefinger erhoben.
    Romy sträubte sich nicht, wenn er ihr Arbeiten übertrug. Sie war hier, um zu lernen, und Multitasking gehörte ganz einfach dazu. Aber heute hatte Greg es wirklich übertrieben. Seit sie von ihrem Gespräch mit Sylvia Kaster zurück war, hatte er ihr keine freie Minute gegönnt.
    Sie stellte den Kragen ihrer Jacke hoch und zog sich den Schal fester um den Hals. Ihre Augen tränten, und wenn sie durch den Mund einatmete, fing sich die eisige Luft schmerzhaft in ihren Lungen.
    Scheißwetter für eine Beerdigung, dachte sie.
    Greg hatte ihrem Wunsch entsprochen, morgen an der Beisetzung Thomas Doraus teilnehmen und einen kurzen Artikel darüber schreiben zu dürfen. Romy war noch nie auf einer Beerdigung gewesen. In ihrem Innern hatte sich ein Unbehagen breitgemacht, das sie vergeblich zu ignorieren versuchte.
    Sie war heute mit den Öffentlichen unterwegs gewesen und jetzt auf dem Weg nach Hause, um ihren Wagen zu holen. Nachdem Greg sie schließlich hochzufrieden entlassen hatte, war ihr noch genügend Zeit für ihre eigenen Recherchen geblieben, und so hatte sie sich vorgenommen, kurz nach Weidenpesch zu fahren.
    Dort hatte Mona Fries gelebt, das erste Mordopfer, das im Mai im Stadtwald gefunden worden war. Sie hatte in der Torgaustraße gewohnt, einen Steinwurf von der Pferderennbahn entfernt. Romy hatte keinen Plan, hatte nicht überlegt, wie sie  vorgehen wollte. Sie hatte beschlossen, es einfach auf sich zukommen zu lassen.
    Während sie durch die Kälte stapfte, dachte sie über Alices Tagebuch nach, das sorgfältig verstaut in ihrer Tasche steckte. Sie hatte niemandem davon erzählt. Auch Greg nicht, der manchmal ziemlich den Moralapostel raushängen ließ.
    Sie kam sich vor wie ein Kind, das einen Zauberkasten aus dem Spielzeugladen hat mitgehen lassen, den es trotz aller Gewissensbisse erst dann zurückbringen kann, wenn es herausgefunden hat, welch eine Welt an Wundern er enthält.
    Romy schloss die Haustür auf, ging die Treppe hoch und klingelte bei Cal.
    Manchmal, wenn sie sich mehrere Stunden nicht gesehen hatten, kam sein Anblick ihr merkwürdig fremd vor. Gleichzeitig war Cal ihr geradezu unheimlich vertraut. So ähnlich hatte sie empfunden, als sie vor Jahren die Lieblingspuppe ihrer Kindheit auf dem Dachboden der Eltern ausgegraben hatte.
    Cals dunkelblondes Haar. Sein schmales Gesicht. Das Grau seiner Augen, das sich bei Sonnenschein in ein nahezu unverschämtes Blau

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