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Teufelsengel

Teufelsengel

Titel: Teufelsengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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seine Mutter lebt und schon sein Vater beigesetzt wurde. Plattes Land, so weit das Auge reicht, dabei ist es nur ein Katzensprung bis Köln.
    Ich bin nervös. Ich war noch nie auf einer Beerdigung.
     
    Vero hatte die ganze Nacht gebetet und auf ein Zeichen gehofft. Doch Gott war stumm geblieben.
    Die Brüder hatten ihr Tagwerk begonnen. Erst am Abend würden sie sich zu einer Besprechung zusammenfinden. Wichtige Entscheidungen wurden meistens von allen gemeinsam getroffen. Nur so konnte eine Bruderschaft wie ihre funktionieren. Nur so konnte Vero sich der Solidarität aller sicher sein.
    Halbwegs sicher, korrigierte er sich, denn zu großes Vertrauen war immer ein Zeichen mangelnder Intelligenz oder verkümmerter Phantasie. Er hatte schon zu viel erlebt, um nicht zu wissen, dass er sich auf keinen wirklich verlassen konnte, außer auf sich selbst.
    Vero fragte sich, was Pia draußen erlebt haben mochte. Welchen Menschen war sie begegnet? Was hatte sie ihnen erzählt?
    Absolute Ergebenheit. Das war der Anspruch, der das Leben im inneren Kreis der Gemeinschaft bestimmte. Es bedeutete auch, Stillschweigen über alles zu bewahren, was hinter den Mauern des Klosters geschah.
    Die Welt war ein feindlicher Ort. Es gab viele, denen die  Getreuen ein Dorn im Auge waren. Sie warteten nur auf eine Möglichkeit, ihnen zu schaden. Die Angriffe kamen hauptsächlich aus den eigenen Reihen, vielmehr aus den vormals  eigenen Reihen, denn inzwischen war Vero mit seiner Gemeinschaft weit davon entfernt.
    Bislang hatte er großen Wert darauf gelegt, keine Abspaltung von der Kirche zu riskieren. Noch brauchte er sie. Es hatte zweifellos Vorteile, wenn man unter dem schützenden Dach des Vatikans schalten und walten konnte. Doch es fiel ihm immer schwerer, die gegensätzlichen Anschauungen und Überzeugungen miteinander zu vereinbaren.
    Die Tugenden, die Jesus einst gepredigt hatte, wie Demut, Nächstenliebe oder Wahrhaftigkeit, waren zu bloßen Formeln verkommen, die niemand mehr fühlte, schmeckte, roch Es gab eine weitere Tugend, die Vero sich auf sein Banner geschrieben hatte.
    Geduld.
    Seine Zeit würde kommen. Dann würde er zuschlagen und all die falschen Götzen zertrümmern. Bis dahin hatte er genug damit zu tun, in seinem eigenen Haus für Ordnung zu sorgen.
    Er verlangte Gehorsam und Disziplin von denen, die ihm anvertraut waren.
    Und er besaß die Strenge, sich beides zu verschaffen.
    Seufzend streifte er sich das Messgewand über und strich die Stola glatt. Es war wieder soweit. Sally hatte sich ein wenig erholt und war für den nächsten Schritt bereit.
    Es kostete Vero allen Mut, sich dem Bösen entgegenzustellen. Mit ganzer Kraft um das Mädchen zu ringen, das sich allmählich aufzugeben drohte.
    Das Böse war überall. Vero war ihm in den unterschiedlichsten Gestalten begegnet. Und dem, der Herr über sie alle war.
    Luzifer.
    Der Zeitgeist hatte die Kirche überrollt und uraltes Wissen  ausgelöscht. Viele Priester hielten den Teufel lediglich für ein Symbol. Sie ahnten ja nicht, wie sie ihm mit ihrer Ignoranz den Weg bereiteten.
    Vero wusste es besser. Tag für Tag musste er den schleichenden Verfall eines Mädchens beobachten, auf das Luzifer Anspruch erhoben hatte.
    Tag für Tag kämpfte er dagegen an.
    Noch einmal überprüfte er, ob er an alles gedacht hatte. Buch, Weihwasser, Kreuz und Rosenkranz. Die Waffen, die er dringend benötigte. Er würde alles tun, um den Kampf um Sally zu gewinnen.
    Und keinesfalls würde er es zulassen, dass auch Pia in die Hände Satans fiel.
     
    Beerdigungen wurden für Bert langsam zur Routine. Dennoch empfand er es jedes Mal als erschütternd, wie sang- und klanglos ein Mensch von der Erde verschwand. Eine Messe oder eine Trauerfeier, ein paar Worte über den Toten, der Gang zum Grab, ein letztes Gebet.
    Und dann der Leichenschmaus.
    In Schweden, hatte Bert gehört, nahm früher der Verstorbene an seiner eigenen Totenfeier teil. Man setzte ihn auf einen Stuhl, band ihn an der Rückenlehne fest, und dann aß und trank man in seiner Gegenwart.
    Schaudernd richtete Bert seine Aufmerksamkeit wieder auf das Geschehen. Er stand ein Stück abseits und beobachtete, wie ein Trauergast nach dem andern an das Grab trat, um Erde oder eine der bereitgestellten Rosen auf den Sarg zu werfen.
    Thomas Doraus Band hatte in der Trauerhalle zwei ihrer  Stücke gespielt. Wie ein Schmerz war der erste, gleißend helle Ton der elektrischen Gitarre in die Stille gefahren. Er hatte sich ins Trommelfell

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