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Teufelsengel

Teufelsengel

Titel: Teufelsengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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sie packte.
    Wie leicht es ist, die Menschen zu manipulieren, dachte er mit einem kurzen Erschrecken, das sich in der nächsten Sekunde in wohlige Genugtuung verwandelte.
    Sie schlenderten durch den Park, Seite an Seite, und Bruder Arno vergaß darüber beinah, wie sehr er Vero verärgert hatte.
    Eine Journalistin? Und du bringst sie hierher?
    Noch nie war ihm ein so kapitaler Fehler unterlaufen. Er hatte in Panik gehandelt und überreagiert. Aber es war kein Weltuntergang. Er konnte das wieder in Ordnung bringen. Er musste das Mädchen nur eine Weile beschäftigen, bis ihr Kopf wieder klar war und sie ins Auto steigen und nach Hause fahren konnte. Nach der Menge an Tee, die sie intus hatte, würde sie sich im Nachhinein kaum an etwas erinnern.
    Aber eigentlich wollte er gar nicht, dass sie das Kloster schon wieder verließ. Es machte ihm Freude, sich mit ihr zu unterhalten. Er betrachtete sie gern. Er fühlte sich von ihr … angezogen.
    Konnte es denn nicht sogar nützlich sein, jemanden von der Presse ins Boot zu holen? Sie hatten Mitglieder aus sämtlichen Schichten der Bevölkerung gewonnen. Warum nicht eine Journalistin?
    »Ich glaube, ich sollte allmählich …« Sie blieb stehen, und für einen Moment saugten sich ihre Blicke aneinander fest. »… nach Hause fahren.«
    Die kalte Luft hatte Wunder bewirkt, aber Romy sprach immer noch sehr langsam und überdeutlich, als müsse sie sich gewaltig konzentrieren.
    »Warum so eilig?«
    Noch ein, zwei Runden, dachte er, dann konnte er sie guten Gewissens zu ihrem Wagen begleiten.
    »Wenn ich den Tag vertrödle, muss ich am Abend arbeiten.«
    Sie zögerte. Taumelte ein wenig.
    »Kannst du schweigen?«
    Bruder Arno legte drei Finger auf die Brust und machte ein angemessen feierliches Gesicht.
    Romy stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihm ins Ohr zu flüstern.
    »Die fünf Morde …«
    Über ihren Kopf hinweg erblickte er Vero und drei der Brüder, die Pia in Richtung Nebengebäude führten. Instinktiv fasste er Romy an den Schultern, um sie daran zu hindern, sich umzudrehen.
    Doch damit erreichte er genau das Gegenteil. Romy drehte sich um.
    »Das ist doch …« Sie stutzte. »Pia? Hallo! Piiia!«
    Keiner der Brüder reagierte. Auch Pia nicht, dem Himmel sei Dank. Es kam Bruder Arno so vor, als hätte Vero das Tempo unmerklich beschleunigt.
    »Wer … ist das Mädchen?«, fragte Romy verunsichert.
    »Ein Mitglied unserer Gemeinschaft«, sagte Bruder Arno betont gleichmütig und beobachtete erleichtert, wie der kleine Trupp um die Ecke verschwand.
    »Ich dachte …« Romy war sichtlich verwirrt. »Aber sie war irgendwie anders … dünner …«
    Bruder Arno behauptete nicht, dass Romy sich getäuscht hätte. Er nannte ihr keinen falschen Namen. Er war kein Lügner.
    Ein Mörder, ja, aber kein Lügner.
    Erst jetzt wurde ihm die ganze Tragweite des Geschehens bewusst. Die Mädchen kannten einander! Sein Herzschlag setzte aus.
    »Eigentlich hätte ich dir gern noch mein Atelier gezeigt …«
    Sag ja! Mach es mir nicht unnötig schwer.
    Langsam wandte Romy sich zu ihm um. Sie nickte gedankenverloren. Als sie auf das Haupthaus zugingen, schaute sie immer wieder über die Schulter zurück.
    Bruder Arno hatte keine Ahnung, wie er mit der Situation umgehen sollte. Er versuchte Zeit zu schinden. Und hoffte, alles andere würde sich dann von selbst ergeben.
     
    Erst jetzt fiel Romy auf, wie merkwürdig diese Begegnung gewesen war. Pia hätte in jedem Fall reagieren müssen. Man drehte sich doch instinktiv um, wenn man gerufen wurde.
    War es möglich, dass sie sich geirrt hatte? Dass das Mädchen im Park gar nicht Pia gewesen war?
    Auch die Mönche hatten sich verhalten, als wären sie taub gewesen. Kapuzenmänner. Unheimlich.
    Fang nicht an zu spinnen, dachte Romy. Du bist ein bisschen durch den Wind. Vielleicht zu früh wieder zur Arbeit gegangen nach der heftigen Grippe.
    »Voilà!«
    Bruder Arno stieß eine mächtige Flügeltür auf und ließ ihr den Vortritt.
    Die hohen Wände waren mit Fotografien bedeckt. Gesichter. Hände. Wasser. Wolken. Sonnenstreifen, die schräg in ein Zimmer fielen.
    Bildermelodien.
    Sie fanden ihren Weg in Romys Kopf, und Romy wusste, sie würde sie nicht mehr vergessen. Die alte Frau mit dem zahnlosen Lächeln. Die Speichelblase vor dem Mund eines Säuglings.
    »Wow«, sagte sie.
    Überall standen Körbe und Kisten, in denen Bruder Arno Materialien sammelte. Steine. Holz. Bunte Stofffetzen. Bizarr verdorrte Blumen. Auf einem langen Holztisch sah

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