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Teufelsengel

Teufelsengel

Titel: Teufelsengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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nicht richtig gesund.
    Als Cal ihr das Käsesandwich auf den Tisch stellte, hielt sie seine Hand fest.
    »Sprich mit mir, Cal.«
    Sie sah den Ärger aus seinen Augen schwinden. Er verzog den Mund zu der Andeutung eines Lächelns.
    »Bist du heute Abend zu Hause?«, fragte er leise.
    Romy nickte. Ihr Ausflug ins Kloster würde sicher nicht lange dauern. Sie wollte sich nur vergewissern, dass das Mädchen im Park wirklich nicht Pia gewesen war. Und herausfinden, ob sie sich bloß einbildete, dort irgendetwas gesehen zu haben, an das sie keinerlei bewusste Erinnerungen hatte.
    Vor allem aber wollte sie Bruder Arno noch einmal gegenüberstehen. Etwas hatte bei ihrem ersten Besuch ihr Wahrnehmungsvermögen beeinträchtigt. Die Auswirkungen ihrer Grippe. Oder die Nebenwirkungen ihrer Medikamente.
    Sie wollte sich davon überzeugen, dass an ihrer Beunruhigung, sooft sie an das Kloster dachte, nichts dran war. Und dass dieser Bruder Arno sie im Normalzustand absolut kalt ließ. Das war sie sich selbst schuldig.
    Und Cal.
    »Dann koche ich uns was Gutes, wenn hier Schluss ist.«
    Cal fuhr mit den Fingern zart über ihren Handrücken.
    Ein feiner Schmerz lief über Romys Haut. Als wäre es nicht Cal gewesen, der sie berührt hatte, sondern einer, der sie niemals im Leben berühren durfte.
     
    Pia hatte von der Existenz dieses Raums keine Ahnung gehabt. Es gab so viele Zimmer auf dem alten Klostergelände. Es gab Schuppen und Scheunen, Keller und Speicher, Nebenund Anschlussräume, Abstellkammern und was nicht sonst noch alles.
    Und es gab diesen Raum.
    In einem kleinen gemauerten Haus am Ende des Anwesens, über dessen Verwendungszweck Pia sich nie Gedanken gemacht hatte. Wenn sie es getan hätte, wäre sie wohl auf die  Idee gekommen, dass hier Gartengeräte aufbewahrt wurden und Dinge, die repariert werden mussten.
    Doch sie hatte das Häuschen nicht einmal wahrgenommen. Es war einfach da gewesen, halb von wildem Wein überwuchert, von dem jetzt im November nur das kahle Astwerk übrig geblieben war, das Mauern und Dach wie ein schwarzes Aderngeflecht überzog.
    Ein vielleicht sechzehn Quadratmeter großer Raum, spartanisch eingerichtet mit einem Tisch und vier Stühlen. Daran anschließend ein winziges Bad mit Toilette und Waschbecken.
    Als erstes hatte Pia sich zum Waschbecken geschleppt. Gierig hatte sie getrunken, getrunken und getrunken. Vielleicht, hatte sie gedacht, würde das kalte Wasser ihr Fieber ein wenig senken. Doch es lag ihr wie ein Stein im Magen und gluckerte bei jeder Bewegung.
    Dann hatte sie sich gewaschen und umgezogen. Die schmutzigen, stinkenden Sachen hatte sie zusammengefaltet und im Bad in eine Ecke geschoben.
    Jalousien aus einem transparenten Stoff hielten das Draußen fern, ohne das Licht auszuschließen, doch hierher, unter die hohen Tannen, gelangte ohnehin kaum Sonnenlicht.
    An der Stirnwand hing ein großes Kreuz. Ein Symbol des Glaubens, hatte Pia früher gedacht. Doch seit einiger Zeit war es für sie hauptsächlich ein Symbol ihrer Zweifel gewesen.
    Und nun empfand sie es als Symbol ihrer Ohnmacht.
    Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass die Fenster mit Eisengittern versehen waren. Weiße, anmutig ineinander verschlungene Linien aus hartem, unnachgiebigem Eisen. Ein Widerspruch.
    Wie alles andere in diesen Mauern auch.
    Sie hatten ihr saubere Kleidung gegeben. Aber nichts zu essen und zu trinken. Dann hatten sie sie allein gelassen.
    »Ruh dich aus«, hatte Vero gesagt, bevor er als Letzter das Zimmer verlassen hatte. Sein Blick war voller Güte gewesen und voller Verständnis.
    Doch wo sollte Pia sich ausruhen? Die Stühle waren die einzigen Sitzgelegenheiten, und sie fühlte sich so schwach, dass sie sich lieber hingelegt hätte. Nachdem sie eine Weile dagesessen und versucht hatte nachzudenken, hatte sie die Sitzkissen von den Stühlen genommen und sich daraus ein Lager auf dem Fußboden bereitet.
    Da lag sie nun und versuchte zu begreifen. Ihr Hals war rau vom Schreien. Sie sehnte sich nach einer heißen Dusche. Ihren Hunger spürte sie kaum noch. Ihr war bloß schlecht.
    Sie würden wiederkommen.
    Darauf musste sie sich einstellen.
    Sie musste das Spiel mitspielen.
    Aber wie spielte man dieses Spiel?
    Das ist kein Spiel, sagte ihre innere Stimme.
    Versuche es, widersprach eine andere Stimme in ihrem Kopf.
    Spiel um dein Leben.
     

Kapitel 19
    Schmuddelbuch, Freitag, 21. November, Diktafon
     Es hat mich zwanzig Minuten gekostet, das Eis von den Scheiben meines Wagens zu kratzen.

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