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Teufelsgrinsen: Ein Fall für Anna Kronberg (German Edition)

Teufelsgrinsen: Ein Fall für Anna Kronberg (German Edition)

Titel: Teufelsgrinsen: Ein Fall für Anna Kronberg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annelie Wendeberg
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Mit seiner orangefarbenen Mähne, der rauen Zunge und den großen Pranken erinnerte er mich manchmal an einen Löwen.

    ie Kerze war fast niedergebrannt. Das flackernde Licht malte goldene Funken auf Garrets Brusthaar. Ich rollte die Locken um meinen Zeigefinger, langsam, immer wieder. Sein Brustkorb bewegte sich auf und ab – ein stetiger, ruhiger Rhythmus – und meine Gedanken galoppierten davon.
    Ich stellte mir ein normales Leben vor. Zeitverschwendung eigentlich, doch es war wie ein Experiment von Wenn und Aber, das mich immer wieder zurück zu dem brachte, was ich jetzt war.
    Ich hatte ein Leben in Verkleidung gewählt, weil ich Ärztin sein wollte. Und damit war ich höchstwahrscheinlich die Einzige in London. Inoffiziell natürlich.
    Was für ein Mann aus mir geworden war! Ich hatte meine Art zu reden, zu gehen und mich wie ein Mann zu verhalten so vollendet, dass niemand je an meinem Geschlecht zweifelte.
    Ich hatte mich selbst in zwei Hälften gespalten: diemännliche, die ich während des Tages pflegte – Dr. Anton Kronberg, angesehener Bakteriologe –, und meine weibliche Hälfte in der Nacht – Anna Kronberg, Krankenschwester mit unziemlich kurzem Haarschnitt. Aber da ich in den Slums lebte, wo die meisten Menschen ihr Geld mit illegalen Aktivitäten verdienten, war mein abgesäbeltes Haar kein Anlass für Geschwätz. Genauso wenig wie meine Beziehung mit dem irischen Dieb.
    Garret rührte sich. Seine Hand fand mein Rückgrat und wanderte daran entlang. Er schaute mich an, und sein Atem strich über mein Gesicht. Ich küsste ihn und setzte mich auf.
    »Ist es nicht Zeit?«, fragte ich.
    »Häh?«
    »Diebesaktivitäten, Garret. Es ist fast Mitternacht.«
    »Heute nicht«, raunte er, und sein Blick fiel auf meinen Bauch. Die Hand folgte. Er zog die Narbe mit dem Finger nach und sagte stirnrunzelnd: »Wann wirst du es mir erzählen?«
    Ich schob seine Hand fort, stand auf und ignorierte die Frage.
    »Verdammt, Anna!«, grummelte er. »Du vertraust zwar darauf, dass ich dich beim Vögeln nicht zerbreche, aber alles andere bleibt in deinem Dickkopf verschlossen!«
    »Sei still, Garret«, antwortete ich ruhig. »Ich hasse es, wenn du es vögeln nennst.«
    »Was ist es denn dann? Du denkst ja nicht mal darüber nach, mich zu heiraten.«
    »Was für ein Hypokrit du doch bist«, zischte ich ihn an. Sein ratloser Gesichtsausdruck sagte mir, dass er mit dem Wort nichts anfangen konnte. Ich machte mir nicht die Mühe, es zu erklären. »Sorgst du dich plötzlich um Moral, Garret? Wie kann das sein? Es ist vollkommen in Ordnungfür dich, in Häuser einzubrechen und jeden zu verletzen, der sich zwischen dich und die Beute stellt, aber mit mir zu schlafen ohne verheiratet zu sein ist falsch?«
    Er starrte mich an, ihm fehlten die Worte. Er hatte eine Weile gebraucht, um zu akzeptieren, dass ich mir nichts daraus machte, verheiratet zu sein. Ich wollte niemandem diese Bürde auferlegen. Ich konnte noch nicht einmal Kinder bekommen.
    »Ich habe dich nie angelogen!«, protestierte er.
    Mein Blick fing den seinen ein, bis seine Augen das aggressive Schimmern verloren hatten. Ich setzte mich neben ihn. »Habe ich dich je angelogen, Garret? Ich habe nie so getan, als könnte ich dir mehr geben. Ich habe immer gesagt, dass ich dir nicht all deine Fragen beantworten kann. Du weißt, es gibt Dinge, die kann ich nicht teilen.«
    »Du hast nie gesagt, warum«, krächzte er.
    »Nein, habe ich nicht«, raunte ich und strich mit den Fingerspitzen über seine Wange. Er schloss die Augen. Nicht weil er die Berührung genoss, sondern vor Schmerz und Enttäuschung.
    »Garret, du bist mein bester Freund. Ich gebe dir alles, was ich kann. Genügt das denn nicht?«
    Er nahm meine Hand, betrachtete sie, küsste die Handfläche, sann einen Moment darüber nach und brummte: »Nein, genügt mir nicht.«
    Ich wollte zurückweichen, doch er zog mich dichter zu sich heran, schlang seine Arme um mich und hob mich auf seinen Schoß. Er drückte mich an seine Brust und presste seinen Mund auf meinen. Seine Hilflosigkeit machte ihn verzweifelt und hungrig.

    ine halbe Stunde später klickte die Tür leise zu, und Garret schlich die knarrenden Stufen hinunter. Angespannt wie ein Bogen saß ich in meinem Bett und konnte das Brennen kaum ertragen, das sein wortloser Kuss auf meiner Wange hinterlassen hatte.
    Stöhnend stand ich auf, schüttete Wasser in die Waschschüssel, klatschte es mir ins Gesicht und wusch mich. Mit dem restlichen Wasser im

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