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Teufelsgrinsen: Ein Fall für Anna Kronberg (German Edition)

Teufelsgrinsen: Ein Fall für Anna Kronberg (German Edition)

Titel: Teufelsgrinsen: Ein Fall für Anna Kronberg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annelie Wendeberg
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heute besucht haben musste. Es war das älteste Gebäude mit der niedrigsten Sicherheitsstufe für Frauen. Es beherbergte harmlose weibliche Kleinkriminelle, die lediglich an Depressionen oder einem nervösen Tick litten. Weiter rechts befanden sich die fünf Männer-Blocks, die ein Jahr nach dem ersten Block gebaut worden waren. Auch die meisten ihrer Bewohner waren harmlos.
    Und dann, ganz auf der rechten Seite, standen die beiden Hochsicherheitstrakte, einer für Frauen, einer für Männer. Viele von ihnen waren geisteskranke Mörder, die ihre tägliche Ration Hafergrütze durch eine Klappe in der Zellentür geschoben bekamen.
    Weiter entfernt stand ein Schlot, der über der Anlage aufragte wie ein verbrannter Baumstamm – die zentrale Heizanlage. Ich fragte mich, ob dieser Platz während der Sommermonate als Versteck dienen konnte.
    Nach einigen Überlegungen entschloss ich mich, zuerst die Hochsicherheitsgebäude zu untersuchen, die etwas weiter ab von den restlichen Gebäuden lagen und sich gut für geheime Machenschaften eigneten. Vielleicht erfuhr ich dort etwas über die medizinischen Experimente in Broadmoor, ohne den beiden Sicherheitsmännern in die Arme zu laufen. Beide waren mit Knüppel und Revolver bewaffnet.
    Ich hörte ein leises Knacken und schaute nach unten. Dort machte ich die hagere Figur eines Mannes aus. Es überraschte mich, wie leichtfüßig er sich im Dunkeln bewegte. Es schien, als suchte Holmes nach meinen Fußspuren. Neugierig beobachtete ich ihn. Was konnte er wohl in dieser Dunkelheit erkennen? Die Erde war trocken, und ich war ohne Schuhe gelaufen. Ich hielt den Atem an und wartete darauf, dass er sich bückte. Doch das tat er nicht. Nachdem er hinter der Biegung der Mauer verschwunden war, nahm ich den Rucksack ab und befestigte ihn am Baum. Dann balancierte ich mit dem Seil in der Hand über den Ast. Über der fast fünf Meter hohen Mauer band ich das Seil am Ast fest und kletterte hinunter. Die innereMauer war nur knapp einsachtzig hoch und würde nicht schwer zu überwinden sein.
    Ich rieb mein zu weißes Gesicht mit Dreck ein und nahm Anlauf. Mit einem Sprung ergriff ich die Oberkante der Mauer und zog mich hoch.
    Vorsichtig blickte ich mich um. Ich lauschte einen Augenblick. Die Irrenanstalt lag totenstill da. Der Mond schaute zwischen den Wolken hervor, und ich war plötzlich gut zu sehen. Ich ließ mich auf die andere Seite der Mauer fallen und rannte ein paar Meter daran entlang. Ein Busch bot etwas Deckung. Ich fragte mich, was Holmes wohl gerade tat. Und auch, was ich selbst überhaupt tat – eine Frau, verkleidet als Mann, die ausgerechnet in eine Irrenanstalt einbricht!
    Ich schüttelte den Gedanken ab und machte fast einen Satz, als ganz in der Nähe eine Waldohreule rief. Die Faust auf das Herz gepresst atmete ich ein paarmal ruhig durch und rannte dann zu meinem nächsten Versteck – einem kleinen Verschlag ganz in der Nähe des Hochsicherheitstrakts der Männer. Vorsichtig schlich ich mich an das Gebäude heran und drückte mich gegen die Mauer. Es gab ein Fenster, tief genug, um es zu erreichen. Ich schaute hinein und schluckte.
    Ich hatte Zellen erwartet. Das letzte Mal, als ich hier gewesen war, bestand dieser Block aus parallelen Reihen von Einzelzellen. Hier hausten geisteskranke Mörder, sie hatten keinerlei sozialen Kontakt und aßen schon gar nicht gemeinsam. Diese Männer waren extrem gefährlich und wurden isoliert in ihren Zellen gehalten, die sie nie verließen. Aber nun sah ich, dass der Block komplett umgebaut worden war – wo vorher eine Reihe von Zellen gestanden hatte, tat sich nun eine große Halle auf. Es war niemand zu sehen, aber beim Anblick der vielen Pritschenlief mir ein kalter Schauer über den Rücken: Jede war mit vier Fesseln bestückt, zwei für die Handgelenke, zwei für die Füße.
    Die Halle sah sauber aus. Als wäre sie erst kürzlich gereinigt worden.
    Schweren Herzens wollte ich mich dem Frauentrakt zuwenden, als mir frische Radspuren im Gras auffielen. Der Wagen musste einiges Gewicht gehabt haben, denn die Rillen waren trotz des trockenen Bodens recht tief. Sie führten mich zu meiner letzten Station. In dunkler Vorahnung fing mein Magen an zu verkrampfen. Ich umrundete eine Ecke und sah es – die Heizanlage. Die schwere Eisentür stand weit offen, und der Schein des Feuers leckte an dem zerfurchten Rasen.
    Ich schob mich dichter heran, immer im Schutz einer geeigneten Deckung. Stimmen aus dem Inneren des Gebäudes drangen,

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