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Teufelsgrinsen: Ein Fall für Anna Kronberg (German Edition)

Teufelsgrinsen: Ein Fall für Anna Kronberg (German Edition)

Titel: Teufelsgrinsen: Ein Fall für Anna Kronberg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annelie Wendeberg
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Sie werden Versuchspersonen auswählen, und ich bin ziemlich sicher, dass sie die in Armenhäusern suchen werden.« Sein schlaues Lächeln sagte mir, dass auch er einen Plan hatte.
    »Wie willst du in die Armenhäuser hineinkommen?«
    Er schaute mich herausfordernd an.
    »Doch nicht etwa als Obdachloser?«, meinte ich.
    »Liegt die Strategie nicht nahe?« Meine Frage schien ihn leicht zu enttäuschen.
    »Tut sie. Es fällt mir nur schwer, dich mir in Lumpen vorzustellen.«
    Er grinste, entzündete ein Streichholz und schaute im Schein der Flamme auf die Uhr. Es war bereits kurz nach zwei, und die Nacht war kühl geworden.
    Irgendwo in der Nähe rief wieder eine Eule. Ich faltete meine Decke auseinander, rückte dichter an Holmes heran und legte sie uns beiden über die Beine.
    »Was ist heute Morgen in Braodmoor passiert?«, wollte ich wissen.
    Holmes zischte durch die Zähne und sagte: »Nicholson ist gewarnt worden und hatte die ganze Nacht Zeit, das Auffälligste wegzuräumen. Es war so offensichtlich, aber Lestrade hat nichts bemerkt, wie üblich.«
    Bilder von Nicholson, der das Verbrennen der Leichen überwachte, krochen wieder in meine Gedanken, und ich erschauderte. »Wer hat Nicholson gewarnt?«

    »Gibson.«
    »Bitte?«
    »Er fühlte sich unheimlich clever und hat der örtlichen Polizei ein Telegramm geschickt und um Verstärkung für die Razzia am nächsten Morgen gebeten. Da er das entgegen meinen Anweisungen getan hat, hatte er nicht gewagt, es mir vor der Abfahrt zu erzählen. Der Bobby, der das Telegramm in Empfang genommen hatte, ist Nicholsons Neffe. Und natürlich hat er seinen Onkel gewarnt.«
    »Scheiße! Ich meine … Entschuldigung … ich wollte sagen verflixt. Tut mir leid, manchmal bin ich so ein Hohlkopf.«
    »Bitte, was?«
    »Ein Hohlkopf«, sagte ich und tippte mir mit dem Zeigefinger gegen die Stirn, »ein hohles Gefäß.«
    Er schlug sich auf die Knie und lachte, bevor er sich den Arm vor das Gesicht hielt, um die Laute zu dämpfen. Dann sagte er ernst: »Ich glaube, dein Gefäß ist randvoll.«
    Beschämt verfiel ich in Schweigen.
    Inzwischen hatten wir die Hälfte des Brandys geleert, und Holmes bedauerte das Fehlen seiner Pfeife. Ich holte meinen Tabaksbeutel hervor. Er beobachtete, wie ich eine Zigarette rollte, das Papier eng um die braunen Pflanzenschnipsel drehte, mit der Zunge am Rand entlangfuhr und den überschüssigen Tabak an beiden Seiten abzupfte. Ich bot sie ihm an, und er nahm sie wortlos entgegen, dann drehte ich mir auch eine.
    »Darf ich etwas Persönliches fragen?«, sagte er vorsichtig.
    »Versuch’s«, antwortete ich, nahm noch einen Schluck Brandy und bereitete mich auf das vor, was jetzt wohl kommen würde.
    »Woher hast du die lange Narbe auf dem Bauch?«

    Mein Hals zog sich zusammen.
    »Tut mir leid. Ich hätte nicht fragen sollen. Besonders in einer so eigenartigen Situation«, sagte er und zeigte auf unsere Beine, die unter einer Decke steckten.
    »Wenn ich zwei Wochen lang zu dir nach Hause käme, um deine Lungenentzündung zu kurieren, wäre das noch eigenartiger.«
    »Wahrscheinlich.«
    Der lockere Ton half mir, wieder durchzuatmen. »Es erinnert dich an den Ripper?«, fragte ich.
    »Ja. Ich wundere mich schon eine Weile über dein starkes Interesse an den Morden und warum du dir deine eigene, und ich muss sagen, absolut nachvollziehbare Hypothese gebildet hast. Ich nahm an, dein Interesse sei persönlicher Natur. Und dann habe ich heute Nacht die Narbe gesehen.«
    »Gute Schlussfolgerung«, sagte ich mit rauer Stimme und starrte einen Augenblick hoch in den Baum. Dann begann ich von der schrecklichsten Nacht meines Lebens zu erzählen.
    »Ich hatte meine Dissertation verteidigt, wir hatten eine kleine Feier, und ich war spät abends allein auf dem Weg nach Hause. Drei meiner Mitstudenten missgönnten mir den Erfolg. Sie hatten mich schon länger im Auge und sind mir in jener Nacht durch die Straßen gefolgt. In einer engen Gasse kreisten sie mich ein. Sie sagten, ich brauchte keine Angst zu haben, sie wollten nur sehen, wie klein mein Schwanz sei. Der müsse ja winzig sein, bei so einem Streber wie mir. Natürlich entdeckten sie, dass da nicht nur wenig, sondern gar nichts war. Zuerst waren sie schockiert, aber dann begriffen sie ihr Glück – ich würde sie nie verraten.« Ich holte tief Luft.
    »Sie haben mich abwechselnd vergewaltigt. Einer bekam keine Erektion zustande, also benutzte er ein Messer, um sein Zeichen zu hinterlassen. Nicht, um zu

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