Teufelsgrinsen: Ein Fall für Anna Kronberg (German Edition)
überrascht, dass es mir nicht kalt den Rücken herunterlief.
»Ich spreche für alle hier Anwesenden, wenn ich sage, dass wir sehr froh sind, Sie heute bei uns zu haben.« Die Männer nickten und murmelten zustimmend.
»Wie Dr. Stark Ihnen bereits erzählt hat, sind wir eine Gruppe von Ärzten, die in der Lage waren, ausreichend private Finanzierung zu akquirieren, um Forschungen im Bereich der Entwicklung von Impfstoffen durchzuführen.«
Bowden sprach in der Mehrzahl. Sie mussten also nicht nur mit Tetanus experimentiert haben, sondern auch mit anderen Krankheiten.
»Sie haben in Ihrem Vortrag in Cambridge zutreffend dargelegt, dass der Erfolg einer Impfstoffentwicklung entscheidend von der Verfügbarkeit isolierter Krankheitserreger abhängt. Um ganz offen zu sein – wir benötigen Ihre Kulturen und wir möchten, dass Sie weitere Erreger für uns isolieren.«
Bowden war es anscheinend gewohnt zu bekommen, was er wollte. Er war gierig.
Es wurde wieder leise, und alle Blicke richteten sich auf mich.
»Es ist mir eine große Ehre, Dr. Bowden«, sagte ich mit lauter und selbstbewusster Stimme, »aber ich müsste schon wissen, wie sie eingesetzt werden sollen, bevor ich Ihnen tödliche Bakterienkulturen liefere und einwillige, weitere zu isolieren.«
Eine solche Antwort hatte Bowden nicht erwartet. Seine Schultern sackten ein Stück tiefer; seine Oberlippe kräuselte sich.
Ohne zu zögern fuhr ich fort: »Sie wollen Impfstoffe entwickeln, und ich habe auf diesem Gebiet Erfahrung. Sie sind auf meine Reinkulturen angewiesen, das wissen Sie. Aber was dann? Ich sehe niemanden in diesem Raum, der in der Lage wäre, sie zu kultivieren und zu züchten, oder der fähig wäre, einen Impfstoff herzustellen und ihn dann an Tieren oder Menschen zu testen. Ich kann Ihnen die Kulturen nur übergeben, wenn Sie mir gegenüber offen sind und mich in Ihre Forschungen einbeziehen. In diesem Fall muss ich auf einem Ganz-oder-gar-nicht bestehen.«
Ich trank einen Schluck Brandy und ließ meinen Blickauf Bowdens Gesicht ruhen. Der exquisite Geschmack von altem Eichenfass und Rauch strich sanft durch meine Kehle.
Bowden setzte sich, und alle Köpfe wandten sich ihm zu. Fragend schaute er von einem zum anderen. Elf von ihnen nickten, und die anderen vier rührten sich nicht. Es war entschieden – ich war drin. Es hätte mich allerdings überrascht, wenn sie nicht auf meine Bedingungen eingegangen wären. Ich musste die vier Männer, die mich nicht akzeptiert hatten, im Auge behalten. Wenn nötig, würde ich mir etwas überlegen, um sie loszuwerden.
pät am Abend stellte ich eine Vase in das Fenster meiner Wohnung und setzte Teewasser auf. Eine halbe Stunde später klopfte es. Ein hochgewachsener Mann in schäbiger Kleidung trat ein.
»Anna.«
»Komm herein«, sagte ich ruhig, bevor ich mich in die entfernteste Ecke des Raumes zurückzog. »Setz dich bitte.« Ich deutete auf den einsamen Sessel. Eine Tasse Tee auf dem Couchtisch wartete bereits auf ihn.
»Ich bin nach Cambridge eingeladen worden, um einen Vortrag über Tetanus zu halten. Eine Gruppe von sechzehn Ärzten der medizinischen Fakultäten von Cambridge und London hat dem Vortrag beigewohnt. Heute habe ich dieselbe Gruppe in einer Villa hier in London getroffen.«
Ich wartete, bis er sich gesetzt und seine Teetasse genommen hatte, dann redete ich weiter. »Dr. Gregory Stark hat mich in einer privaten Kutsche dorthin gebracht, inder Hoffnung, ich wisse nicht, wohin wir fahren. Die Vorhänge waren zugezogen. Ich bin ziemlich sicher, dass das Treffen im Radius von einer halben Meile um Kings Road stattgefunden hat. Der Kopf der Gruppe ist ein gewisser Dr. Jarell Bowden. Ich bin allerdings nicht sicher, ob es sein Haus war.«
Er schien den Namen nicht zu kennen, also erklärte ich: »Bowden ist bekannt für seine chirurgischen Eingriffe an den Geschlechtsteilen geistesgestörter Frauen. Er wurde verdächtigt, grausame und unnötige Experimente bei den ihm anvertrauten Patientinnen durchgeführt zu haben. Die Vorwürfe wurden zurückgezogen, da Bowden den besten Anwalt Londons hat. Stark scheint ein führendes Mitglied zu sein, aber ohne viel Gewicht. Vier Männer waren nicht einverstanden mit meiner Aufnahme in die Gruppe; ich habe dir die Namen aufgeschrieben.«
Ich zeigte auf den Zettel, der neben seiner Tasse lag.
»Alle arbeiten an der London Medical School als Anatomen. Alle bis auf Stark, der in Cambridge arbeitet. Ich werde die vier Jüngeren eventuell
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