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Teufelsgrinsen: Ein Fall für Anna Kronberg (German Edition)

Teufelsgrinsen: Ein Fall für Anna Kronberg (German Edition)

Titel: Teufelsgrinsen: Ein Fall für Anna Kronberg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annelie Wendeberg
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blickte auf.
    »Er ist ganz versessen auf die Tetanuserreger. Ich bekomme mit Sicherheit bald eine Einladung nach Cambridge.«
    »Ich hatte gehofft, das würde nicht nötig sein«, sagte er leise.
    »Morgen ziehe ich in die Tottenham Court Road und gebe diesen Ort hier«, ich machte eine Handbewegung, »für eine Weile auf. Wie können wir dann kommunizieren?«
    »Du stellst eine Vase oder etwas Ähnliches ins Fenster, wenn du Informationen hast, die du teilen willst, oder wenn du in Gefahr bist. Dann komme ich, so schnell ich kann.«
    »Wenn ich in Gefahr bin? Nun, dann steht die Vase praktisch ständig auf dem Fensterbrett, vermute ich«, sagte ich sarkastisch.
    »Du weißt, was ich meine.«
    »Wenn du es sagst. Und wie wirst du mich kontaktieren? Indem du einfach so in meine Wohnung spaziert kommst?«, fragte ich, und er nickte.
    »Also beschattest du mich? Denn wie zum Teufel willst du wissen, wann die Vase im Fenster steht?«
    »Ja, ich beschatte dich.«
    »Holmes, hast du das vorher auch schon getan?«, wollte ich verärgert wissen.
    »Nein, keineswegs.«
    »Woher weißt du dann, wo ich wohne?«
    »Von deinem irischen Freund.«
    »Das hätte Garret dir niemals erzählt.«
    »Er brauchte mir gar nichts zu erzählen. Ich hatte ihm geraten, saubere Kleidung für dich zu holen, nachdem duausgeraubt worden warst, und er hat mich ohne sein Wissen zu deiner Wohnung geführt«, erklärte Holmes heiter. Wie unglaublich einfach, dachte ich.
    »Und warum zum Teufel brauchtest du meine Adresse?«
    »Ich war neugierig«, sagte er.
    »Nächstes Mal frag mich einfach«, knurrte ich.
    »Du hättest es mir nicht gesagt.«
    »Wahrscheinlich nicht.«
    Einen langen Moment schwiegen wir, dann brummte Holmes: »Es gefällt mir nicht, dass du dich in die Höhle des Löwen begibst.«
    »Mir auch nicht«, sagte ich ruhig und versuchte meine Angst zu verbergen. Es funktionierte vermutlich nicht besonders gut.
    »Holmes?«
    »Hmm?«
    »Ich weiß, wer du bist.« Er antwortete nicht, also wandte ich mich ihm zu. Er starrte an die Zimmerdecke und schien ganz entspannt zu sein. Aber sein Gesicht regte sich kaum, und seine Hände lagen steif auf den Armlehnen. Wann immer ich ihm zu nahe kam, sei es körperlich oder emotional, fühlte er sich unbehaglich. Es hatte kurz nach unserem ersten Treffen angefangen und war immer schlimmer geworden. Die Distanz, die er nach jedem unserer Gespräche brauchte, schien immer größer zu werden. Sowie der Fall gelöst war, würde er verschwinden, dessen war ich mir sicher. Überrascht bemerkte ich die Traurigkeit, die mit dieser Erkenntnis einherging.
    »Du hast mich noch nicht ganz kennengelernt, aber das wirst du bald«, sagte ich. Langsam wandte er mir seinen Blick zu. »Ich werde mich der Lüge wegen von einemGroßteil dessen, wer oder was ich bin, trennen. Du wirst mich vielleicht nicht wiedererkennen, doch was du auch sehen wirst, ist immer noch ein Teil von mir.«

Kapitel Vierzehn
    Und weil Ihr wißt, Ihr könnt Euch selbst so gut
    Nicht sehn als durch den Widerschein, so will
    Ich, Euer Spiegel, Euch bescheidentlich
    Von Euch entdecken, was Ihr noch nicht wißt.
    – William Shakespeare –

März 1890

    er Zug brachte mich, oder das, was von mir übrig war, nach Cambridge. Meine Ängste waren sorgfältig verstaut, genauso wie alles andere, das weichherzig war an mir und mich von meinem Ziel ablenken würde. Mein Hemd war frisch gestärkt, mein schwarzer Mantel kam direkt vom Schneider, und mein Verstand war geschärft.
    Dampfschwaden von der Lok flogen am Fenster vorbei und vernebelten die trostlose Landschaft. Der Schnee war vor zwei Wochen geschmolzen und hatte eine matschige schwarze Fläche zurückgelassen; noch wagte sich kein Grün hervor. Aus grauen Wolken nieselte es ununterbrochen. Man bekam beinahe den Eindruck, als wolle die Sonne dieses Jahr nicht zurückkehren, und das passte zu meiner Stimmung. Ich schob den Gedanken beiseite. Stimmungen waren ein Luxus, der mich aus dem Gleichgewicht bringen konnte.
    Dieser Tag war von größter Wichtigkeit. Ich würde einen Vortrag über Tetanus und seine Behandlung vor einem Doktoren-Publikum aus London und Cambridgehalten. Mein Ziel war direkt vor meinen Augen – ein scharlachroter Fleck, den nur ich sehen, auf den nur ich zielen konnte. Und ich würde keine Ruhe geben, bis mein Pfeil die Mitte getroffen und bersten gelassen hatte.
    Der Zug fuhr in den Bahnhof ein. Ich stieg aus und ging zur nächsten Droschke; meine Absätze klackten über das

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