Teufelsherz (German Edition)
durch den Kopf. Womöglich wollte er mit Annie zusammen feiern, oder er würde sie mitbringen. Sicher war jedoch, dass eine wichtige Person fehlte. Niemand konnte Mandy ersetzen. Ihr Lachen und Strahlen würde unter dem Weihnachtsbaum fehlen.
»Ich mache mich mal auf den Weg zur Schule«, sagte sie, als sie ihrer Mutter über den bereits schneefreien Asphalt entgegenging. »Wir sehen uns heute Nachmittag.« Ihr Plan, sich schnell an ihr vorbeizudrängen, wurde natürlich geschickt vereitelt.
»Fühlst du dich wirklich fit genug?«, fragte ihre Mutter und stellte sich ihr mit der Schaufel bewaffnet in den Weg. »Es ist wohl besser, wenn du dir mehr Zeit gibst, ansonsten muss dich Will wieder aufsammeln und … die Nacht bei dir bleiben.«
»Wann ist er gefahren?«
»Pünktlich zur Schule.« Sie sah ihr mit diesem prüfenden Blick in die Augen, den nur eine Mutter beherrschte. »Er hat mir nicht gesagt, was mit dir los war, aber es steckt mehr dahinter als nur eine Magenverstimmung, habe ich recht?«
»Blödsinn.« Emily lachte gekünstelt. »Ich habe nur zu viel Kaffee getrunken, keine Ahnung, wieso. Und nichts gegessen.«
»Hast du dir denn jetzt etwas zu essen mitgenommen?«
»Ich schwatze Will etwas ab, oder ich kaufe mir etwas.«
»Ist es seinetwegen?« Ihre Mutter machte keine Anstalten, den Weg freizugeben. »Wegen seiner Freundin?«
»Mama, bitte. Ich freue mich für die beiden. Annie ist toll, du würdest sie mögen.«
»Du bist ein genauso schlechter Lügner wie Will. Ihr zwei vergesst, dass ich euch besser kenne, als euch lieb ist.«
»Ja, leider.« Sie zog die Träger ihres Rucksacks zurecht, um ihre Hände zu beschäftigen. »Manchmal solltest du eben nicht zu genau hinsehen.«
»Das ist meine Aufgabe. Und Will hat mir heute Morgen ein Haus voller blonder Enkelkinder versprochen, also bin ich zufrieden.«
Emily seufzte. »Du weißt, dass er nur Spaß macht«, sagte sie mit der festen Absicht, Will in der Schule ordentlich die Leviten zu lesen. »Du kennst ihn.«
»Ja, aber manchmal ist es leichter, die wahren Gefühle in einen Scherz zu verpacken. Ihr kennt euch beide sehr gut damit aus.«
»Ich muss zur Schule.« Sie ging an ihrer Mutter vorbei, sah jedoch noch das wissende Lächeln in ihrem Gesicht, das sie so sehr hasste.
Irgendwann würde sie lernen müssen, dass ihre Tochter niemals mit Will zusammenkommen würde. Obwohl Emily zugeben musste, dass ihr der Gedanke an Annie seit letzter Nacht nicht mehr so sehr behagte. Aber das war natürlich kein Grund zur Beunruhigung. Sie war einfach gerne in Wills Nähe, und solche Kuschelnächte würden wohl in Zukunft ausfallen, vor allem wenn er mit Annie den nächsten Schritt machte.
Emily verdrängte diesen Gedanken schnell wieder und umrundete ein Schild, welches vor Glatteis warnte.
Sie musste nicht lange auf den Bus warten und kam pünktlich zur dritten Stunde in der Schule an.
Will und Annie rissen verwundert die Augen auf, als sie gerade noch rechtzeitig die Klasse betrat. Emily ließ sich in der Reihe vor ihnen an ihrem gewohnten Platz nieder. Ihr entging weder Maritas schadenfrohes Lächeln noch die Tatsache, dass Will sofort aufstand. Er hatte sich noch nicht halb erhoben, da schlug die Tür auch schon zu, und der Lehrer forderte Ruhe.
Emily hörte den Stuhl hinter sich erneut über den Boden kratzen, als sich Will wieder hinsetzte. Sollte er nur bei seiner Annie bleiben. Es war ohnehin absehbar gewesen, dass sie früher oder später alleine zurückblieb. Sie konnten nicht ewig aneinanderkleben. Ihre Mutter hatte recht. Sie waren keine Kinder mehr.
Daher packte sie jetzt geschäftig ihren Schreibblock aus und zückte einen Stift. Es standen wieder einmal Referate an, genauso wie in den letzten Geschichtsstunden. Jeder Schüler musste über ein Gebiet aus der Geschichte und Kultur des alten Griechenlands referieren. An diesem Tag war Marita dran, was bedeutete, dass sie die Stunde gut und gerne verschlafen konnte. Es hatte doch einen Vorteil, dass ihre neue beste Freundin eine solch ausgezeichnete Schülerin war. Sie würde sich die Notizen einfach von Annie ausleihen und zu Hause abschreiben.
Ein Name, den Marita nannte, ließ sie jedoch wenig später aus ihrem Dämmerzustand hochfahren: Persephone.
Sie wusste nicht, woran es lag, doch der Name klang ungewöhnlich vertraut. Natürlich hatte sie schon früher einmal Geschichten über die griechischen Götter gehört, aber irgendetwas weckte plötzlich ihr Interesse. Marita sprach
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