Teufelsherz (German Edition)
Nacht zuvor schlecht geschlafen und wollte mich einfach wachhalten.«
»Ha!« Will richtete sich abrupt wieder auf. »Weil du ihn nur im Traum getroffen hast. Das weiß ich jetzt. Und du wolltest Schluss machen – oder was auch immer man mit solch einem Ding macht –, und deswegen hast du versucht nicht mehr zu schlafen. Du warst vollkommen verängstigt und total fertig.«
»Aha.« Emily schüttelte nur den Kopf und ging an ihnen vorbei. »Ich muss jetzt zum Unterricht. Vielleicht geht ihr beiden mal zur Schulschwester.«
»Sie weiß wirklich nichts mehr«, hörte sie Annie noch flüstern, doch um Wills Antwort zu verstehen, war sie bereits zu weit entfernt. Ihre Vermutung, dass mit ihren Freunden etwas nicht stimmte, hatte sich also bestätigt.
Den ganzen Tag über gingen sie ihr auf die Nerven. In der Mittagspause wollte Will ihr sogar einreden, dass dieses Wesen – in das sie angeblich verliebt war – irgendetwas mit ihr gemacht hatte, damit sie sich nicht mehr erinnern konnte. Als wäre sie jemals verliebt gewesen! Größeren Unsinn hätte er echt nicht verzapfen können.
Nachmittags ging sie den beiden Durchgeknallten so gut es ging aus dem Weg, und noch bevor Will sie am Parkplatz auflesen konnte, lief sie bereits durch den Schnee zum Bus. Sie hatte es ziemlich eilig, schließlich wollte sie nicht in letzter Sekunde von ihm erwischt werden, und so achtete sie nicht besonders gut auf den Weg, was sich natürlich sofort rächte.
An der Straßenecke stieß sie mit jemandem zusammen und wäre beinahe in den Schneematsch gestürzt.
Über ihre eigene Schusseligkeit fluchend, richtete sie sich auf, zupfte ihre Mütze zurecht und drehte sich zu ihrem Opfer um. »Verzeihung«, sagte sie zerknirscht – und dann verschlug es ihr die Sprache: Sie blickte in die unglaublichsten grünen Augen, die sie jemals gesehen hatte.
»Nicht doch«, antwortete der Mann mit einem unheimlichen Lächeln auf den Lippen. » Ich bitte vielmals um Verzeihung.« Er sah ihr so tief in die Augen, dass sie alles um sich herum vergaß, während er sich doch tatsächlich vor ihr verbeugte. »Du bist doch nicht etwa verletzt?«, fragte er besorgt, nachdem er sich wieder aufgerichtet hatte.
Er ließ etwas zu interessiert seinen Blick über sie wandern.
»Ich … nein.« Ein eiskalter Schauer lief ihr über den Rücken und schüttelte ihren Körper. Automatisch wich sie einen Schritt zurück.
Der Mann war etwa Mitte dreißig und sah unverschämt gut aus, auch wenn sie nicht auf ältere Männer stand. Durch seinen schwarzen Anzug und das schwarze Haar leuchteten die grünen Augen noch stärker. Ein dunkler Bartschatten am Kinn und auf den Wangen verlieh ihm etwas Verwegenes. Ihr Verstand riet ihr, schleunigst von hier zu verschwinden.
»Verzeihung«, sagte sie noch einmal und wollte schon weitergehen, da stellte der Mann sich ihr in den Weg – was sie dann doch nervös machte.
»Warte.« Er streckte ihr die Hand hin und hatte darin plötzlich einen kleinen Strauß Gänseblümchen. »Als kleine Wiedergutmachung.«
Emily blinzelte und versuchte sich einzureden, dass er die Blumen die ganze Zeit über in der Hand gehalten hatte. »Danke«, brachte sie mit zitternder Stimme hervor. Sie nahm das Geschenk entgegen und rauschte ohne ein weiteres Wort an ihm vorbei. Dem Drang, sich nach ihm umzusehen, widerstand sie nur schwer, und sie wagte es auch nicht, bei der Haltestelle ein paar Meter weiter stehen zu bleiben, um dort auf den Bus zu warten. Diese Augen und die Art, wie er sie angesehen hatte, war mehr als beunruhigend gewesen, und sie machte sich zu Fuß auf den Heimweg. Schnell stellte sich heraus, dass das ein Fehler war, da der Schneefall immer dichter und die Sicht schlechter wurde. Zu allem Überfluss hatte sie auch noch ständig das Gefühl, beobachtet zu werden, und sah sich immer wieder um, obwohl die weißen Straßen bei diesem Wetter so verlassen dalagen, als handle es sich um eine Geisterstadt.
Einmal bildete sie sich tatsächlich ein, die dunkle Gestalt auf der anderen Straßenseite an einer Mauer lehnen zu sehen, doch nachdem sie den Schnee aus den Augen geblinzelt hatte, war der Schemen verschwunden. Vielleicht hätte sie sich doch von Will fahren lassen sollen. Dafür war es jetzt zu spät.
Emily blickte auf die gefrorenen, von Schnee überzogenen Gänseblümchen in ihrer Hand, die sie immer noch krampfhaft festhielt. Eigentlich hatte sie den Strauß direkt nach der unheimlichen Begegnung wegschmeißen wollen, doch
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