Teufelsjäger (Die Mark Tate-Saga) (German Edition)
aus meinem reichen Erfahrungsschatz.
Die Wirkung blieb aus! Ruhig betrachtete mich der Untote. Als ich mein Repertoire durchexerziert hatte - immerhin nahm das einige Minuten in Anspruch - erwachte er aus seiner Erstarrung. Ich fand in die Wirklichkeit zurück und mußte erfahren, wie hilflos mein Bemühen gewesen war. Meine magischen Kräfte waren ein Nichts gegenüber den Möglichkeiten des Untoten. Gut, der Unmenschliche hatte sich ein wenig auf mich konzentrieren müssen. Was war das aber schon gegenüber dem, was ich in die Waagschale geworfen hatte?
Ich fühlte mich leer, ausgepumpt, erschöpft. Ein Winzling war ich gegenüber diesem Monstrum - ein Insekt, das gegen einen Berg ankämpfte. Und dem Schrecklichen war es durchaus bewußt. Hatte er vorhin, als er da vor der Tür zu meinem Apartment stand, noch eine recht klägliche Figur abgegeben, so strahlte er jetzt die Macht aus, die er besaß. Er blickte auf mich herab und wollte sich schier ausschütten vor Lachen. Ich wich bis zur unsichtbaren Mauer zurück. Mir schwindelte. Ich war im wahrsten Sinne des Wortes am Ende.
Als sich der Schreckliche endlich beruhigt hatte, nahm er sich der beiden Gangster an. Während er noch mit dem einen beschäftigt war, flüchtete der andere hinter meinen Rücken. Er klammerte sich an mich, als wollte er mich zerquetschen. Händeringend bat er schließlich, ich sollte ihm doch beistehen.
Ich hätte es getan, obwohl dieser Mensch gewiß weder Mitleid, noch Nachsicht verdiente. Aber ich war genauso wehrlos wie er. Edgar Harris war eine Bestie, unbesiegbar. Was man von ihm sah, war nur eine Maske. Dahinter verbarg sich der Dämon.
Nach einer mir schier endlos erscheinenden Zeit ließ er von seinem zweiten Opfer ab. Der Gangster, der übriggeblieben war, verkroch sich noch immer hinter mir. Der Geist des Untoten griff aus. Der Gangster verlor seinen Willen und stakste mit marionettenhaften Schritten auf seinen Mörder zu.
Das schauerliche Mahl des Unheimlichen war etwas, was ich heute nicht mehr beschreiben kann. Mein Verstand verdrängt es, um nicht daran zu zerbrechen. Er ignoriert die Vorgänge, als wären sie so nicht geschehen. Was blieb, waren die furchtbar verstümmelten Leichen von Menschen, die ein grausiges Ende genommen hatten. Nicht nur das: Mit ihrer Lebenskraft waren auch die Seelen in den Besitz des Monstrums übergegangen. Sie waren nun an ihn gefesselt, bis der Dämon selber sein Dasein aushauchte, doch erschien die Möglichkeit der Vergänglichkeit bei diesem Dämon wie ein schlechter Scherz, wenn man bedachte, wie mächtig Edgar Harris war.
Jetzt wandte er sich uns zu. May Harris war noch immer ohne Bewußtsein. Ich betete im stillen, daß ihr Zustand gnädigerweise möglichst lange anhielt. Sie brauchte nicht zu erleben, was Schreckliches mit uns geschah.
„Es ist vollbracht!“ sagte der Untote und leckte sich die blutigen Lippen. „Ich habe dir gesagt, Mark Tate, daß ihr keine Chance gegen mich habt. Ihr seid mir nicht gewachsen. Zugegeben, die netten kleinen Dinge, die du in deiner Wohnung verborgen hältst, waren ein echtes Hindernis. Indessen, es gibt keine Aufgabe, die nicht auf irgendeine Weise zu lösen wäre, nicht wahr?“
Ich verzichtete auf eine Antwort. Sie wäre sinnlos gewesen.
„Was haben Sie jetzt mit uns vor?“ ächzte Tab Furlong.
Der Untote lachte ihm ins Gesicht. Die schrecklichen Ausdünstungen von ihm raubten dabei dem Inspektor den Atem. „Lassen Sie sich doch einfach überraschen!“ schlug der Wiedergänger vor. „Genießen Sie die letzten Stunden Ihres Lebens ohne Schmerzen und ohne höllische Pein. Ich kann Ihnen versichern, daß das, was folgen wird, nicht sehr erbaulich für Sie ist.“ Er schien sich darüber köstlich zu amüsieren.
Eine Gänsehaut löste die andere ab. Ich fühlte mich erbärmlich, denn ich hatte Angst - ganz hundsgemeine, scheußliche Angst. Ein Lügner und Narr, der so etwas nicht zugibt. Ihm wäre es in meiner Situation nicht anders ergangen.
*
Es ging die Treppe hinunter. Die Tür zu meinem Apartment blieb offen. Das hatte seinen Grund. Selbstverständlich konnte es der Dämon nicht wagen, sie zu schließen. Dabei hätte er ihr zu nahe kommen müssen. Auch konnte er keinen von uns damit beauftragen, weil dieser dann die Möglichkeit gehabt hätte, außerhalb der magischen Sphäre zu gelangen, die er um uns errichtet und die ich als unsichtbare Mauer empfunden hatte.
Den Fahrstuhl benutzten wir seltsamerweise nicht. Es war ein
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