Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Teufelskanzel - Kaltenbachs erster Fall

Teufelskanzel - Kaltenbachs erster Fall

Titel: Teufelskanzel - Kaltenbachs erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
Vom Netzwerk:
war musterhaft geschäftstüchtig. Als er hörte, dass mein Onkel wegen seiner Gesundheit auf eine Nordseeinsel zog, kaufte er hinter meinem Rücken dessen Haus und bot es mir an. Mit dem Gütertrennungs-Ehevertrag musste er froh sein, so günstig davonzukommen. Trotzdem war ich sofort einverstanden, denn ich hatte das Haus meines Onkels schon immer gemocht und war als Kind oft hier gewesen. Seitdem wohne ich hier.«
    Als sie geendet hatte, fühlte sich Kaltenbach wie erschlagen. Eine Geschichte reif für eine Kinoschnulze. Nur ohne Happy End.
    »Jetzt brauche ich aber etwas anderes. Ich hab so viel geredet, mein Mund ist ganz trocken. Willst du ein Bier?«
    »Na schön«, antwortete er und war froh, dass sich die Wolke wieder auflöste. »Aber überrede mich nicht zu einem zweiten!«
    Luise ging in die Küche und kam mit zwei geöffneten Flaschen und den dazu passenden Gläsern zurück. Das Schwarzwaldmädel auf dem Etikett prostete Kaltenbach freundlich zu.
    »Auf die Ehrlichkeit der Gefühle!«, sagte Kaltenbach lächelnd.
    »Auf die Ehrlichkeit der Worte!«, antwortete sie.
    Im selben Moment klingelte irgendwo das Telefon. Luise trank rasch einen Schluck und stand dann auf. »Bin gleich wieder da.«
    Kaltenbach blickte versonnen in sein halb volles Glas. Es ist nicht einfach, zu wissen, wann man glücklich ist. War es Luise, als sie noch nicht gewusst hatte, dass ihr Mann sie betrog? Wann hatte Monika aufgehört, mit ihm glücklich zu sein? In einer Talkshow über den Wahrheitsgehalt der Religionen hatte einer der Teilnehmer behauptet, das Gute gebe es nur, wenn es auch das Böse gebe. Ob es mit dem Glück ähnlich war? War es nicht so, dass man erst in der Unzufriedenheit merkte, was einem fehlte?
    Er trank aus und schenkte nach. Das Bier machte ihn schläfrig. Er sah er auf die Uhr, es war kurz vor acht. Aus dem Hintergrund hörte er, wie Luises Stimme lauter wurde.
    Als sie zurückkam, hatte sich ihr Blick verändert. Sie tastete nach dem Sofa und zitterte, als sie sich hinsetzte.
    »Mein Vater«, sagte sie. »Ein Zeitungsreporter hat bei meinen Eltern angerufen. Die Polizei hat das Blut auf dem Kruzifix prüfen lassen. Sie haben festgestellt, dass es nicht Peters Blut ist. Auch keines von einem anderen Menschen.«
    »Kein Menschenblut? Ja, aber … «
    »Von einem Hasen. Das Blut auf dem Kruzifix stammt von einem Hasen.«
    »Das kann nicht sein! Was sollte das für einen Sinn … «
    »Ist doch egal«, fuhr Luise dazwischen. »Kannst du dir vorstellen, was das bedeutet, wenn das morgen in der Zeitung steht? Die Leute werden sich den Mund zerreißen. Und sie werden Peter und Robert alles mögliche andichten – Tierquälerei, Hokuspokus, irgendein fauler Zauber.« Sie sprang auf und lief wild gestikulierend durchs Zimmer. »Die Reporter werden sich auf meine Eltern stürzen, nur um eine gute Geschichte zu bekommen. Und wenn sie keine bekommen, werden sie eine erfinden.«
    »Aber das ist doch alles Unsinn«, versuchte er sie zu beruhigen. »Dann war es eben Tierblut. Na und?«
    »Meine Mutter wird durchdrehen. Sie hatte schon immer einen Heidenrespekt vor den Behörden, und wenn die Polizei so etwas veröffentlicht, wird sie sich alles Mögliche dabei denken.«
    »Kann man die Meldung nicht aufhalten?«
    »Es war eine Pressemitteilung. Und damit ist es heraus. Die Zeitungen reden dann von ihrer Informationspflicht gegenüber der Öffentlichkeit. Da ist nichts zu machen.«
    Kaltenbach fiel die Szene am Kandel ein, als die Reporter die beiden Polizisten bedrängten. Er stand auf und trat zu Luise, die jetzt am Fenster stand und in die Dunkelheit hinausstarrte. Sie drehte sich zu ihm um und fasste ihn an den Händen.
    »Du musst mir helfen«, sagte sie leise. »Wir müssen herausbekommen, wie es wirklich war. Und zwar so schnell wie möglich.«
    Sie senkte den Kopf und schwieg. Kaltenbach wusste, dass er sie jetzt in den Arm nehmen sollte. Doch etwas hielt ihn ab.
    »Es wird schon klappen«, sagte er schließlich.
    Im Ofen knisterte das Feuer. Die Wolke war verschwunden.

Montag, 5. März
     
    Völlig verschlafen kroch Kaltenbach aus dem Bett, nachdem ihn die Wiederholungstaste seines Funkweckers erbarmungslos darauf hingewiesen hatte, dass heute ein Wochentag war und seine Weinhandlung auf ihn wartete. Während er in die Küche schlurfte und sein italienisches Kaffeeraumschiff aktivierte, fluchte er über sämtliche rechtschaffenen Bürger, die Montagmorgens zur Arbeit gehen müssen, sich selbst

Weitere Kostenlose Bücher