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Teufelskanzel - Kaltenbachs erster Fall

Teufelskanzel - Kaltenbachs erster Fall

Titel: Teufelskanzel - Kaltenbachs erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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haben.« Sie nahm einen Schreibblock und einen Bleistift. »Also. Wir haben einen verdächtigen Unbekannten.«
    Sie schlug den Block auf und schrieb mit großen Druckbuchstaben ›der Hagere‹ in den oberen Teil der ersten Seite.
    »Und wir haben sein Bild.« Sie fügte in Klammer das Wort ›Foto‹ dazu und setzte drei Ausrufezeichen dahinter.
    »Die Triskele!«, ergänzte Kaltenbach. »Höchstwahrscheinlich keltisch«, fügte er hinzu. Oder ein Nazisymbol, dachte er. Luise schrieb das Wort darunter.
    »Das Kruzifix«, sagte Kaltenbach zögerlich.
    »Ein zerbrochenes Kruzifix mit Blutspuren«, ergänzte Luise. »Die Polizei hat drei Teile davon gefunden. Sie wollten das Blut noch untersuchen, sagten sie.«
    Er wiegte den Kopf. »Das kann auch schon länger dort gelegen haben.«
    »Ich schreib es auf«, sagte sie. »Mit Fragezeichen.« Sie schrieb die Worte ›Kruzifix‹ und ›Blut‹ auf das Blatt.
    »Dann gibt es natürlich noch die beiden Zeugen.«
    »Zeugen? Wen meinst du?«
    »Peters Begleiter und den, den er gesehen hat«, meinte Kaltenbach.
    »Das heißt, du glaubst an die Geschichte mit dem Teufel?«
    »Teufel hin oder her. Wenn er jemanden gesehen hat, dann hat er jemanden gesehen, Teufel, Hexe oder sonst irgendetwas. Den müssen wir finden.« Kaltenbach grübelte ein wenig. »Und wenn er es selber war? Wenn er sich das alles nur ausgedacht hat?«
    »Das glaube ich nicht. Die beiden waren Freunde!«, rief Luise empört aus.
    »Leider haben wir von dem dritten kein Foto«, sagte Kaltenbach mit leichter Ironie in der Stimme. »Und die Beschreibung ist nichts Wert.«
    »Trotzdem. Es ist mehr als nichts.« Sie schlug mit der Faust in ihre offene Hand. »Wir müssen ihn finden. Das bin ich Peter schuldig.«
    Es entstand eine kleine Pause. Von draußen hörte man den Motor eines vorbeifahrenden Autos. Der Kachelofen schnurrte wie ein zufriedener Kater.
    »Du hast deinen Bruder sehr geliebt«, sagte Kaltenbach nach einer Weile.
    Luise nickte. »Wir waren uns sehr nahe. Unser großer Bruder Willi ging von Anfang an seinen eigenen Weg. Den Weg des Erfolgreichen. Er war genau so, wie sich unsere Eltern einen Sohn wünschten – stark, selbstbewusst, zielstrebig. Und erfolgreich natürlich. Mit 23 Mitarbeiter in einer Investmentbank in Norddeutschland. Der Ein und Alles meiner Eltern. Bis heute. Als die Nachricht von Peters Tod kam, haben sie zuerst in Hamburg angerufen.«
    »Aber dieses Haus hier. Du hast es doch auch zu etwas gebracht.«
    Luise lachte bitter. »Die Abfindung meines Ehemaligen. Für meine Eltern ist das eher der Beweis für das Gegenteil. Sie verstehen bis heute nicht, warum ich ihn habe gehen lassen.«
    Er schwieg betreten. Urplötzlich spürte er, wie etwas Fremdes in den Raum kroch und sich wie eine trübe Wolke ausbreitete. Seit heute Nachmittag fühlte er sich zum ersten Mal unbehaglich.
    »Und warum hast du?«, fragte er zögernd.
    »Der Irrtum meines Lebens. Hajo war ein Banker, wie Willi – jung, aufstrebend. Dazu groß, braun gebrannt, dunkle Haare und die geheimnisvollsten Augen von ganz Südbaden. Ich war 19 und sofort hin und weg.« Luise trank einen Schluck. Die Wolke wurde düsterer. »Ein paar Jahre ging das gut«, fuhr sie fort. »Ein Leben wie aus dem Bilderbuch. Hajo fiel die Karriereleiter steil nach oben. Wir wohnten in einer schicken Waldrandvilla in Herdern, es gab Partys, Einladungen, exotische Urlaubsreisen. Das volle Programm. Und er war ein zärtlicher Liebhaber. Anfangs. Das kleine Mädchen aus Emmendingen war glücklich.«
    Kaltenbach sah sie verstohlen von der Seite an. Hinter ihr sah er eine Welt, die überhaupt nicht hierher zu passen schien und sein Bild von ihr mit hässlichen Strichen durchkreuzte.
    »Bis ich eines Tages merkte, dass es eine andere gab. Und dann wieder eine andere und wieder. Zuerst wollte ich es nicht glauben, ich dachte es sei ein Irrtum. Doch als ich ihn eines Tages zur Rede stellte, blieb er völlig unberührt. Ich solle mich nicht so haben und zufrieden sein, schließlich hätte ich alles, was ich brauchte. Ganz der smarte Banker. Ich war seine hübsche Vorzeigedame und das genügte ihm. Als er dann noch sagte, dass ich mich gerne auch anderweitig vergnügen könne, war es genug.« Luises Worte klangen bitter, als sie mit ihren Erinnerungen kämpfte. »Damals habe ich zum zweiten Mal meine Unschuld verloren. Den naiven Glauben an die Ehrlichkeit der Worte und der Gefühle.« Sie brach eine der Knabberstangen in der Mitte durch. »Sein Abgang

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