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Teufelskanzel - Kaltenbachs erster Fall

Teufelskanzel - Kaltenbachs erster Fall

Titel: Teufelskanzel - Kaltenbachs erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Halbrund aufgebaut war. Der cremeweiße Bezug und zwei knallrote Kissen standen in deutlichem Kontrast zu den dunklen Holztönen, die den Raum sonst prägten.
    »Du trinkst sicher einen Tee mit«, sagte Luise und schenkte, ohne auf Antwort zu warten, aus einer futuristisch anmutenden Kanne in die beiden türkis glasierten Tassen ein.
    »Schön ist es hier«, sagte Kaltenbach, damit er etwas sagte. Ein ordentlicher Kaffee wäre ihm jetzt lieber gewesen, doch hatte er nicht den Mut, das Angebot abzulehnen.
    »Luise Bührer«, sagte sie und setzte sich. »Und du bist Lothar.« Kaltenbach war schon am Telefon überrascht gewesen, als sie ihn ohne Weiteres mit Vornamen angesprochen hatte. »Der Orkan Lothar, der damals über den Schwarzwald gebraust ist«, fuhr sie lächelnd fort.
    Die Floskel von der ›Schneise der Verwüstung‹ lag ihm auf der Zunge. Doch er zog es vor, nicht zu antworten. Stattdessen nahm er die Tasse vorsichtig mit den Fingerspitzen und nippte an dem heißen Getränk. Es roch nach Heu und schmeckte süß.
    Für einen Moment saßen beide still. Aus dem Kachelofen war ein dumpfer Schlag und ein darauf folgendes Knistern zu hören, als eine der großen Holzscheite auseinanderfiel.
    »Es war kein Unfall.«
    Kaltenbach blickte erstaunt auf. Vor Überraschung rutschte ihm fast die Tasse aus der Hand. Luises Lächeln war verschwunden.
    »Peter konnte übermütig sein, manchmal. Vor allem bei Frauen, wenn er sie beeindrucken wollte. Aber leichtsinnig war er nie. Er kannte sich aus in den Bergen. Seit vier Jahren war er bei den Paraglidern. Da darfst du gar nicht leichtsinnig sein.«
    Kaltenbach betrachtete die Gleitschirmflieger auf dem Kandel stets mit einer Mischung aus Bewunderung und Horror. Es sah überwältigend aus, wie sie sich mit einem kurzen, kräftigen Anlauf in die Tiefe stürzten und Sekunden später auf einem warmen Luftstrom wieder nach oben schraubten. Für kein Geld der Welt würde er so etwas je machen.
    »Außerdem war er begeisterter Kletterer. Auf den Kandel ist er schon einige Male hoch. Im nächsten Jahr wollte er nach Kanada in die Rocky Mountains.«
    »Hat er jemals von Selbstmord gesprochen?«
    Luise sprang unvermittelt auf. Sie ging vor dem Sofa hin und her und ballte die Fäuste, um sich zu beherrschen.
    »Die Polizei hat das auch gefragt. Die haben überhaupt keine Ahnung. Sie kennen ihn nicht.« Sie blieb stehen und schüttelte heftig den Kopf. »Er war ein lebensfroher Mensch! Er hatte Pläne, nicht nur Kanada, er wollte … « Sie hielt plötzlich inne, schloss die Augen und legte ihre Hand auf die Stirn. »Es gab keine Verzweiflung in Peters Leben. Ich hätte es gewusst. Er war mein Bruder!« Wieder schüttelte sie den Kopf, als wolle sie einen bösen Gedanken verscheuchen. »Es war kein Selbstmord. Und es war kein Unfall.« Die beiden ›keins‹ schnitten durch den Raum wie Boxhiebe.
    Diese Frau sprach aus, was Kaltenbach dachte. Sie bestätigte, was er ahnte. Langsam hob sich der Schleier, der alle Gefühle und Ahnungen der vergangenen Tage hatte unscharf werden lassen.
    »Dann bleibt nur noch eines«, sagte er schließlich.
    Luise nickte kaum wahrnehmbar. »Ja«, sagte sie leise. »Es war Mord.«

Sonntag, 4. März, abends
     
    Erneut zischte und rumpelte es im Ofen.
    »Es war Mord. Und du bist der Einzige, der mir glaubt.« Sie trank ihre Tasse aus und schenkte gleich nach. »Das Schlimmste war, ihn in der Gerichtsmedizin zu sehen. Wir sollten ihn identifizieren, hieß es, meine Eltern und ich.«
    »Gerichtsmedizin?«
    »Vorsichtshalber, hat die Polizei gesagt. Aber dann haben sie sich schnell auf Unfall festgelegt. Zu schnell.«
    »Und sein Begleiter, der Junge?«
    »Sie haben mich nicht an ihn herangelassen. Er brauche absolute Ruhe, hieß es.« Sie stieß abfällig die Luft zwischen den Zähnen hervor und winkte ab. »Die haben ihn nicht ernst genommen. Gespenster auf dem Kandel am Fasnetsabend! Würdest du das glauben? Die dachten natürlich, dass beide betrunken waren.«
    »Glaubst du ihm?«
    »Ich weiß nicht. Ich kenne ihn kaum. Aber wenn er recht hat … « Luise ließ sich in das Polster zurück sinken und breitete die Arme aus. »Mein Gefühl sagte mir von Anfang an, dass etwas nicht stimmt. Ich habe versucht, es zu verdrängen, es rational zu betrachten. Aber es geht nicht.«
    »Und deine Eltern? Dein älterer Bruder?«
    Luise schüttelte den Kopf. »Mutter hat tagelang geweint. Vater reagierte verbittert und hat völlig dichtgemacht. Und Willi kam nur zur

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