Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Teufelskanzel - Kaltenbachs erster Fall

Teufelskanzel - Kaltenbachs erster Fall

Titel: Teufelskanzel - Kaltenbachs erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
Vom Netzwerk:
längst abgeschlossen, die Presse hielt aus reinem Selbstzweck an kleinen Details fest, die sie selbst nicht ernst zu nehmen schien. Die Öffentlichkeit? Der Alemanne gehört sicher nicht zu denen, die schnell vergessen, und die Geschichte des Absturzes vom Teufelsfelsen würde zweifellos in die lokale Überlieferung eingehen (›Siehsch Bue, do isch dortmols seller junge Mann nabgfloge!‹). Aber das geliebte Lästern und Spekulieren würde bald neuen Stoff finden. Kaltenbachs Landsleute waren praktische Menschen, die sich nicht gerne mit Dingen aufhielten, an denen nichts mehr zu ändern war.
    Er entschloss sich zu einem letzten Versuch. Vielleicht fand er wenigstens die Artikelserie der Badischen Zeitung, von der Regina gesprochen hatte. Die mystischen, geheimnisvollen Seiten des Schwarzwaldes. Hörte sich spannend an, aber er hatte wenig Hoffnung, daraus etwas Konkretes herauslesen zu können. Wie schon im Museum wurde er an seine Schulzeit erinnert. Er hatte damals ein Gedicht lernen müssen, in dem vom Mummelsee und allerlei merkwürdigen Jungfrauen, Wassernixen und verborgenen Schätzen die Rede war.
     
    ›Vom Berge was kommt dort um Mitternacht spät
    mit Fackeln so prächtig herunter?
    So sage, was mag es wohl sein?‹
     
    Den Anfang konnte er heute noch. Sein erster Ausflug dorthin hatte ihn allerdings sehr ernüchtert. Zumindest an jenem Tag hatten die Wassergeister gegen Tretboote, Spaziergänger, Bustouristen, Motorradlärm und Bratwurstdüfte keine Chance und ließen sich nicht blicken.
    Die Suche auf der Webseite der BZ brachte überraschenderweise jede Menge Treffer. Außer den Mummelseegeistern schien der ganze Schwarzwald mit merkwürdigen, geheimnisumwobenen Gestalten bevölkert zu sein, die sich in Tälern, Flüssen, Bächen, Seen, Höhlen, Wäldern und auf Berggipfeln herumtrieben, und über die offenbar ein unerschöpflicher Sagenschatz existierte. Kaltenbach erinnerte sich, wie Frau Kölblin mit selbstverständlichem Ernst von den Kandelhexen erzählt hatte, die durch den Waldkircher Tunnelbau um ihre Ruhe gebracht worden waren. Da war mehr Aberglaube bei den Leuten vorhanden, als er bisher angenommen hatte.
    Bald hatte er gefunden, was er suchte. ›Geheimnisvoller Schwarzwald – eine Spurensuche‹ von einem gewissen Alfred Grafmüller. ›Der schnelle Adi!‹ So hatten sie ihn genannt, weil er so klein und wuselig gewesen war. Schon in der Schule hatte er seine Nase in alles hineingesteckt. Später hatte er die erste Schülerzeitung herausgegeben. Nun war er also Reporter geworden! Ein netter Kerl. Vielleicht sollte er ihn mal wieder anrufen. Sie hatten sich seit dem Abitur aus den Augen verloren.
    Es handelte sich um eine fünfteilige Serie über das, was es heute noch im Schwarzwald an Geheimnisvollem und Unerklärlichem zu entdecken gab. Natürlich war die erste Folge dem Mummelsee gewidmet. Als Kaltenbach erwartungsvoll auf den Verweis klickte, erwartete ihn eine herbe Enttäuschung. Statt der erhofften Artikel begrüßte ihn lediglich der Hinweis, dass diese Serie inzwischen ins Archiv verschoben sei und nur Abonnenten zugänglich. Kaltenbach bezog das Blatt zwar seit Jahren, doch mit den geforderten Zugangsdaten, die sich irgendwie aus Kundennummer und Passwort zusammensetzten, konnte er nichts anfangen. Er hatte wenig Lust, das Ganze jetzt mühsam in irgendwelchen unsortierten Rechnungs- und Vertragsordnern zusammenzusuchen. Es war einfacher, morgen früh persönlich in der Emmendinger Lokalredaktion vorbeizugehen, die konnten ihm sicher helfen.
    Ernüchtert über die dünne Ertragslage seiner Recherche schaltete er den Rechner ab. Es reichte für heute. Zu wenig zum Jubeln, aber immerhin Ansatzpunkte genug, die Hoffnung nicht ganz aufzugeben.
    Er lehnte sich im Stuhl zurück und nahm einen guten Schluck. Er erinnerte sich, wie er früher gepuzzelt hatte. Da hatte er zunächst die Umrandung zusammengesteckt. Diese Taktik war gar nicht schlecht. Aber wie sollte er sie auf das übertragen, wonach er suchte? Wo lag die Grenze zu dem, was nicht dazu gehörte?
    Vor allem fehlte immer noch das Bild.

Mittwoch, 7. März
     
    Die frische Morgenluft auf dem Weg zur Bushaltestelle reichte kaum, ihn einigermaßen zu sich zu bringen. Ein weiteres Mal war die Nacht nicht so gewesen, wie er sie zur Erholung gebraucht hätte. Gestern Abend hatte er versucht, seinen Frust in ein paar weiteren Gläsern Gutedel und in unmotivierter Zapperei am Fernseher zu versenken. Irgendwann war er bei

Weitere Kostenlose Bücher