Teufelskanzel - Kaltenbachs erster Fall
Vermutung. Für einen Antiquitätensammler ist die völlig wertlos. Ich glaube eher, dass der Professor etwas herausgefunden hat, was für Sutters Pläne wichtig ist.«
Luise richtete sich rasch auf. »Das Belchendreieck!«
»Natürlich. Sutter hat den Berg nicht zufällig zu seinem Stützpunkt gemacht. Der Belchen war vor Urzeiten ein heiliger Ort für die Menschen, die hier in der Regio gelebt haben.«
»So wie der Kandel!«
»Wie der Kandel.«
Für einen Moment setzte sich das Puzzle vor Kaltenbachs innerem Auge blitzartig zusammen und verschwamm dann wieder.
Luises Stimme klang aufgeregt. »Nehmen wir nur einmal an, dass es Sutter war, der in jener Nacht auf dem Teufelsfelsen war. Was hätte er dort tun sollen? Den Gipfel bewachen, dass niemand dort herumklettert?«
»Genau das ist die Frage. Aber Sutter ist mehr als ein Öko-Freak. Jedenfalls sieht er sich so. Ein keltischer Priester auf einem der heiligen Keltenberge.«
Sie lehnten sich beide wieder in ihre Polster zurück. Aus den Lautsprechern wehklagte eine Gitarre und Mark Knopfler besang die ›Brothers in Arms‹.
»Was sollen wir jetzt tun? Meinst du, dein Freund Walter weiß mehr darüber?«, fragte Luise nach einer Weile.
»Er würde mich für verrückt erklären. Aber vielleicht kann uns Geiger weiterhelfen.«
»Geiger?«
Kaltenbach erzählte von dem geplanten Treffen in Günterstal. Dann stellte er sein Glas zur Seite und stand auf. »Ich habe noch etwas.«
Er holte die Karte und die Papierunterlage und breitete vor Luises fragenden Blicken beides auf dem Fußboden aus. Gleichzeitig berichtete er, wie es dazu gekommen war.
»Ganz schön gewagt«, meinte Luise anerkennend. »Und clever«, fügte sie hinzu, als sie das Ergebnis seiner Arbeit genauer betrachtete. »Der Kommissar würde staunen.«
»Und mich wegen Unterschlagung von Beweismaterial in die Mangel nehmen«, brummte Kaltenbach. »Das fehlte noch. Für die Polizei gibt es keinen Zusammenhang zwischen den beiden Toten. Von denen ist keine Unterstützung zu erwarten.«
Luise hatte sich niedergekniet und betrachtete neugierig die vor ihr liegende große graue Fläche.
»Das hast du alles gemacht?«
»Es ist noch nicht ganz fertig. Ich brauche deine Hilfe.« Er holte aus einer Schublade eine Rolle Klebeband und eine Schere, dazu das Transparentpapier aus dem Schreibwarenladen. »Wenn wir genau sehen wollen, was der Professor herausbekommen hat, müssen wir die Abdrücke so genau wie möglich auf die echte Karte übertragen.«
Sie schnitten das durchsichtige Papier in mehrere gleich lange Bahnen und klebten sie an den Längsseiten aneinander. Das fertige Resultat fixierte Kaltenbach auf der Unterlage.
»Jetzt wird’s tüftelig!«
Es war tatsächlich ein mühsames Unterfangen, die kaum erkennbaren Linien exakt nachzufahren. Immer wieder mussten sie innehalten, vergleichen und korrigieren.
Es war nach elf Uhr, als sie endlich fertig waren.
»Das muss genügen«, meinte Kaltenbach.
Luise richtete sich auf und strich sich zum wiederholten Mal ihre blonde Strähne aus der Stirn. »Jetzt bin ich gespannt.«
Kaltenbach holte ein paar Reißnägel. »Am besten, wir hängen das Ganze an die Wand.«
Er sah sich suchend im Zimmer um. Eine größere freie Fläche an der Wohnzimmerwand gab es nicht. Bücherregale und Kunstdrucke wechselten sich ab, dazu der Fernseher, die Musikanlage und ein fast bis an die Zimmerdecke reichendes Regal mit Schallplatten.
Nach kurzem Überlegen nahm er vorsichtig ein gerahmtes Rothko-Plakat von der Wand. Luise hielt die Karte, als er hinter sie trat, und die Reißnägel in die Wand drückte. Ihr Geruch umfing ihn wie ein lauer Spätsommerabend in Südfrankreich, ungreifbar und voller Sehnsüchte. Jetzt einfach ins Auto steigen und losfahren, heute Abend noch, über Freiburg hinaus nach Belfort, Lyon, Arles …
»Träumst du?«
Luises Stimme zog ihn zurück in das Jetzt, in seine kleine Obergeschosswohnung in Maleck. Es gelang ihm ein einigermaßen unverfängliches Lächeln.
»Jetzt das Transparent genau über die Karte!«
Wie schon am Morgen nahm er den Belchen als Ausgangspunkt. Der Kreis mit dem großen ›B‹ kennzeichnete genau die Stelle des Berggipfels.
»Belchen. 1.414 Meter«, las Luise.
»Warte noch einen Moment.« Kaltenbach richtete die Folie genau über die Ecken der Karte aus und machte sie endgültig fest. Dann trat er einen Schritt zurück und betrachtete das Ganze.
»Voilà. Die Forschungen des Professor
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