Teufelskreise (German Edition)
hatten, konnte ich den Welpen bellen hören.
»Tut mir leid«, sagte ich zu Nana.
»Mach einfach ein neues.« Sie griff nach dem Brotlaib.
»Nein, Nana. Ich meine, es tut mir leid, dass ich wegen Poopsie wütend geworden bin.«
Sie guckte hoffnungsvoll. »Kann ich ihn behalten?«
»Ich denke schon. Aber er muss in die Hundeschule. Er wird ein riesiges Vieh werden.«
Sie seufzte dramatisch. »Ich bin sicher, dass er schon beinahe ausgewachsen ist.«
»Nana.« Ich legte den Pfannenwender weg. »Es handelt sich bei ihm um eine Dänische Dogge. Ausgewachsen wird er ungefähr so groß sein.« Ich zeigte es ihr noch einmal.
Ihre Augen wurden riesig. »Übertreibst du auch nicht?«
»Nein.«
»So groß wie ein Wærwolf?«
Ich nickte. »Nur ein wenig schmaler und mit einem glatten Fell.«
Sie ging zu dem kleinen Küchentisch und sank auf den Stuhl, der, wie sie anscheinend beschlossen hatte, von nun an ihrer war. »Ich dachte wirklich, du hättest übertrieben.« Ihre alten Finger klammerten sich am Platzdeckchen fest. »Ich wusste wirklich nicht, dass er so groß werden wird, Seph. Ich … ich kann ihn nicht zurückbringen. Die ehemaligen Besitzer ziehen weg.«
»Ich habe ja auch nicht gefordert, dass du ihn zurückgeben sollst.« Die ehemaligen Besitzer waren bestimmt begeistert gewesen, einer alten Frau dieses zukünftige Ungetüm angedreht zu haben.
Während ich die nächsten Käsesandwichs toastete, herrschte gedankenvolle Stille, die nur vom Pingder Mikrowelle unterbrochen wurde, das die heiße Tomatensuppe ankündigte. Ich setzte mich Nana gegenüber auf die Bank, und wir begannen zu essen. Sie ging die Post durch, die ich hereingebracht hatte. »Das ist für dich. War das nicht eine Klassenkameradin?«
Ich las die Absenderadresse: Nancy Malcovich.
»Ja. Super.« Mein Mangel an Enthusiasmus ließ keinen Zweifel daran aufkommen, dass ich es sarkastisch meinte.
»Wie bitte?«
»Das bedeutet, dass ihr ein Gespräch am Telefon zu unsicher ist.« Ich legte den Umschlag aus der Hand, entschlossen, ihn nicht zu beachten, bis ich zu Abend gegessen hatte. Es war gar nicht so schwer, zu beschließen, Post, die schlechte Neuigkeiten bringt, zu ignorieren – ähnlich Rechnungen zum Beispiel, die man nicht bezahlen kann. Aber nach einiger Zeit wurde die Versuchung nachzusehen, wie schlecht die Neuigkeiten tatsächlich waren, doch zu stark.
Ich riss den Umschlag auf und zog das glatte, unauffällig marmorierte cremefarbene Papier heraus. Das Kreuz im Briefkopf überraschte mich nicht. Vor einem Jahr hatte Nancy den Weg zu Jesus gefunden und war gerettet worden.
»Liebe Persephone,
ich wende mich an dich, weil ich glaube, dass du besser als Olivia und Betsy imstande bist, mich zu verstehen. Du weißt zu schätzen, was ich tue, auch wenn du meine Ansichten nicht teilst. Ich habe mich tatsächlich verändert. Ich ziehe nicht nur eine Show ab, wie Olivia manchmal sagt. Nachdem sie mich heute anrief, habe ich begriffen, dass sich niemand sonst aus unserer Clique seit der Highschool verändert hat. Und ich glaube, daran wird sich auch nichts ändern.«
Wenigstens war ich nicht die Einzige, die so dachte.
»Irgendwie absurd. Die ganze Welt hat sich gewandelt, nur unsere kleine Mädchenclique soll die gleiche geblieben sein? Erinnerst du dich noch daran, als wir Kinder waren? Bevor sich herausstellte, dass alle Albträume wahr waren? Erinnerst du dich noch, wie es war, bevor der Horror Wirklichkeit wurde?«
Es war mir nicht klar gewesen, dass Nancy so verängstigt war. Auf einmal verstand ich ihren Wunsch nach Rettung besser.
»Manchmal möchte ich Olivia einfach packen und sie schütteln, damit sie endlich aufwacht und erkennt, wie sehr sie mir mit ihren Worten wehtut. Wie sehr mich ihr geistiger Stillstand schmerzt. Aber mittlerweile glaube ich, man müsste schon mehr tun, als sie zu schütteln, um zu ihr durchzudringen.«
Da hat sie recht, dachte ich. Zehn Jahre Hypnotherapie zum Beispiel oder eine Flasche Smirnoff. Letztere würde vielleicht schneller zum Erfolg führen.
Ich las weiter.
»Sie hasst mich, dessen bin ich mir sicher. Für sie repräsentiere ich etwas, das sie fürchtet, also versucht sie mir wehzutun, um Macht über mich zu behalten.«
Nancy wiederum würde niemals einsehen, dass sie sich genauso verhielt, wenn es um Wærwölfe ging.
»Ich kann euch nicht darum bitten, nur die Freundschaft mit dir und Betsy aufrechtzuerhalten. Das wäre nicht fair und wohl auch so gut wie unmöglich. Ich
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