Teufelskreise (German Edition)
ihren Hals geschlungen hatte. Sie blickte zu mir hoch. »Wenn du mich brauchst«, sagte ich, »ich bin in der Küche. Denk dran, dies ist ein großes, altes Haus. Mit vielen quietschenden Dielen.« Ich lächelte kurz entschuldigend.
Beverley steckte die Nase in den Pullover und atmete tief den Duft von dem Menschen ein, der sie nie wieder trösten konnte. Von jemandem, der ihr nie hätte genommen werden dürfen.
13
Als die unerschrockenen Wærwölfe aus dem Supermarkt zurückkamen, berichtete ich ihnen von Beverley. Dann bereitete Johnny Lasagne vor, während Celia und ich die Luftmatratze aufpumpten.
Dr. Lincoln hatte sich bisher noch nicht blicken lassen und ging auch nicht an sein Telefon. Theo stöhnte trotz des Morphins, das sie eigentlich hätte ruhigstellen sollen. »Wenn sie sich doch nur wandeln könnte«, sagte Celia, »dann würden all ihre Verletzungen sofort heilen.«
Langsam fuhr sie mit ihrem Finger über Theos Arm. Ich dachte daran, dass so etwas vordergründig Einfaches wie Haut einen ganzen Körper zusammenhalten konnte. Die Persönlichkeit des Menschen, seine Seele, alles war irgendwo in diesem Körper verborgen, wurde allerdings von etwas anderem als Haut zusammengehalten.
Zu lange hatte ich nur das Äußere der Menschen um mich herum wahrgenommen. Vielleicht war ich tatsächlich oberflächlich gewesen.
Nein, das konnte nicht die Wahrheit sein. Doch seit dem College hatte ich niemandem mehr einen Blick in mein Inneres gestattet. Meine Haut war eine Wand, ein Schild, das mich schützte. Mein Herz bewahrte. Aber dieser Schutz, das begriff ich jetzt, hatte auch seinen Preis. Zeigte ich niemandem mein wahres Ich, dann würde ich auch andere Menschen nicht wirklich kennenlernen.
Ich hätte gerne geglaubt, dass ich mich geändert hatte. Ich sah jetzt den Mann in Johnny. Den Mann, der sich kümmerte und der stets allein in seinem Zwinger gewesen war.
Celia berührte meinen Arm. Sie war ein Mensch, der viel Körperkontakt brauchte. Jetzt, da sie ein Wær war, noch stärker als vorher. Ihre Hände waren angenehm warm, und die kleine Geste tat mir gut.
»Alles in Ordnung?«
Ich entspannte mich. »Ja. Wenn wir es nur schaffen, dass sie bis zum Vollmond überlebt.« Wir gingen über den Flur ins Badezimmer, um uns die Hände vor dem Abendessen zu waschen.
»Drei Wochen sind eine lange Zeit«, sagte Celia, »aber wir tun alles, was wir können. Es gibt mir Hoffnung, dass wir ihr gemeinsam helfen.« Sie atmete tief aus, als wir uns die Hände trockneten. »Ich könnte etwas zu trinken vertragen.«
»Das Bier habe ich in der Garage versteckt.«
»Versteckt?«
Ich zuckte die Achseln. »Ich wollte mir nicht Nanas Genörgel anhören.«
»Genörgel? Worüber?« Nana stand plötzlich in der Tür.
»Über die vielen Menschen im Haus«, sagte Celia schnell. »Aber wir stören Sie nicht allzu sehr, oder? Wir tun alles, um so rücksichtsvoll wie möglich zu sein.«
Nana schürzte die Lippen. »Die Geräusche, die Sie und dieser Mann gestern Nacht gemacht haben, das fällt meiner Meinung nach aber nicht unter Rücksicht.«
Celias Augen weiteten sich, während sie dunkelrot anlief.
»Nana!«
»Stimmt doch.« Sie wedelte mit der Hand. »Na, los jetzt. Ich muss auf die Toilette.«
Hastig machten Celia und ich ihr Platz. Am oberen Treppenabsatz blieben wir noch einmal stehen, um uns einen Blick zuzuwerfen, dann gingen wir lachend in die Küche. Dort vertilgte Beverley gerade Oreos, während Johnny sie bespaßte, indem er eine antike Vase auf seinem Kinn balancierte.
»Hast du dir so das süße Grübchen zugelegt?«, fragte Celia.
Johnny zuckte zusammen, fing die Vase auf und grinste, während er sich das stoppelige Kinn rieb. »Ich glaube, das habe ich schon von Geburt an.« Er stellte die Vase zurück auf das Fensterbrett. Als er sich uns wieder zuwandte, war sein Gesicht ernst. »Theo?«
»Sie stöhnt leise vor Schmerzen«, sagte Celia. »Das Morphin scheint nicht mehr so gut zu wirken.«
»Hast du den Arzt erreicht?«, fragte ich.
»Nein, er geht immer noch nicht ans Telefon. Aber das Tier hat angerufen.« Seine Miene wurde grimmig.
Das Tier mit dem richtigen Namen Jones war der Bassist von Johnnys Band und früher mit Theo zusammen gewesen. Er war es auch gewesen, der sie zum ersten Mal in meinen Zwinger gebracht hatte. Sie hatten ihre Beziehung in aller Freundschaft beendet, doch bei Vollmond teilten sie sich nach wie vor einen Käfig im Sturmkeller. Meiner Meinung nach waren sie dadurch
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