Teufelskreise (German Edition)
mehr?«
Sie schüttelte schüchtern den Kopf.
»Soll ich dir die Milch ein wenig in der Mikrowelle anwärmen?« Ich erhielt die gleiche Antwort. »Beverley.«
»Du musst nicht so tun, als wolltest du mich hierhaben.« Sie klang so erschöpft, resigniert und traurig, dass ich hätte weinen können. »Vivian hat am Anfang auch versucht nett zu mir zu sein. Ich weiß, dass du mich genauso wenig willst. Niemand will mich. Nur meine Mom … «
»Beverley!«, sagte ich mit fester Stimme, griff über den Tisch und nahm ihre Hand. »Das stimmt nicht. Ich möchte dich sehr gerne bei mir haben. Ich habe es vermisst, mit dir Filme anzusehen und Popcorn zu essen.« Tränen kullerten aus ihren Augen, ohne dass sie antwortete. »Aber ich will, dass auch du bei mir sein möchtest, und ich muss dich warnen: Hier geht es im Moment drunter und drüber.« Ich stand auf.
Dass Vivian sie einfach vor meinem Haus abgesetzt hatte, konnte man wohl als das vorsätzliche Verlassen eines Kindes in hilfloser Lage bezeichnen. Der Umstand konnte hilfreich sein, sollte es später zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kommen …
Aber was dachte ich denn da? Ich war drauf und dran, einen Vampir zu töten, und machte mir Sorgen um einen Sorgerechtsstreit? Ich rieb mir die Stirn. Ich war dabei, zu einem lebenden Paradoxon zu werden.
»Seitdem du das letzte Mal hier warst, ist meine Großmutter eingezogen. Nana wohnt jetzt in dem Zimmer, in dem du damals geschlafen hast, aber ich zeige dir einen anderen Raum, einverstanden?« Beverley brauchte Schlaf und, wenn sie aufwachte, das Gefühl, sicher und willkommen zu sein.
»Was geht denn alles drunter und drüber?« Sie hielt meine Hand fest umklammert, während ich sie die Treppe hinaufführte. »Ich bin immer gern hier gewesen. Es war immer so schön ruhig, und du hast so hübsche Bilder.«
»Nun, eine meiner Freundinnen hatte einen ziemlich schweren Unfall. Erinnerst du dich an Theo? Eine von … den Freundinnen deiner Mutter? Sie brauchte einen Ort, an dem sie bleiben konnte. Ein paar meiner Freunde wohnen im Moment hier, um mir bei ihrer Pflege zu helfen. Theo liegt in meinem Zimmer und ist an ziemlich viele Monitore und andere Geräte angeschlossen. Wir werden gleich einen Blick auf sie werfen können, aber erschreck dich nicht.«
Wie ich erwartet hatte, blieb Beverley vor der geöffneten Tür meines Zimmers stehen. »Was ist mit ihr passiert?«
»Sie hatte einen Autounfall. Du kennst doch Celia, Johnny und Erik, oder? Sie kümmern sich mit mir zusammen um Theo, bis es ihr wieder besser geht. Erik schläft ein Stockwerk höher, weil er die Spätschicht übernommen hat. Die anderen beiden sind zum Einkaufen in die Stadt gefahren, aber sie kommen später wieder.« Bei der nächsten Gelegenheit würde ich Johnny auf dem Handy anrufen und ihn bitten, ein paar kindgerechte Nahrungsmittel mitzubringen: Frühstücksflocken mit Figuren zum Ausmalen auf der Packung drauf beispielsweise.
»Kümmerst du dich immer um alle?«
Die Hoffnung in ihrer Stimme rührte mich so sehr, dass ich sie am liebsten umarmt und ihr gesagt hätte, dass alles gut werden würde. Aber Nana hatte früher dasselbe zu mir gesagt, und nichts war gut geworden. »Ich tue mein Bestes.«
Ich führte Beverley den Flur entlang zum dritten Schlafzimmer, in dem ein paar Kartons mit meinen Habseligkeiten gestapelt waren und ein Wäschekorb herumstand. Auf dem Boden vor einer Wand lag eine breite Luftmatratze. »Hier werde ich schlafen, da Theo in meinem Zimmer liegt. Macht es dir etwas aus, das Zimmer fürs Erste mit mir zu teilen?«
»Hast du wirklich nichts dagegen, dass ich bei dir bleibe?«
»Natürlich nicht. Aber wie gesagt, auch du musst es wollen. Jetzt organisieren wir dir erst mal eine zweite Matratze, die wir dann neben meine legen.« Ich lächelte. »Die Lösung ist zwar nicht gerade luxuriös, aber sie ist ja nicht für immer.«
»Mir gefällt sie.« Beverley spähte aus dem Fenster.
»Gut. Dann hole ich jetzt den Karton mit deinen Sachen.«
In der Küche wählte ich die Nummer von Johnnys Handy.
»Hallo, Red.«
»Hi. Seid ihr noch beim Einkaufen?«
»Wir stehen gerade an der Kasse.«
»Wer ist Red?«, hörte ich Celia fragen.
»Persephone«, flüsterte er.
»Aber ihr Haar ist doch gar nicht rot«, wunderte sich Celia laut.
»Spart euch das für später auf. Was ich zu sagen habe, ist wichtiger. Tut mir leid, dass ich euch weitere Umstände machen muss.«
»Deine Umstände sind mir doch die
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