Teufelsmauer
Vorwahl, alles da.«
Morgenstern nahm kurz entschlossen das Handy, wählte Breitenhillers Mobilnummer und stellte auf laut.
Es läutete nur dreimal, dann nahm der Monsignore ab.
»Hast du das Buch, Gaetano? Ist die Sache erledigt?«, fragte er ohne BegrüÃung.
Morgenstern wartete noch einen Moment, dann meldete er sich mit einem Räuspern. »Falsch, Herr Breitenhiller. Hier sind Morgenstern und Hecht von der Kripo Ingolstadt.«
Auf der anderen Seite der Leitung herrschte ungläubige Stille. Dann erst folgte ein Stammeln: »Aber ⦠aber ⦠das ist ja eine Ãberraschung. Da habe ich wohl was verwechselt.«
»Sie meinen, die Handynummer? Nein, wir haben hier das Telefonino eines gewissen Gaetano Formazzi. Sie kennen ihn anscheinend gut.«
»Nun ja, äh, nein«, druckste der Monsignore herum.
»So gut, dass Sie ihn mit schwierigsten Aufträgen betrauen, Herr Breitenhiller. Zum Beispiel, ein gewisses Buch zu besorgen, ein Buch, in dem Dinge stehen, die für Sie sehr gefährlich werden könnten.«
»Ich denke, das sollten wir nicht am Telefon besprechen«, sagte der Monsignore nach kurzem Zögern. »Wie kommen Sie eigentlich an das Handy dieses Herrn ⦠Formazzi?«
»Wir haben es ihm abgenommen. Er ist tot«, sagte Morgenstern trocken. »Und jetzt halten Sie sich bitte für uns bereit. Wir kommen nach Hirnstetten.« Er konnte es sich nicht verkneifen: »Und fahren Sie bitte nicht gleich wieder zu irgendeinem Amtskollegen, ob in Bamberg oder München.«
Der nächste Anruf galt der Beilngrieser Polizeiinspektion, die die kürzere Strecke nach Hirnstetten hatte. Morgenstern beorderte einen Streifenwagen zum Monsignore. Die Kollegen versprachen, sich umgehend auf den Weg zu machen. Hecht und Morgenstern fuhren im Landrover von Möckenlohe nach Hirnstetten.
In zügigem Tempo ging es über Adelschlag nach Pietenfeld, von dort über ein schmales, für den Durchgangsverkehr gesperrtes SträÃchen nach Pfünz. Friedlich standen die rekonstruierten Mauern des Römerkastells mit ihren Zinnen im milden Licht der Nachmittagssonne. Doch die Kommissare hatten kein Auge dafür, obwohl die StraÃe direkt daran vorbeiführte, ehe sie steil ins Altmühltal abfiel. Ein paar Touristen, die gerade ihre Fahrräder den Kastellberg hinaufschoben, schauten dem röhrenden, deutlich zu schnellen Geländewagen empört nach.
Gut zehn Minuten später war Hirnstetten erreicht. Als sie am Breitenhiller-Hof vorfuhren, standen dort bereits zwei Streifenwagen. Die Bäuerin sprach mit den vier Beamten aus Beilngries.
»Wo ist Ihr Schwager?«, war Morgensterns erste Frage, als er aus dem Landrover gesprungen war.
»Das habe ich Ihren Kollegen gerade schon erklärt. Er ist vor einer Viertelstunde weggegangen«, sagte Rosemarie Breitenhiller. »Er hat mir gesagt, er geht spazieren.«
»Wohin ist er denn gegangen?«
»Bestimmt rüber zum Limes. Zu den alten Apfelbäumen. Das ist sein Lieblingsplatz.«
»Steigen Sie bitte ein, Frau Breitenhiller. Lotsen Sie uns da hin.«
Rosemarie Breitenhiller kehrte kurz ins Haus zurück, um sich eine Strickweste und ihre Handtasche zu holen. Gehorsam stieg sie in den Landrover, Hecht quetschte sich auf die Rückbank, und dann dirigierte sie Morgenstern und die beiden nachfolgenden Streifenwagen zu einer Streuobstwiese nördlich des Dorfes.
»Wir kommen zu spät«, stöhnte Morgenstern und deutete auf einen knorrigen alten, vom stetigen rauen Jurawind nach Osten gedrückten Apfelbaum, der der alten Römergrenze am nächsten stand. An einem seiner Ãste hing, den Kopf in der Schlinge eines Kälberstricks, Monsignore Dr. Johann Breitenhiller.
Hecht sprang aus dem Wagen, stürmte auf den baumelnden Körper zu und hob ihn nach oben. Wenige Sekunden später schnitt Morgenstern mit seinem Legionärsdolch den fransigen Strick durch. Gemeinsam betteten sie den Monsignore auf die Wiese. Hecht tastete nach dem Puls, legte den Kopf auf Breitenhillers Brust. Kopfschüttelnd erhob er sich. Die Bäuerin stellte sich neben ihn, den Blick starr ins Nirgendwo gerichtet, die Handtasche mit beiden Händen umklammert.
»Was wollten Sie denn von ihm?«, fragte sie mit einem Mal, ohne einen der Beamten anzusehen.
Morgenstern schwieg lange. »Wir wollten ihm ein paar Fragen stellen. Im Zusammenhang mit einem jungen
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